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Ungarn Von der Römerzeit bis zum Aussterben der Árpád-Dynastie (3. Jh. u.Z.–1301)
ОглавлениеDie ersten Beweise dafür, daß in der Provinz Pannonia Juden lebten, stammen aus dem 3. Jh. u.Z. Eine zu Ehren des Kaisers Severus Alexander und seiner Mutter aufgestellte Votivtafel berichtet uns von der Existenz einer jüdischen Gemeinde und einer Synagoge. In der Mitte des 5. Jhs. fegten die Wellen der Völkerwanderung die hier ansässigen Juden hinweg. Danach stammt die erste Kunde über die Anwesenheit von Juden im Karpaten-Becken aus dem 10. Jh. Die ältesten jüdischen Gemeinden auf dem Gebiet des ungarischen Staates waren die von Esztergom (11. Jh.), Buda (Ofen, 12. Jh.) und Pozsony (Preßburg, 13. Jh.). Im 14. Jh. folgten die von Sopron (Ödenburg) und Székesfehérvár (Stuhlweißenburg), im 15. Jh. die von Kismarton (Eisenstadt) und Óbuda (Alt-Ofen) und im 16. Jh. die von Pest.
Die Stellung der im Lande lebenden Juden wurde erstmals 1092 durch den „Heiligen König Ladislaus“ geregelt. Er verbot den Juden die Eheschließung mit christlichen Frauen, die Beschäftigung von christlichen Bediensteten sowie die Arbeit an Sonntagen und an christlichen Feiertagen. König Kálmán wiederholte im Jahr 1100 das Verbot der Beschäftigung christlicher Bediensteter, begrenzte das Wohnrecht der Juden auf die Bischofssitze und genehmigte ihnen den Erwerb von Grund und Boden unter der Bedingung, daß die jüdischen Besitzer ihre Felder nur durch nichtchristliche Bedienstete bestellen ließen. Später regelte der König auch die Darlehens- und Verkaufsgeschäfte zwischen Christen und Juden.
Von der Stabilität der Lage der Juden zeugt die Tatsache, daß dies für über ein Jahrhundert die letzten judenrechtlichen Bestimmungen waren, die der ungarische Staat erließ. Gesetzliche Regelungen, die sich auf Juden beziehen, finden sich erst wieder in der „Goldenen Bulle“ von 1222, die bestimmte, daß nur ungarische Adelige Gespane für Geldwechsel, Salzkammerherren und Zöllner sein durften, und den Juden diese Tätigkeiten verbot. Dieses Verbot änderte jedoch nichts daran, daß Juden weiterhin öffentliche Ämter innehatten. Die katholische Kirche übte Druck auf die ungarischen Herrscher aus, um hier eine Veränderung zu erreichen, und König Andreas II. (1205–1235) leistete dem Papst schließlich sogar einen Eid, daß er auch in Ungarn die Beschlüsse des IV. Laterankonzils von 1215, die den Juden die Ausübung öffentlicher Ämter und die Beschäftigung von christlichen Bediensteten verboten und ihnen das Tragen eines Abzeichens zur Pflicht machten, umsetzen werde.
Als jedoch Béla IV. 1235 den Thron bestieg, bat er den Papst aufgrund des schlechten Zustands seiner Schatzkammer um Erlaubnis, königliche Einnahmequellen an Juden verpachten zu dürfen. Da das von den Tataren verwüstete Land auf die Dienste der Juden angewiesen war, verlieh Béla IV. ihnen 1251 ein Privileg, das ihre Stellung detailliert regelte und sie als königliche Kammerknechte dem Fiskus zuordnete. Das Privileg garantierte den Juden persönliche Sicherheit und das Recht der freien Religionsausübung. Die Rechtsprechung über die Juden behielt sich der König durch die Institution des „Judenrichters“ selbst vor.