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1. Die Aufgaben der Universitäten und der Fachhochschulen
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Die Abgrenzung der einzelnen Hochschultypen vollzieht sich im Wesentlichen über die unterschiedlichen Aufgabenbeschreibungen der einzelnen Hochschultypen in den Landeshochschulgesetzen, wenngleich alle Hochschulen eine gemeinsame Basisaufgabe haben. Sie dienen sämtlich der Pflege und Entwicklung der Wissenschaften und der Künste durch Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung; sie bereiten auf eine berufliche Tätigkeit vor, welche die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordert.[11] Auf diesen gemeinsamen Basisaufgaben fußend erfolgt dann in der Regel die Ausdifferenzierung der Aufgaben der einzelnen Hochschultypen durch den gesetzlichen Differenzierungshinweis „entsprechend ihrer Aufgabenstellung“.[12] Diese Ausdifferenzierung erfolgt dann mehr oder minder[13] eingehend, zuweilen auch nur dadurch, dass das Aufgabenprofil der Fachhochschulen näher umschrieben wird,[14] was dann wiederum den Schluss auf das Aufgabenprofil der Universitäten zulässt.
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Diesem Befund entsprechend dienen die Universitäten der Pflege und Entwicklung der Wissenschaft durch Forschung, Lehre und Studium; sie verbinden Forschung und Lehre zu einer vorwiegend wissenschaftsbezogenen Ausbildung.[15] Ziel der Ausbildung ist die Befähigung zur selbstständigen Anwendung und Entwicklung wissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse.[16] Ihnen obliegt die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses.[17] Primäraufgaben der Universitäten und namentlich der Universitätsprofessoren sind somit ohne jegliche Einschränkung gleichberechtigt Forschung und Lehre. Diese beeinflussen sich nach dem Humboldtschen Prinzip der Einheit von Forschung und Lehre gegenseitig. Ergebnisse in der Forschung bewirken den Fortschritt der universitären Lehre, das in der Lehre stattfindende Gespräch wiederum befruchtet die Forschungsarbeit.
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Die Einheit von Forschung und Lehre lässt sich, wie zutreffend das BVerfG hervorhebt, zwar nicht bei Fachhochschullehrern verneinen, schon weil den Fachhochschulen gesetzlich die Forschung als Aufgabe übertragen ist (ohne insofern zwischen Grundlagenforschung und anwendungsbezogener Forschung zu unterscheiden).[18] Gleichwohl bereiten die Fachhochschulen weiterhin primär durch anwendungsbezogene Lehre und anwendungsbezogenes Studium auf berufliche Tätigkeiten vor, die schließlich die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden erfordern, ohne damit freilich auszuschließen, auch die Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit zu vermitteln.[19] Fachhochschulen dienen daher in erster Linie den angewandten Wissenschaften durch Lehre, Studium, Weiterbildung sowie Forschung und Entwicklung, die in der Regel weiterhin praxisnah ist.[20] Noch deutlicher ist insoweit § 4 Abs. 3 HessHG, wonach die Fachhochschulen eine auf den Ergebnissen der Wissenschaft beruhende Ausbildung vermitteln. Primäre Aufgabe der Fachhochschulen und der Professoren an Fachhochschulen ist mithin die anwendungsbezogene Lehre,[21] die sich zudem von der keiner Beschränkung unterfallenden Lehre der Universitäten essentiell unterscheidet. Diese Lehre ist anwendungsbezogen in dem Sinne, dass sie zur selbstständigen Anwendung wissenschaftlicher Methoden in der Berufspraxis befähigen soll, d.h. wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden werden in einer Weise vermittelt, die vorrangig eine unmittelbare, eigenständige praktische Umsetzung in der späteren Berufstätigkeit verfolgt und ermöglicht; die praktische Umsetzbarkeit muss dabei (also) stets klar erkennbar sein.[22] Dabei findet sich der Anwendungsbezug sowohl in Lehrinhalten als auch in Lehrformen wieder;[23] als Beispiel hierfür stehen die für viele Fachhochschulstudiengänge obligatorischen Praxissemester.
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An der primären Ausrichtung der Fachhochschulen auf die anwendungsbezogene Lehre ändert auch der Befund nichts, dass den Fachhochschulen mittlerweile durch die Landeshochschulgesetze die Forschung als Aufgabe überantwortet ist, freilich weitgehend ausdrücklich begrenzt auf die anwendungsbezogene bzw. praxisnahe Forschung.[24] Dies findet seinen Ausdruck vor allem im unterschiedlichen Lehrdeputat. Während das Lehrdeputat von Universitätsprofessoren acht/neun Semesterwochenstunden beträgt, müssen die Professoren an Fachhochschulen ein Lehrdeputat von 18/19 Semesterwochenstunden bewältigen.[25] Dadurch behält der anwendungsbezogene Ausbildungsauftrag der Fachhochschulen gegenüber den Forschungs- und Entwicklungsaufgaben klar den Vorrang.[26] Angesichts der Dominanz der Lehre hat die anwendungsbezogene Forschung auch in tatsächlicher Hinsicht nur Annex-Charakter.[27] Die Fachhochschulen wenden also weiterhin die gefundenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Methoden auf die Praxis an und sind daher in der Regel immer noch der (Grundlagen-)Forschung nachgeschaltet. Die Inhalte der Lehre orientieren sich daher in Art und Umfang vor allem am beruflichen Anwendungsbezug, was eine weitgehende inhaltliche Begrenzung des Lehrauftrags auf praktisch verwertbare wissenschaftliche Erkenntnisse nach sich zieht. Sehr deutlich wird dies am HessHG: Danach nehmen die Fachhochschulen nur im Rahmen ihres anwendungsbezogenen Ausbildungsauftrags Forschungsaufgaben wahr (§ 4 Abs. 3 Satz 2 HessHG). „Die Weiterentwicklung der Wissenschaften durch Forschung“ obliegt gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 HessHG allein den Universitäten, während die anwendungsbezogene Ausbildung der hessischen Fachhochschulen „auf den Erkenntnissen der Wissenschaft“ beruht (§ 4 Abs. 3 Satz 1 HessHG). „Sie [die Fachhochschule] fördert die Erschließung wissenschaftlicher Erkenntnisse für die Praxis“[28] (§ 4 Abs. 3 Satz 4 HessHG). Festzuhalten bleibt somit, dass durch die Fachhochschulen durchgehend kein umfassendes wissenschaftliches Fundament im Sinne einer Theorie- und Grundlagenorientierung vermittelt wird.[29] Den Universitäten obliegt vielmehr die Aufgabe, „die Befähigung zur selbstständigen Anwendung und Entwicklung von wissenschaftlichen Methoden und Erkenntnissen“ zu vermitteln, die nicht wie bei den Fachhochschulen grundsätzlich berufspraktisch ausgerichtet sein muss (s. § 4 Abs. 1 Satz 2 HessHG). Die Universitäten sind hinsichtlich ihrer Forschung gerade nicht an einen bestimmten Auftrag gebunden,[30] weshalb auch den Universitäten die Grundlagenforschung überantwortet ist, wie es § 3 Abs. 1 Satz 4 HG MV explizit zum Ausdruck bringt. „Dies bedeutet weder, dass an Universitäten kein Anwendungsbezug der Forschung existiert, noch dass in Fachhochschulen nicht auch Forschung betrieben wird, die nach konventioneller Unterscheidung als „Grundlagenforschung“ zu beschreiben wäre. Es ist aber ebenso klar, dass eine rein auf Anwendung bezogene Hochschule nicht Universität, eine ausschließlich auf theoretische und disziplinäre Entfaltung fokussierte Hochschule nicht Fachhochschule sein könnte.“[31]
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Der Ausbildungsinhalt und das Ausbildungsziel der Fachhochschulen sind daher trotz der unbestreitbaren weitgehenden Annäherung gerade in rechtlicher Hinsicht[32] immer noch nicht mit dem wissenschaftlich intensiveren Universitätsstudium vergleichbar, selbst wenn die von beiden Hochschultypen nach der Bologna-Reform nunmehr differenzierungslos vergebenen Abschlüsse Bachelor und Master (s. hierzu VI. 5., Rn. 30 f.) dies zu insinuieren suchen. Die Universitäten verbinden Forschung und Lehre zu einer vorwiegend wissenschaftsbezogenen Ausbildung, während die Fachhochschulen weiterhin überwiegend durch die anwendungsbezogene Lehre auf berufliche Tätigkeiten vorbereiten. Die Universität zielt trotz aller Forderung nach Praxisbezogenheit des universitären Studiums und der auf die Berufsqualifikation ausgerichteten Abschlüsse Bachelor und Master indes gerade nicht primär auf berufliche Verwertungszusammenhänge ab, auch wenn das Universitätsstudium angemessen auf den Arbeitsmarkt vorbereiten und den Absolventen dabei die Möglichkeit bieten soll, durch lebenslanges Lernen den Anforderungen des Beschäftigungssystems auch längerfristig gewachsen zu bleiben.[33] Nach ihrer klassischen, neuhumanistischen Idee bezweckt die Universität neben der aus grundlegender Forschung gespeisten Fachwissenschaft zudem Bildung. Ihr Anliegen ist es eben nicht nur eine Lernstätte zu sein, sondern auch Bildung zu vermitteln; an den Universitäten ist die Forschung untrennbar mit den Ausbildungs- und Bildungsfunktion verbunden.[34] Bildung ist aber gerade nicht auf die Finalisierung der Ausbildung auf berufliche Erfordernisse gerichtet; sie dient keiner direkten Vorbereitung auf einen Beruf, schon weil Bildung immer eine individuelle Komponente hat.[35] Die Universität will bei den Studierenden vor allem wissenschaftliche Neugier wecken, ihnen aber zugleich auch nahe bringen Distanz zur Sache zu halten, geistige Unabhängigkeit zu wahren und moralisch-ethische Grenzen der Forschung zu beachten. In der Stoffvermittlung ist für die Universität klassischer Prägung kennzeichnend, dass sie nicht beim Einzelfall stehen bleiben will, sondern Theorien hervorbringen oder ihre Gegenstände in einer von theoretischen Modellen und Prämissen geprägten, d.h. abstrahierenden Weise beschreiben will. Es geht den Universitäten daher um die Erkenntnismethoden, mithin um methodisch-planmäßiges Vorgehen überhaupt.[36] Universitäten sind viel mehr als ein Ausbildungsbetrieb für unsere Wirtschaftsunternehmen, sie sind folglich auch anders als Fachhochschulen. Von einer wissenschaftlichen Gleichwertigkeit kann daher trotz des zu verzeichnenden und von den Ländern forcierten Annäherungsprozesses, der sich auch in den gesetzlichen (Mindest-)Vorgaben für die Zulassung zur Promotion niederschlägt,[37] keine Rede sein.
2. Kapitel Typisierung von Hochschulen: Universitäten und Fachhochschulen › VI. Typisierung › 2. Nachwuchsförderung