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Nach 1945
ОглавлениеVon den schätzungsweise 14.000 bis 18.000 Juden, die sich unmittelbar nach Kriegsende noch in der ganzen Republik aufhielten, emigrierten bald über zwei Drittel nach Westeuropa, Palästina bzw. Israel, in die USA und nach Australien.
Nach der kommunistischen Machtübernahme vom Februar 1948 wurde eine Reihe hoher KP-Funktionäre jüdischer Herkunft mit Rudolf Slánsky, dem Generalsekretär der Partei, an der Spitze vor Gericht gestellt. Im Hauptprozeß gegen die angeblichen „zionistischen“ Verräter wurden elf Angeklagte zum Tode verurteilt und hingerichtet, drei weitere zu lebenslanger Haft verurteilt. Mit den Schauprozessen ging eine antisemitische Welle einher, die neben Justizrepressionen berufliche und soziale Benachteiligungen zur Folge hatte.
Mitte der achtziger Jahre bestanden in der Tschechoslowakei noch fünf jüdische Gemeinden. Die aktivste dieser Gemeinden befindet sich in Prag. Hier gab und gibt es zwei Synagogen, in denen Gottesdienste neuerdings wieder von einem Rabbiner abgehalten werden. Das Prager Jüdische Museum, das auch Forschungsarbeit zum böhmischen Judentum leistet, hatte zu diesem Zeitpunkt größtenteils nichtjüdische Mitarbeiter. Zu den jüdische Fragen betreffenden Publikationen gehören neben der wissenschaftlichen Zeitschrift Ju daica Bohemiae auch die vom Rat der jüdischen Gemeinden veröffentlichten Nachrichtenblätter sowie ein literarisches Jahrbuch.
Erst die Wende von 1989 machte die erheblich geschrumpfte Judenschaft Böhmens und Mährens zu einer gleichberechtigten Gemeinschaft im Staat. Die neue demokratische Führung bemühte sich nun erstmals um Maßnahmen zur Entschädigung der Überlebenden der Schoa und richtete entsprechende Institutionen und Fonds ein. Gleichzeitig entstand in den neunziger Jahren ein neues Interesse an jüdischer Geschichte und Kultur, das sich in zahlreichen Forschungsaktivitäten und Veröffentlichungen äußert. Dies kann freilich kaum darüber hinwegtäuschen, daß es nur noch sehr wenige Überlebende der Schoa gibt, die aus erster Hand über ihre Lebensgeschichte und das Grauen der Verfolgungen berichten können.
1 Vgl. auch den Beitrag zu Ungarn in diesem Band S. 158.
2 Angaben nach: Lipscher 1983, S. 274.
3 Angaben nach: Lipscher 1983, S. 277.
4 Wlaschek 1997, S. 101.
5 Angaben nach: Wlaschek 1997, S. 116.