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5.2 Gemeinsame Probleme

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Das seit Gottfried Wilhelm Leibniz (1710) „Theodizee“ genannte Problem war für jede Art von Monotheismus von zentraler Bedeutung. Wie lässt sich das Dasein des Bösen mit der Güte des Schöpfers vereinbaren? Wie reimen sich die menschliche Freiheit und die göttliche Allmacht beziehungsweise Vorsehung zusammen? Wie kann Gott den Menschen gerecht belohnen und strafen, wenn Er selber die Handlungen im Menschen schafft? Das sind die ersten Fragen, von denen wir wissen, dank Johannes Damaskenos’ (gestorben 750) Zeugnis, dass sie die Denker unter denjenigen, die er „Sarazenen“ nennt, in Atem hielten.36 Nach Piaton hatte Plotin die Frage nach dem Ursprung des Bösen gestellt und Proklos hatte ihr mehrere kurze Traktate gewidmet.37 Unter den Christen musste Augustinus (354–430) die Manichäer, denen er sich mehrere Jahre angeschlossen hatte, gerade in diesem Punkt bekämpfen.

Die Frage nach dem Ursprung der bestehenden Weltordnung bildete ein zweites schwieriges Problem. Es hatte in der Antike verschiedene Antworten darauf gegeben. Nach den Mythen der Dichter nahmen die frühen Philosophen die Vorstellung einer Weltentstehung auf, diesmal aus einer Urmaterie. Im Timaios hatte Piaton die Herstellung der Welt durch die Tätigkeit eines göttlichen Handwerkers erzählt. Sehr schnell wurde aber diese Geschichte als ein pädagogischer Mythos zum besseren Verständnis einer im Grunde immer schon dagewesenen Struktur gedeutet und damit verharmlost. Aristoteles hatte hieb- und stichfeste Argumente zugunsten der Ewigkeit der Welt vorgebracht, so dass die These das Feld jahrhundertelang behauptete.38

Mit dem Eintritt der biblischen Schöpfungsberichte in die spätantike Gedankenwelt wurde der Streit wieder entfacht und verschärft: Die Schöpfung war mehr als eine philosophische These, sie hatte den Status eines religiösen Dogmas angenommen. Proklos schrieb eine Abhandlung über die Ewigkeit der Welt, die der Christ Johannes Philoponos widerlegte.39 Der Athener Neuplatoniker Simplikios verteidigte wiederum die Argumente des Proklos und parierte Philoponos’ Einwände in den gegen jenen gerichteten Abschnitten seines Kommentars zur Aristotelischen Physik.

Die Araber kannten den ganzen Streit sehr gut. Al-Fārābī schrieb eine kurze Abhandlung gegen Philoponos, den er als „Johannes der Grammatiker“ (Yaḥyā an-Naḥwī) kannte. Avicenna erkennt sofort die Quelle der Einwände Bīrūnīs gegen die Ewigkeit der Welt: Sein Gegner habe zu viel Johannes gelesen und ihm geglaubt.40 Averroes’ Widerlegung des Ġazāli im Tahāfut at-tahāfat (Inkohärenz der Inkohärenz) wiederholt Simplikios’ Antwort auf Philoponos mit anderen Mitteln.

Die Frage nach der Vorsehung war durch eine dem Aristoteles zugeschriebene einfache Unterscheidung beantwortet worden: Die Welt über dem Mond sei der Gegenstand der göttlichen Fürsorge. Die niedere Welt dagegen sei zwar nicht ganz dem Zufall überlassen, wie Epikur es glaubte, aber nur indirekt von der Vorsehung regiert.41 Diese Lösung konnte die Monotheisten unmöglich befriedigen. Bibel und Koran setzen die direkte Sorge des dem Geschöpf unmittelbar nahen Gottes für ein jedes Individuum voraus.

Islamische Philosophie im Mittelalter

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