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Nach 1945

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An den Wiederaufbau der jüdischen Gemeinden in Österreich dachte anfangs kaum jemand. Von jenen, die überlebten, kehrten nur wenige zurück. Zuerst waren es die Überlebenden der Konzentrationslager. Doch auch von ihnen kehrten viele Österreich den Rücken, da sie im Land der Mörder nicht leben konnten. Lediglich die im Exil weilenden Kommunisten riefen dazu auf, nach Österreich zurückzukehren. Die Sozialdemokratie schien dagegen weitaus weniger um ihre ehemaligen jüdischen Funktionäre bemüht. Abgesehen von Einzelfällen und Ausnahmen, wie dem Wiener Stadtrat Viktor Matejka, kümmerten sich österreichische Politiker nicht um die Rückkehr der jüdischen Vertriebenen.

In den ersten Nachkriegsjahren war die US-Zone Österreichs mit etlichen Lagern eine wichtige Zwischenstation für mehr als 200.000 jüdische Displaced Persons (DPs), Überlebende aus den Lagern und Verstecken. Die „Bricha“, eine 1944 von Partisanen aus dem Warschauer Ghetto gegründete Rettungsorganisation, die die Flucht von Juden nach Palästina organisierte, setzte alles daran, sie illegal dorthin zu schleusen, um sie für den Aufbau des Landes zu gewinnen. Jene, die in Österreich blieben – Schätzungen vermuten 5000 Personen –, stellten eine zweite wichtige Gruppe für den Wiederaufbau des jüdischen Gemeindelebens dar. Die Spannungen zwischen den vor dem Zweiten Weltkrieg in Österreich Lebenden und den später Zugewanderten wurden nie ganz überwunden. Öffentlich eskalierte dieser Konflikt 1975 vor allem zwischen Simon Wiesenthal und dem sozialdemokratischen Bundeskanzler jüdischer Herkunft Bruno Kreisky, der in den zwanziger Jahren aus der Kultusgemeinde ausgetreten war. Wiesenthal kritisierte die Koalitionsbereitschaft Kreiskys mit der FPÖ, dessen Obmann Peter der Waffen-SS angehört hatte, und die Tatsache, daß im Kabinett Kreisky vier ehemalige Nationalsozialisten Ministerposten einnahmen.

Ein österreichisches Spezifikum war der anfängliche Einfluß der Kommunisten auf die reorganisierte Israelitische Kultusgemeinde in Wien, deren Oberhaupt sie bis 1948 stellten. Danach folgten bis zum Jahr 1981 Sozialdemokraten an der Spitze der Kultusgemeinde. Die vormals bedeutende Fraktion der liberalen „Union österreichischer Juden“ war mit ihrem Programm der Anpassung und des Patriotismus nach der Schoa keine Option mehr.

Österreich gelang es bis in die neunziger Jahre, die Moskauer Deklaration der Alliierten vom 30. Oktober 1943 über die Wiederherstellung eines freien und unabhängigen Österreichs einseitig zu seinen Gunsten auszulegen und sich international als erstes Opfer von Hitler-Deutschland darzustellen. Mit dieser politischen Lebenslüge entledigte sich die Zweite Republik der Verantwortung. Anders als Deutschland, dessen Demokratiefähigkeit auch an seiner Einstellung gegenüber jüdischen Überlebenden und dem Staat Israel gemessen wurde, spielte dies im Falle Österreichs kaum eine Rolle. Der Kalte Krieg und die Integration ehemaliger Nationalsozialisten Ende der vierziger Jahre überdeckten bald die selbstkritische Aufarbeitung der Vergangenheit. Nach dem Abzug der Alliierten 1955 bewies die Republik ihre Demokratiefähigkeit und die Integration in die westliche Welt viel eher mit Antikommunismus und der Aufnahme von Flüchtlingen aus den kommunistisch regierten Ländern. Damit erklärt sich auch, daß in Österreich antisemitische Haltungen weniger tabuisiert waren als in der BRD.

Die Zahl der jüdischen Bevölkerung in Österreich blieb gering, und wie zuvor lebte die überwiegende Mehrheit in Wien. In vielen ehemaligen jüdischen Provinzgemeinden gelang es nicht mehr, ein jüdisches Gemeindeleben wiederzubeleben. Ein Beispiel ist die niederösterreichische Hauptstadt St. Pölten, in der zwar die ehemalige Synagoge wieder aufgebaut wurde, aber angesichts fehlender jüdischer Mitglieder nur für säkulare Zwecke genutzt wird. Kleinere Gemeinden wie Salzburg leiden ebenfalls unter der geringen Zahl ihrer Mitglieder und setzen sich überaus heterogen zusammen – KZ-Überlebende aus Österreich, DPs, Flüchtlinge aus osteuropäischen Ländern, Neuzuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion.

Auch in der einst an die 200.000 Mitglieder zählenden jüdischen Gemeinde Wiens schwankte die Zahl nur mehr zwischen 10.000 und 15.000. Überhaupt blieb die Jüdische Gemeinde unauffällig und politisch sehr zurückhaltend. Erst der Präsidentschaftswahlkampf 1986 und der Skandal um den erfolgreichen Bewerber Dr. Kurt Waldheim verunsicherte viele und zerstörte manche Illusionen.

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