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Deduktion

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Unter der D. des Raums wird dessen Ableitung aus transzendentalen Prinzipien (↗ Bedingtheit) verstanden. Bei der D. im engeren Sinne wird der ↗ Raum als Erkenntnisgegenstand thematisiert, der im hierarchischen Gesamtsystem der thetischen, synthetischen und disjunktiven Leistungen des Geistes (↗ Logos) strukturell einzuordnen ist. Die ↗ Metrik des euklidischen (↗ Euklidik) Anschauungsraums (↗ Wahrnehmung) ist ein Ordnungssystem (↗ Ordnung) von Abstandsmaßen (↗ Proxemik). Darin werden alle möglichen Freiheitsgrade der Positionierung erst durch die Messung in drei unterscheidbaren und voneinander unabhängigen ↗ Orientierungen erschöpfend abgebildet. Hierbei ist die maximale Unabhängigkeit bei Orthogonalität (↗ Winkel) gegeben. Immanuel Kant (1724–1804) sucht unter dem Paradigmenwechsel (↗ Paradigma) der ‚Kopernikanischen ↗ Wende‘ nach den Gründen des Realitätsbezuges menschlicher Erkenntnisakte (↗ Intentionalität): Zum Inventarium des konstitutiven Apriori gehören der Kritik der reinen Vernunft von 1781 zufolge u.a. die beiden ↗ Formen der ↗ Anschauung: Raum und ↗ Zeit. Die Totalität des Raums ist nach Kant gegeben durch die Leistung der reinen Synthesis der Apprehension. Dieser Bestimmbarkeit hat theorieimmanent die Weiterbestimmung einer möglichen durchgängigen, ganzheitlichen Verfasstheit des Raums als mehrdimensionale (↗ Dimensionen) Abstandsmannigfaltigkeit (↗ Mannigfaltigkeit) zu folgen. Hierfür müssen mindestens vier Desiderata erfüllt sein: Erstens der Erweis einer wesensnotwendigen Orientiertheit des Raums; zweitens der Erweis einer Pluralität solcher Orientierungen, drittens der Erweis der genauen Anzahl der Orientierungen; viertens der Erweis ihrer qualitativen Besonderheiten. Solche transzendentallogisch schlüssigen Folged. en der Dimensionalität werden von Kant nicht geleistet. In Verbindung mit weiteren Problemen führt dies zu neuen D.sansätzen. Diese konstituieren sich, vielfältig changierend, aus der ↗ Dialektik von Setzungsund Entgegensetzungsstrukturen bei Johann G. Fichte (1762–1814), Subjekt-Objekt-Bezügen bei Friedrich W. J.Schelling (1775–1854) oder Affirmations- und Negationsdynamik bei Georg W.F.Hegel (1770–1831). Der Physiologe Elias Cyon (1842–1912) beweist durch experimentelle Untersuchungen des Vestibularorganes die physisch-somatische Grundlage (↗ Nullpunkt) der dreidimensionalen Raumwahrnehmung: Die physiologische Erforschung des ↗ Richtungs- und ↗ Bewegungssinnes im Innenohr erklärt nach Cyon (1908) transversale (rechts-links), vertikale (oben-unten) und saggitale (vorn-hinten) Orientierungscharaktere der lebensweltlichen Verraumung (↗ Räume). Einen anderen Weg der D. schlägt Jean-François Lyotard (1924–1998) ein, der die Räumlichkeit des menschlichen ↗ Leibes über das Volumen von Körper in Berührung (↗ Begegnung) oder Penetration (↗ Geschlecht) ableitet (Lyotard 2007, 30–35).

Literatur: Becker 1973; Csech 1999, 196–266, u. 2010, 19–41; Gosztonyi 1976, 465–542; Jammer 1960, 138–220.

Becker, Oskar (1973): Beiträge zu phänomenologischen Begründung der Geometrie, Tübingen [1923].

Čapek, Miliè [Hg.] (1967): The Concepts of Space and Time, Dordrecht/Boston.

Csech, Werner (1999): Die Raumlehre Johann Gottlieb Fichtes, Frankfurt a. M. u.a.

Ders. (2010): Logik, Mathematik und Raum bei Rudolf Steiner, Bodenkirchen.

Cyon, Elias (1908): Das Ohrenlabyrinth als Organ der mathematischen Sinne für Raum und Zeit, Berlin.

Gosztonyi, Alexander (1976): Der Raum, Freiburg i. Br./München.

Jammer, Max (1960): Das Problem des Raumes, Darmstadt [amerik. 1954].

Lyotard, Jean-François (2007): Libidinöse Ökonomie, Zürich/Berlin [frz. 1974]

Werner Csech

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