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III. Darf die Kommune Verkehrsdaten an Private herausgeben?
ОглавлениеGrundlage für kommunales Handeln sind in ganz Deutschland Gemeindeordnungen. Diese enthalten spezielle Regelungen zur Herausgabe von Vermögensgegenständen.
Art. 75 der Bayerischen Gemeindeordnung lautet:
„(1) Die Gemeinde darf Vermögensgegenstände, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht braucht, veräußern. Vermögensgegenstände dürfen in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden.
(2) Für die Überlassung der Nutzung eines Vermögensgegenstands gilt Absatz 1 entsprechend. Ausnahmen sind insbesondere zulässig bei der Vermietung kommunaler Gebäude zur Sicherung preiswerten Wohnens und zur Sicherung der Existenz kleiner und ertragsschwacher Gewerbebetriebe.
(3) Die Verschenkung und die unentgeltliche Überlassung von Gemeindevermögen sind unzulässig (Art. 12 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung). Die Veräußerung oder Überlassung von Gemeindevermögen in Erfüllung von Gemeindeaufgaben oder herkömmlicher Anstandspflichten fällt nicht unter dieses Verbot.“
Soweit man argumentieren wollte, dass die Überlassung von Verkehrsdaten keine „Veräußerung“ im Sinne der genannten Regelung darstellt (da es bislang kein Eigentumsrecht an solchen Daten gibt, wie oben dargestellt), bleibt Art. 75 Abs. 2 GO Bayern zu beachten, wonach auch für die „Überlassung der Nutzung eines Vermögensgegenstands“ die Regelungen des Absatzes 1 entsprechend gelten. Möglicherweise lässt sich die (kostenfreie, dazu sogleich mehr) Überlassung der Daten mit Abs. 3 Satz 2 der Vorschrift rechtfertigen – „in Erfüllung von Gemeindeaufgaben“.
Art. 75 der GO Bayern ist eine Ausprägung des staatsrechtlichen Verbots der Schenkung von Staats wegen, deren Legitimität anderen Grundsätzen unterliegt als die Schenkung zwischen Privaten. Eine Schenkung durch den Staat ist dann legitim, wenn ihr ein Vorteil für das Wohl der Allgemeinheit gegenübersteht. Dazu lesenswert Isensee:10
„Das Schenkungsverbot greift nicht schon dann ein, wenn ein Bedachter auf Kosten der Staatskasse bereichert wird, wie es zivil- oder schenkungssteuerrechtlichen Kriterien entspräche – dann wäre jede Subvention, jede Leistung der Sozialhilfe oder der Entwicklungshilfe eine Schenkung. Vielmehr kommt es erst dann zum Zuge, wenn eine staatliche Zuwendung oder eine Verfügung über staatliches Gut nicht eine gemeindienliche, öffentliche Aufgabe erfüllt, wie sie in den Gesetzen vorgezeichnet wird. Wird die Zuwendung nicht gerechtfertigt, so geht sie für das Gemeinwohl verloren und wird „verschenkt“. Im finanzrechtlichen Sinn kann man von Geschenken – genauer: von illegitimen Geschenken – sprechen, wenn eine Ausgabe oder eine Verfügung über einen Vermögensgegenstand nicht durch einen Vorteil für das Wohl der Allgemeinheit aufgewogen wird, wenn also finanzielle Ressourcen fehlgeleitet werden. Eine finanzielle Vergünstigung ist nur legitim, wenn sie der Prüfung am Gleichheitssatz standhält.
Der gemeindienliche Zweck der Ausgabe bildet nicht nur den Grund ihrer Legitimation, sondern auch das Maß. Die Einbuße muß zwecktauglich, erforderlich und angemessen sein, wie es das Haushaltsrecht vorgibt. Die Gebote haushälterischer Rationalität, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, verwirklichen das Schenkungsverbot, wie es dem Gebot des treuhänderischen Umgangs mit den staatlichen Ressourcen entspricht.“ [Hervorhebungen durch den Verfasser.]
Stellt man in Rechnung, dass mit dem IWG eine Rechtsgrundlage für die „Weiterverwendung von bei öffentlichen Stellen vorhandenen Informationen, insbesondere zur Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen der digitalen Wirtschaft“ (§ 1 Abs. 1 IWG) geschaffen wurde, lässt sich erst einmal sehr gut hören, dass die Überlassung der Verkehrsdaten an den privaten Mobilitätsanbieter, der mit diesen Daten Produkte entwickeln will, die zumindest mittelbar auch dem Wohl der Allgemeinheit dienen, prinzipiell zulässig sein muss. Gegebenenfalls ist ein Korrektiv über einheitliche Nutzungsbedingungen (dazu sogleich mehr) zu etablieren.