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bb) „Basisrationalität“ der Scorewert-Berechnung
ОглавлениеEinen Niederschlag hat der Aspekt der Qualität auch in der Regelung des § 31 Abs. 1 BDSG zur Zulässigkeit des Scoring gefunden. Zwar ist diese mitgliedstaatliche Vorschrift, weil insoweit kein Regelungsspielraum unter der DS-GVO besteht, nicht anwendbar, jedoch lassen sich deren inhaltliche Vorgaben der Sache nach ebenso im Rahmen der Interessenabwägungsklausel des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die zentrale Vorgabe des § 31 Abs. 1 Nr. 2 BDSG, wonach ein Scoring nur dann zulässig ist, wenn die hierfür herangezogenen Daten „unter Zugrundelegung eines wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischen Verfahrens nachweisbar für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit des bestimmten Verhaltens erheblich sind“. Es ist also – ganz im Sinne des Accountability-Prinzips nach Art. 5 Abs. 2, Art. 24 DS-GVO – an den Auskunfteien, nachvollziehbar zu belegen, dass die für die Scorewert-Berechnung herangezogenen Daten auch tatsächlich von unmittelbarer Relevanz sind.28
Gewährleistet ist damit zumindest eine „Basisrationalität prognostischer Verfahren“, die dafür Sorge trägt, dass Scorewert-Berechnungen nicht mehr allein auf nicht rationalisierbaren Intuitionen der Verantwortlichen oder auf fehlerhaften statistischen Verfahren beruhen.29 Erst recht sind nach diesen Maßgaben Scorewert-Berechnungen auf Grundlage einer unzureichenden Datenbasis von vornherein unzulässig.30 Ob eine solche „Basisrationalität“ im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 2 BDSG bereits ausreicht, um den Interessen der betroffenen Personen vollumfänglich Rechnung zu tragen, kann man sicherlich so oder so beurteilen.31 Gewährleistet ist damit zumindest aber, dass sich jegliche Art von „Schubladendenken“ als Grundlage für ein Scoring verbietet.
Als konkretes Beispiel für solch ein Schubladendenken, welches der Gesetzgeber nochmals explizit ausschließen wollte, kann auch die Berechnung eines Scorewerts anhand von Anschriftendaten herangezogen werden – also das, was gemeinhin als „nachbarschaftliche Sippenhaft“ kritisiert wird, weil die Bonität einer einzelnen Person allein anhand ihres Wohnumfelds beurteilt wird.32 § 31 Abs. 1 BDSG gibt insoweit vor, dass eine Scorewert-Berechnung „nicht ausschließlich“ auf Anschriftendaten gestützt werden darf (Nr. 3) und dass zudem bei der Nutzung von Anschriftendaten die betroffene Person vor einer Scorewert-Berechnung über die vorgesehene Nutzung dieser Daten zu unterrichten ist (Nr. 4). Auch insoweit gilt: Als spezifische Ausprägungen des Grundsatzes der Datenqualität (bzw. der Datentransparenz) können diese Wertungen des § 31 Abs. 1 BDSG zumindest der Sache nach auch unter Geltung der DS-GVO entsprechend im Rahmen einer Interessenabwägung Berücksichtigung finden.