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5.3.1 Einleitung

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Multimorbidität (lat. Mehrfacherkrankung) bezeichnet einen Zustand, bei dem in einer Person gleichzeitig mehrere chronische oder akute Erkrankungen oder medizinische Konditionen vorliegen (Nicholson et al. 2018, van den Akker et al. 1996). Hinter dieser Begriffsdefinition steht ein Konzept, das weder Kausalzusammenhänge zwischen den Erkrankungen fordert noch einer der bestehenden Erkrankungen eine größere Bedeutung gegenüber den anderen gibt. Im Unterschied dazu wird bspw. im Konzept der Komorbidität einer bestimmten Erkrankung – der sog. Indexerkrankung – eine führende Rolle zugewiesen. Dieser sind andere (hinzutretende) Erkrankungen oder Beschwerden als Komorbidität – hierarchisch betrachtet – untergeordnet ( Abb. 5.3.1 a, b) (Feinstein 1970).

Beide Konzepte haben ihre Berechtigung und wirken sich in ihrer Umsetzung ganz unterschiedlich aus, wie am hypothetischen Fallbeispiel von Frau M mit Herzinsuffizienz, Depression und weiteren Erkrankungen ( Fallbeispiel) illustriert werden soll: ein hinzugezogener Kardiologe wird sich auf die Diagnostik und Therapie der Herzinsuffizienz konzentrieren, während ein Psychiater die Depression im Vordergrund sieht ( Abb. 5.3.1 c, d). Generalisten, wie Allgemeinmediziner/Hausärzte und Altersmediziner versorgen jedoch alle Erkrankungen von Frau M. Da Frau M komplexe biopsychosoziale Probleme aufweist, die sich zudem über die Zeit verändern (z. B. mit der Schwere der einzelnen Erkrankungen, durch das Neuauftreten von Erkrankungen oder durch Ereignisse, wie den Tod des Ehemanns), ist eine Fokussierung auf einzelne ihrer Erkrankungen unter bestimmten Bedingungen zwar wichtig – z. B. bei einer (lebensgefährlichen) Dekompensation der Herzinsuffizienz –, für die langfristige medizinische Versorgung jedoch nicht ausreichend. In der Allgemeinmedizin und der Altersmedizin hat sich daher das Konzept der Multimorbidität durchgesetzt ( Kap. 3.1 und Kap. 25). Darin werden alle gesundheitlichen Probleme gleichermaßen berücksichtigt und es können, angepasst an die Situation des Patienten, bestimmte Schwerpunkte gesetzt werden ( Abb. 5.3.1 e).

In Verbindung mit dem Konzept der Multimorbidität existieren weitere Konzepte, die auf die speziellen Probleme und Herausforderungen beim Vorliegen multipler Erkrankungen eingehen, wie z. B. das frailty-Konzept ( Kap. 5.2), das morbidity burden-Konzept, in dem nicht nur das Vorliegen multipler Erkrankungen, sondern auch deren Schweregrad und die daraus entstehenden gesundheitlichen Belastungen für ein Individuum berücksichtigt werden, oder das Konzept der patient complexity, das darüber hinaus auch nicht gesundheitsbezogene Aspekte, wie z. B. sozioökonomische und kulturelle Dimensionen, Einstellungen des Patienten sowie Arbeits- und Umweltfaktoren einbezieht (Valderas et al. 2009). Ein anderes themenverwandtes Problemfeld – das der Polypharmazie bzw. Multimedikation – wird in Kapitel 11 dargestellt.


Abb. 5.3.1 a–e: (a) Multimorbidität, (b) Komorbidität, (c) Frau M aus kardiologischer Perspektive, (d) Frau M aus neurologisch-psychiatrischer Perspektive, (e) Frau M aus hausärztlicher/generalistischer Perspektive mit Priorisierung unter Berücksichtigung der Präferenzen von Frau M. (HI: Herzinsuffizienz, D.m.: Diabetes mellitus, Dep: Depression, OA: Osteoarthrose, Ost: Osteoporose, Hyp: Hypertonie).

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