Читать книгу Emotionen im Unterricht - Группа авторов - Страница 27

2.2.4 Wie werden Emotionen in der Lehr-Lernforschung untersucht?

Оглавление

Ein umfassender Überblick über Methoden, die in der schulischen Emotionsforschung eingesetzt werden, findet sich bei Zembylas und Schutz (2016). Am häufigsten werden Emotionen über Selbstberichte – insbesondere durch den Einsatz von Fragebögen und Interviews – erhoben. Lehrende und Lernende berichten entweder schriftlich oder mündlich über ihr Emotionserleben, denn die affektive und die kognitive Komponente der Emotion sind ausschließlich über Selbstberichte (Introspektion) zugänglich. Dieser Zugang birgt den Vorteil, dass mehrere Komponenten der Emotion simultan erfasst werden können, z. B. indem man die Schüler*innen neben affektiven und kognitiven Merkmalen zu ihren körperlichen Erfahrungen beim Angsterleben befragt. Allerdings weisen Selbstberichte auch Schwächen auf, z. B. die Wahrscheinlichkeit, dass sozial erwünschte Antworten gegeben werden. Des Weiteren können nicht bewusste Prozesse (z. B. automatisierte Bewertungsprozesse) nicht verbalisiert werden (siehe z. B. Pekrun, 2016).

Day und Harris (2016) empfehlen qualitative Forschungsansätze (z. B. Interviews), um Emotionen vertieft und unter Berücksichtigung der Komplexität des Kontexts zu erfassen. Qualitative Forschungszugänge bergen jedoch den Nachteil der mangelnden Generalisierbarkeit der Befunde. Daher werden in der Lehr-Lernforschung häufig Fragebögen im Zuge von quantitativen querschnittlichen und längsschnittlichen Designs verwendet. Schüler*innen und auch Lehrpersonen werden darum gebeten, ihre Emotionen im Allgemeinen – also auf Trait-Ebene (z. B. in einem gewissen Schulfach) – einzuschätzen. Im deutschsprachigen Raum wird zur Erfassung von Schüler*innenemotionen vielfach der Achievement Emotions Questionnaire (AEQ) eingesetzt (Pekrun et al., 2011; für den Grundschulbereich: AEQ-ES; Lichtenfeld et al., 2012). Zunehmend erhoben werden auch die sog. epistemischen Emotionen von Schüler*innen wie Überraschung, Freude und Neugier beim Lernen. Hierzu liegen mit den Epistemic Emotions Scales (EES) ein standardisiertes Messinstrument vor (Pekrun & Vogel, 2018). Für die Untersuchung von Lehrer*innenemotionen im Unterricht (Angst, Ärger, Freude) kommen vor allem die Teacher Emotions Scales (TES) (Frenzel et al., 2016) zur Anwendung. Des Weiteren kann auf eine breite Basis unterschiedlicher Fragebögen zurückgegriffen werden, wenn es um die mehrdimensionale Messung der Prüfungsangst geht (z. B. AFS Angstfragebogen für Schüler; Wieczerkowski et al., 2016). Will man allgemein die Stimmung von Personen erforschen, so wird in vielen Untersuchungen die Positive and Negative Affect Schedule (PANAS; Watson, Clark & Telegen, 1988) verwendet, die auch in einer deutschsprachigen Version vorliegt (Breyer & Blumeke, 2016).

Der Nachteil der Erfassung von Emotionen als »Traits« besteht in möglichen Verzerrungen, die durch Erinnerungsfehler auftreten. Um diesem Mangel zu begegnen, werden in der schulischen Emotionsforschung zunehmend Experience-Sampling Methoden eingesetzt (im Überblick siehe Götz, Bieg & Hall, 2016). Dabei notieren die Proband*innen ihr emotionales Erleben direkt in der jeweiligen Situation, also als »States«, was dann mit weiteren State-Merkmalen (z. B. dem Kontrollappraisal bzw. der aktuellen Unterrichtsgestaltung, siehe Bieg et al., 2017) oder auch mit Trait-Faktoren in Verbindung gebracht wird (z. B. die Überprüfung des Zusammenhangs zwischen emotionaler Erschöpfung und aktuellem Emotionserleben von Lehrkräften im Unterricht; Keller et al., 2014). Ebenso kann die intraindividuelle Variation im Emotionserleben geprüft werden (z. B. Ahmed et al., 2010). Als Nachteil bei Experience-Sampling-Methoden wird häufig der höhere Aufwand genannt; sowohl für die Proband*innen als auch hinsichtlich der technischen Umsetzung, da in diesen Studien meist mit mobilen Geräten und entsprechenden Apps gearbeitet wird. Ebenso wird die mögliche Einschränkung der Messgüte durch den Einsatz von Kurzskalen oder 1-Item-Skalen kontrovers diskutiert. Allerdings gibt es Hinweise, dass es auch mit verkürzten Messinstrumenten durchaus möglich ist, reliable und valide Daten von emotionalen Merkmalen zu generieren (Gogol et al., 2014).

Emotionen können ebenfalls durch physiologische Messungen erfasst werden oder durch die Analyse der Emotionsexpression/Mimik. Mit Hilfe entsprechender Software, z. B. Facereader, werden Veränderungen an der Mimik von Personen analysiert und spezifische Emotionen identifiziert. Vereinzelt werden auch Eye-Tracking-Methoden eingesetzt, um anhand von Blickbewegungen affektive Reaktionen beim Lernen zu erforschen (Azevedo et al., 2016).

Emotionen im Unterricht

Подняться наверх