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Choreographie

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Ch., abgeleitet aus dem gr. choros, für ‚Tanz(-platz)‘ (↗ Platz) oder ‚Reigen‘ und gr. graphein, für ‚schreiben‘, wird ab dem späten 17. Jh. – insbesondere mit der ersten systematischen Tanznotation (↗ Notation) Chorégraphie von 1700 des französischen Ballettmeisters Raoul-Auger Feuillet (1653–1710) – als ‚Tanzschritt‘ (↗ Text) übersetzt und oft auch ‚Choreologie‘ genannt. Seit Beginn des 20.Jh.s wird Ch. jedoch zunehmend als Kreation und Produktion von Tanzstücken verstanden. Diese Spannung zwischen Ch. als Notationssystem und Ch. als Entwurf und ↗ Prozess der Organisation von Körpern in ↗ Zeit und ↗ Raum, reflektiert sich verändernde Körperkonzepte (↗ Leib) sowie Vorstellungen von Zeitlichkeit und Räumlichkeit. Als System der Übertragung von ↗ Bewegungen, deren Flüchtigkeit sich der fixierenden (↗ Fixierung) Still-Stellung (↗ Ruhe) entzieht, ist Ch. als Notation an die Bildlichkeit (↗ Bild) der ↗ Schrift gebunden; die ↗ Performanz der choreographischen Aufführung aber ist im Kontext von ↗ Fest und Ritual zu verorten. Während sich das Ballett in der Entwicklung am Hofe Ludwigs XIV. nach strengen raumhierarchischen Prinzipien ausrichtetet und auch der Bühnentanz des 19. Jh.s auf ein Raumverständnis zielt, welches sich an der Vermessbarkeit des Raums und einem vertikalen (↗ Höhe) Elevationsprinzip (↗ Schacht) orientiert, werden diese Prinzipien im 20. Jh. abgelöst durch eine Enthierarchisierung jener Körper- und Raumverhältnisse: Exemplarisch für eine Beschäftigung mit den räumlichen ↗ Relationen der Ch. gilt Rudolf von Laban (1879–1958), der in seiner Schrift Choreographie von 1926 das Verhältnis von Kinesphäre (↗ Kinästhesie) als Umraum (↗ Umwelt) des Tänzers einerseits und Dynamosphäre als dessen Bewegungsraum andererseits analysiert. Merce Cunninghams zufallsbasierte Ch., wie z.B. in Suite by Chance von 1953, irritieren die Fluchtpunktperspektive (↗ Perspektive) des Zuschauers. In den 1960er Jahren wird mit der Umgestaltung oder dem Aufsuchen alternativer Aufführungsorte (↗ Projektraum) – wie etwa in Trisha Browns Roof Piece von 1973 auf den Dächern New Yorks oder Yvonne Rainers Anordnungen wie Continous Project – Altered Daily von 1969 – der Postmoderne Tanz (↗ postmoderner Raum) immer mehr in Richtung der Performance entgrenzt. Damit werden Akzentverschiebungen vorgenommen, die Ch. jenseits des künstlerischen Bühnentanzes (↗ Schauplatz) in der Entgrenzung von ↗ Kunst und Alltag definieren und die es ermöglichen, die komplexen Aktionen (↗ Handlung) und Interaktionen auch als Gestaltung und Organisation des öffentlichen Raums (↗ Öffentlichkeit) zu verstehen. So fordern zeitgenössische Choreographen wie das Performancekollektiv Ligna mit dem Radioballett von 2002 die Partizipation des Zuschauers (↗ Blick) heraus, befragen wie Xavier LeRoy mit Project von 2003 die Grenzen des Tanzes oder arbeiten wie William Forsythe in Heterotopia von 2006 mit den Mitteln regelbasierter Improvisation an der Komplexitätssteigerung raumzeitlicher (↗ Raumzeit) Gefüge.

Literatur: Brandstetter 1995; Hutchinson-Guest 1995; Jeschke 1983; Schoenfeldt 1997.

Brandstetter, Gabriele (1995): Tanzlektüren, Frankfurt a. M.

Hutchinson-Guest, Ann (1995): Choreographies, Bloomington.

Jeschke, Claudia (1983): Tanzschrifien, Bad Reichenhall.

Schoenfeldt, Stefanie (1997): Choreographie, Frankfurt a. M.

Kirsten Maar

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