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Denkraum

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Der Begriff des D.s wird vom Kunst- und Kulturwissenschaftler Aby Warburg (1866–1929) eingeführt und bezeichnet einen ↗ Raum der „Besonnenheit“ (Warburg 2010a, 485), der durch die ↗ Distanz zwischen Subjekt und Objekt bzw. zwischen ↗ Mensch und ↗ Natur entsteht. Diese Distanz ermögliche diesem ein symbolisches und sprachliches Begreifen von Objekten, d.h. einen D. Warburg betrachtet diesen Zusammenhang in seinen Mnemosyne-Aufzeichnungen in anthropologisch-kulturhistorischer Perspektive und deutet Schrift- und Bilddokumente als affektgeschichtliche (↗ Affekt) und kulturgeschichtliche (↗ Kultur) Erzeugnisse (↗ Produktion) von Sprach- (↗ Sprache) und Denkbildern (↗ Logos) im ↗ Prozess des ↗ Kampfes um einen D. (Warburg 2010b, 646). Das Kunstwerk (↗ Kunst), als „Erzeugnis des wiederholten Versuches abseitens des Subjekts, [das] zwischen sich und das Objekt eine Entfernung (↗ Ferne) zu legen versucht“ (Warburg 2010, 618), stellt dabei für Warburg den Ausgangspunkt ikonologischer Untersuchungen über das Weiterleben magischer Elemente der Antike innerhalb des kulturellen Bildgedächtnisses (↗ Gedächtnis) der Renaissance dar. In Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten von 1920 bestimmt Warburg die Polarität zwischen wissenschaftlichem (↗ Wissen) und magischem (↗ magischer Raum) Denken als Polarität zwischen „↗ Logik, die den D. zwischen Mensch und Objekt – durch begrifflich sondernde Bezeichnung schafft und Magie, die eben diesen D. durch abergläubisch zusammenziehende – ideelle oder praktische – Verknüpfung von Mensch und Objekt wieder zerstört“ (Warburg 2010a, 427). Innerhalb der menschheitsgeschichtlichen ↗ Entwicklung des Bildgedächtnisses sieht Warburg eine Lösung des Gedächtnisbildes von einer affektuellen Reflexbewegung, wodurch es zu einer stufenweisen Entwicklung der Überwindung des phobisch-affektuellen Zusammendenkens des Menschen und der ihn umgebenden Natur kommen kann.

Literatur: Brosius 1997; Panofsky 1978; Villhauer 2002.

Brosius, Christiane (1997): Kunst als Denkraum, Pfaffenweiler.

Gombrich, Ernst H. (2006): Aby Warburg, Berlin [engl. 1970].

Panofsky, Erwin (1978): Sinn und Deutung in der Bildenden Kunst, Köln [amerik. 1955].

Villhauer, Bernd (2002): Aby Warburgs Theorie der Kultur, Berlin/München.

Warburg, Aby (2010): Symbolismus als Umfangsbestimmung, in: ders.: Werke in einem Band, Berlin, 615–628 [2009].

Ders. (2010a): Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten, in: ebd., 424–491 [1920].

Ders. (2010b): Mnemosyne, in: ebd., 629–646 [1993].

Jochen Laub

Lexikon Raumphilosophie

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