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2. Auslandsrechte

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In den Auslandsrechten[298] werden seit vielen Jahren sukzessive Verbands- bzw. Unternehmensstrafrechte eingeführt. Im anglo-amerikanischen Rechtskreis ist die Strafbarkeit von Unternehmen bereits seit den 1840er Jahren in England[299] und seit 1909 in den USA[300] anerkannt. Anlass war neben der zunehmenden Bedeutung von Unternehmen infolge der Industrialisierung und ihrem hieraus resultierenden starken Einfluss auf Wirtschaft und Gesellschaft auch deren Verwicklung in große Katastrophen.[301] In Asien kennt z.B. seit 1932 Japan[302] die Strafbarkeit juristischer Personen, China seit 1987[303]. 1991 wurden in den USA „Sentencing Guidelines“ erlassen, die Compliance-Programme und eine verstärkte Kooperation mit den Ermittlungsbehörden als Strafzumessungsfaktoren vorsahen und zu einer weltweiten Neubewertung führten.[304] Seitdem haben Verbands- bzw. Unternehmensstrafrechte in unterschiedlichen Formen verstärkt auch in Europa Einzug gehalten:[305] Island (1972), Niederlande (1976), Portugal (1984), Schweden (1986), Norwegen (1991), Frankreich (1994), Finnland (1995), Dänemark (1996), Slowenien (1996), Belgien (1999), Estland (2001), Italien (2001), Malta (2002), Kroatien (2003), Litauen (2003), Polen (2003), Schweiz (2003), Mazedonien (2004), Ungarn (2004), Lettland (2005), Österreich (2006), Rumänien (2006), Luxemburg (2010), Slowakei (2010), Spanien (2010), Liechtenstein (2011), Tschechien (2012). Dagegen ist neben Deutschland u.a. auch in Griechenland und Russland[306] eine Strafbarkeit weiterhin ausgeschlossen. Mit Blick hierauf wird angeführt, die deutsche Sicht sei eine „eher altmodisch anmutende Ausnahme“,[307] „bloße Bußgelder“ seien für einen internationalen Wirtschaftsstandort „nicht mehr zeitgemäß“.[308] Gefordert wird, den „deutschen Sonderweg“ zu verlassen.[309]

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Die Entwicklung in den Auslandsrechten kann freilich die Notwendigkeit der Einführung eines Verbands- bzw. Unternehmensstrafrechts nicht begründen,[310] zumal die im deutschen Recht bereits seit langem bestehende Verbandsverantwortlichkeit dem Strafrecht „im weiteren Sinne“ zuzuordnen ist (Rn. 26). Im Übrigen ist der „Konvergenzdruck“ auch deshalb gering, weil die dogmatischen und konzeptionellen Unterschiede groß sind. So haben zwar einige Rechtsordnungen (etwa Frankreich, Belgien, Schweiz, Portugal, Niederlande, Ungarn) ein „stringent strafrechtliches Modell“ etabliert, andere (etwa Italien[311]) sind aber einem „verwaltungsrechtlichen Modell“ gefolgt.[312] Die Unterschiede werden verbreitet damit erklärt, dass in vielen Auslandsrechten ein „pragmatisches“ oder „instrumentelles“ Verständnis des Strafrechts herrsche,[313] der Begriff Strafe „naiv und unsystematisch“[314] verwandt und häufig zwischen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht nicht unterschieden werde. Insgesamt sei die Entwicklung durch „Uneinheitlichkeit, fehlende Systematisierung und Prinzipienlosigkeit“ gekennzeichnet.[315] Aber auch der Blick auf die praktische Bedeutung lässt keinen starken „Konvergenzdruck“ erkennen, da sich die ausländische Rechtspraxis de facto nicht wesentlich von der deutschen unterscheiden dürfte.[316] Hierfür werden zahlreiche Gründe genannt:[317] subsidiäre Ausgestaltung; Beschränkung auf bestimmte Straftaten; Geltung des Opportunitätsprinzips; mangelnde Praxistauglichkeit der Vorschriften; fehlende Ermittlungsbereitschaft der Behörden. Von der BRAK wurde sogar angeführt, die Verantwortlichkeit juristischer Personen im deutschen Recht sei im internationalen Vergleich „besonders streng und scharf“.[318] Die sog. „Schlusslichtthese“ erscheint unter diesem Blickwinkel kaum haltbar.[319]

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