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3. Problemaufriss

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Die 28 Mitgliedsstaaten umfassende EUEUSprecher und Zahlen zählt derzeit ca. 512 Mio. Bürgerinnen und Bürger (Eurostat 2018), drei Alphabete, 24 Amts- und 60 MinderheitensprachenMinderheitensprachen (Europäische Union 2018). Diese Sprachen als Kommunikationsmittel und Träger kultureller IdentitätIdentität werden als gleichberechtigt angesehen; eine Differenzierung nach vorgeblicher Wichtigkeit einer Sprache oder der Anzahl ihrer Sprecher wird nicht vorgenommen. Die o.g. Mitteilungen und Zielsetzungen zu Mehrsprachigkeit und Sprachenvielfalt gelten für die einzelnen Länder als Richtmaß. Die Leitlinien der EUEU als überstaatliche Organisation können freilich nationalstaatlichen Traditionen entgegenlaufen, weil jedes Mitgliedsland einen eigenen kulturellen, politischen und sozialen Hintergrund, andere Zielsetzungen und Ausgangspositionen für die Erreichung von Mehrsprachigkeit hat (↗ Art. 10, 11).

Zum Umgang mit VielsprachigkeitVielsprachigkeit in den EU-Organisationen: Vertragsgemäß müssen sämtliche EU-Verordnungen und sonstige Rechtsdokumente in alle Amtssprachen übersetzt und veröffentlicht werden. Dabei wird die Entscheidung über den jeweiligen Rechtsstatus der Regional- und MinderheitensprachenRegional- u. Minderheitensprachen (↗ Art. 117) den einzelnen EU-Ländern selbst überlassen (EEC Council Regulation 1958). Praktisch fungiert dann der ÜbersetzungsdienstÜbersetzungsdienst zumeist einzig zugunsten der politisch stärkeren Mehrheitssprachen als nationale Amtssprache (also das Kastilische [SpanischeSpanisch] als EU-Sprache, nicht aber das Baskische, obwohl auch dieses im Geltungsbereich der Spanischen Verfassung Rang einer offiziellen Regionalsprache Spaniens hat). So akzeptiert Ungarn bspw. dreizehn offizielle Minderheiten, während Frankreich seine RegionalsprachenRegionalsprachen zwar zur Kenntnis nimmt (Art. 75,1 der révision constitutionnelle du 23 juillet 2008), sie dank der Loi DeixonneLoi Deixonne (1951) als an französischen Schulen lehrbare Sprachen erlaubt und einrichtet, diesen jedoch keinen offiziellen nationalen Status zuweist (langues de Francelangues de France [façonnant] l’identité culturelle de la France, Ministère de la Culture 2018).

Die Reformen zur Verwirklichung der Ziele aus dem Barcelona-Abkommen konzentrieren sich in erster Linie auf den früh beginnenden Fremdsprachenunterricht (↗ Art. 53, 54), das Content and Language Integrated Learning (CLILContent and Language Integrated Learning (CLIL)) und dessen Aufnahme in die Lehrpläne der Sachfächer (↗ Art. 111, 112, 113), ein breiteres Fremdsprachenangebot in der Sekundarschule und die Nutzung der von der Kommission und vom Europarat entwickelten Programme zum Fremdsprachenlernen (↗ Art. 69).

In ihren offiziellen Verlautbarungen begreift die EU MehrsprachigkeitMehrsprachigkeitals Investition in die Zukunft als eine Investition in die Zukunft, indem sie die Bürger in die Lage versetze, miteinander zu kommunizieren und auf dem europäischen Markt mobil zu sein.

Allerdings werden seitens der EUEU nicht alle Sprachen gleich behandelt, zum Nachteil der MigrantensprachenMigrantensprachen. In diesem Zusammenhang bezeichnet Aydin (2016: 147) (aus Sicht von deren Interessen) die „Europasprachen“ als „ElitesprachenElitesprachen“. Neben den offiziellen Landessprachen sollen aber die Sprachen der wichtigsten internationalen Handelspartner und die kleineren europäischen Sprachen (Regional-, Minderheiten- und Einwanderersprachen) miteingeschlossen werden (Europäische Union 2002). Sowohl der grundschulische Fremdsprachenunterricht (↗ Art. 54) als auch CLIL (sowie das Erasmus-Austauschprogramm, die Initiative für Lebenslanges Lernen 2007) nützten mehrheitlich den ‚Elitesprachen‘ und entsprächen deshalb nicht der auf Förderung der sprachlichen Vielfalt und Erweiterung des Sprachenangebots ausgerichteten EU Politik.

Bereits 2002 macht die Europäische Kommission auf das in der Unterrichtspraxis de facto eingeschränkte Sprachenangebot aufmerksam und fordert deshalb, eine möglichst große Zahl an Sprachen für das Lehren und Lernen zu fördern, um eine auf EnglischEnglisch fokussierende kommunikative Einsprachigkeit zu vermeiden (↗ Art. 13, 97). Auch hier ist natürlich ein Feld für interkomprehensive Ansätze im Rahmen einer diversifizierten Mehrsprachigkeit (↗ Art. 56, 58).

Belastbare Auswertungen der Europäischen SprachenpolitikSprachenpolitikder EU hinsichtlich ihrer Wirksamkeit stellen ein Forschungsdesiderat dar (Gazzola 2006: 394).

Handbuch Mehrsprachigkeits- und Mehrkulturalitätsdidaktik

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