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Deixis

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Vor allem in seiner Schrift Peri antonymias, aber auch in seinem Hauptwerk Peri syntaxeos, entwickelt der alexandrinische Grammatiker Apollonios Dyskolos (2005) im 2. Jh. das sprachtheoretische Oppositionspaar von D. als Zeigen (gr. deixis) und Zurückführen (gr. anaphora). Die Unterscheidung zwischen beiden ist am einfachsten zu veranschaulichen, wenn bedacht wird, dass unter den Personalpronomina Singular diejenigen der ersten und zweiten Person ganz anders funktionieren als diejenigen der dritten Person, die eigentlich eine ‚Nichtperson‘ (Benveniste 1974) ist: Während der Referent des deiktischen ‚ich‘ oder ‚du‘ sich nur aus dem situativen (↗ Situation) Kontext der Äußerung (↗ Ausdruck) erschließt, auf den es gleichsam ‚zeigt‘, referieren ‚er‘, ‚sie‘ und ‚es‘ anaphorisch durch den Rückbezug auf eine(n) im syntaktischen (↗ Syntax) Kotext – als Kontext im engeren Sinne – der Äußerung bereits genannte(n) Person oder Gegenstand. Da Überlegungen dieser Art weder in das Raster der Schulgrammatik passen noch dem Interesse spekulativer Grammatiker entgegenkommen, wird die D. nicht kontinuierlich tradiert. Wiederentdeckt wird sie erst in der Linguistik des 20. Jh.s, hier v.a. durch Karl Bühler (1879–1963), der seine Quelle, die er freilich nur aus zweiter Hand – aus Heymann Steinthals Geschichte der Sprachwissenschaft bei den Griechen und Römern von 1863 – zu kennen scheint, mehrfach ausweist. Bühler entwickelt daraus in seiner Sprachtheorie von 1934 eine allgemeine Beschreibung des ‚Zeigfeldes‘ (↗ Feld), in dem sich Äußerungen außer durch die ‚Individualmarke‘ (eben mit Pronomina der 1. und 2. Person) auch durch eine „↗ Orts-“ und eine „Zeitmarke“ (Bühler 1999, 107) situieren; mit ‚ich‘, ‚hier‘ (↗ Origo) und ‚jetzt‘, in ↗ Relation zu welchen dann auch ‚du‘, ‚dort‘ und ‚dann‘ zu verorten sind. Bühlers Kategorie der ‚D. am Phantasma‘ erlaubt, mit dieser Matrix auch vorgestellte oder fiktional konstruierte ↗ Räume zu beschreiben. Eher irreführend ist hingegen die nicht von Bühler selbst eingeführte Unterscheidung von Anapher und Anadeixis, mit der ein Unterschied zwischen zwei Formen des kotextuellen Rückbezuges (durch Personalpronomina bzw. durch andere Mittel, etwa Demonstrativpronomina) bezeichnet werden soll, der in vielen Sprachen gar nicht existiert.

Literatur: Sennholz 1985.

Apollonios Dyskolos (2005): Über das Pronomen, München/Leipzig.

Bühler, Karl (31999): Sprachtheorie, Stuttgart [1934].

Benveniste, Émile (1974): Die Natur der Pronomen, in: ders.: Probleme der allgemeinen Sprachwissenschaft, München, 279–286 [1956].

Sennholz, Klaus (1985): Grundzüge der Deixis, Bochum.

Robert Stockhammer

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