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5. Aufgaben der Kunsthochschulen (Kunst- und Musikhochschulen)

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Die Kunsthochschulen im hochschulrechtlich umfassenden Sinn[34] unterteilen sich in die Hochschulen für Bildende Kunst (oder Kunstakademien oder Kunsthochschulen im engeren Sinne), die Musikhochschulen (einschließlich der Hochschulangebote für Darstellende Kunst, also die Bühnenberufe) und die Hochschulen für Neue Medien (einschließlich der Filmhochschulen). Für den Begriff „Kunsthochschulen“, der im Folgenden verwandt wird, sofern es nicht um Besonderheiten der einzelnen Untergruppen geht, gilt das zum formellen Hochschulbegriff oben Gesagte. Elemente eines materiellrechtlichen Hochschulbegriffs sind auch hier – abgesehen von Statusfragen – insbesondere durch die Aufgabenzuweisungen[35] zu ermitteln. Dabei weisen die Kunsthochschulen spezifische Aufgabenzuweisungen auf, die sich von denen der Universitäten und Fachhochschulen unterscheiden und die wesentliche Rechtfertigung für diese eigenständige[36] Hochschulart mit eigener Namensgebung und Tradition aufzeigen. Den Begriff „Universität“ haben sich dabei in Deutschland[37] bislang nur die frühere Hochschule der Künste Berlin[38] und die Folkwang Hochschule Essen[39] sowie die Filmhochschule Potsdam Babelsberg,[40] in Österreich aber alle sechs[41] Kunsthochschulen, heute Universitäten der Künste (drei für die Bildende Kunst und drei für Musik) zulegen lassen. Am Aufgabenspektrum (Kunst und Wissenschaft), auf das sogleich einzugehen ist, ändert dies grundsätzlich nichts. Sich als Universität zu bezeichnen, mag vordergründig die – durchaus bestehende und kaum noch angezweifelte – Gleichrangigkeit im Status und in Bezug auf die Aufgabenzuweisungen dokumentieren, anderseits wird die Eigenständigkeit der Kunsthochschulen, die auch von institutioneller Bedeutung ist, dadurch eher verwischt. Viele Kunsthochschulen (z.B. die Kunstakademien) pflegen insoweit selbstbewusst ihre alten Bezeichnungen, wobei das Landesrecht ihnen dahingehend heute mehr Spielräume als früher einräumen kann.[42]

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Auch den Universitäten ist die Pflege der Wissenschaft und der Kunst aufgetragen, der Schwerpunkt liegt aber eindeutig auf Wissenschaft. Bei den Kunsthochschulen ist dies umgekehrt (Pflege der Kunst und der Wissenschaft), wobei es hier deutliche Differenzierungen nach dem Landesrecht gibt. Insbesondere die Pflege der (kunstbezogenen) Wissenschaftsdisziplinen ist den Kunsthochschulen nach Landesrecht unterschiedlich aufgegeben. Sie kann bis zum Promotions- und Habilitationsrecht reichen und die Forschung im umfassenden Sinn (aber disziplinbezogen) enthalten, es kann sich aber auch um die Reduktion auf die Vermittlung von wissenschaftsbezogenen Lehrinhalten („Theorie“) und dies begleitende Untersuchungen handeln. Man ist also gezwungen, die rechtlichen Vorgaben der einzelnen Länder und Hochschulen unter Berücksichtigung des örtlichen – tatsächlich vorhandenen – Angebots zu prüfen. In jedem Fall handelt es sich um ein fachlich eingeschränktes – also kunstbezogenes – wissenschaftliches Angebot, was sich sinngemäß auf die an den Kunsthochschulen vertretenen wissenschaftlichen Fächer bezieht. Ähnlich wie bei den Pädagogischen Hochschulen (s.o.) kann insoweit ein Spezialistentum mit Kooperations(an)geboten im Verhältnis zu den Universitäten gesetzlich verankert sein, da die qualitativen Ansprüche die gleichen sein müssen, in quantitativer Hinsicht (Stellen und Mittel) die Kunsthochschulen aber über kleinere Ausstattungen verfügen (können) und es daher möglich ist, dass Komplettierungen und Kooperationen im Einzelfall erforderlich werden. Wenn im Landesgesetz verankert ist, dass die Kunsthochschulen in den an ihnen vertretenen wissenschaftlichen Fächern Aufgaben der Universitäten wahrnehmen (so § 3 Abs. 1 S. 3 KunstHG NRW), bewegen sich die Kooperationspartner rechtlich „auf gleicher Augenhöhe“, wie es bei Kooperationen allgemein der Fall sein sollte.

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Die Pflege der Kunst geschieht durch Lehre, Kunstausübung und die Durchführung künstlerischer Entwicklungsvorhaben. Insoweit steht der „Zweiheit“ von Forschung und Lehre hier eine „Dreiheit“ oder „Aufgabentrias“ gegenüber.[43] Dabei weist die künstlerische Lehre sowohl praktische als auch rechtliche Besonderheiten und Eigengesetzlichkeiten[44] auf. Kunstausübung und künstlerische Entwicklungsvorhaben bilden gemeinsam das Pendant zur Forschung. Wichtig ist, dass auch hier der Grundsatz besteht, dass diese Bestandteile miteinander eine Einheit mit notwendigen Wechselwirkungen zu bilden haben, man also die Kunsthochschulen ebenso wenig wie die Universitäten auf die Funktion reiner „Lehranstalten“ ohne diese komplementären Aufgaben in der Forschung bzw. der Kunstausübung und Pflege der Künste reduzieren darf. Dies hat insbesondere Auswirkungen auf das Dienstrecht (dazu später). Insofern unterscheiden sich die Kunsthochschulen von den Fachhochschulen mit der dort spezifischer definierten Aufgabe der Forschung, sofern die Kunsthochschulen nicht selber Fachhochschulstudiengänge anbieten.[45] Die Kunsthochschulen sind insoweit den Universitäten gleichgestellt,[46] obgleich der Begriff „den Universitäten gleichgestellte Hochschulen“ nicht immer für sie verwendet wird.[47] Seit einiger Zeit wird versucht, den Begriff der „künstlerischen Forschung“ durchzusetzen, was besonders strittig ist, wenn man diesbezügliche Unternehmungen mit Doktoraten oder vergleichbaren Abschlüssen einer dritten Phase (nach Bachelor und Master) zu verbinden trachtet.[48] Hierauf wird bei Untersuchung der kunstbezogenen Abschlüsse zurückzukommen sein.

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Die künstlerische Lehre wird nicht nur durch besondere Lehrveranstaltungsformen (etwa das Studium in Künstlerklassen oder den sog. Einzelunterricht)[49] geprägt, sondern vor allem durch ihr Wesen als weitgehend individuelle Einwirkung mittels künstlerischer Förderung („Entwicklung von Künstlerpersönlichkeiten“). Hinzu kommen die Vermittlung künstlerischer Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten, auch und insbesondere mit dem Ziel der Vorbereitung auf künstlerische und kunstpädagogische Berufe.[50] Rechtliche Besonderheiten folgen dabei insbesondere daraus, dass es sowohl den Lehrenden als auch den Lernenden wesentlich darauf ankommt, wer ihr Gegenüber ist. Es geht nicht nur darum, in welche Vorlesung oder welches Seminar man geht, sondern darum, wer wen wie künstlerisch betreut. Vergleichbare Fragestellungen gibt es im wissenschaftlichen Bereich in der Regel erst bei der Betreuung von Diplom-, Bachelor- oder Masterarbeiten und vor allem bei Dissertationen. Daher muss man in der Praxis einen gerechten und rechtlich haltbaren Interessenausgleich schaffen zwischen den Lehrenden, die sich ihre „Schüler“ aussuchen wollen (Lehrfreiheit), und den Lernenden, die ihre „Meister“ wählen möchten (Studierfreiheit). Hier stehen sich insbesondere grundrechtliche Positionen gemäß Art. 5 Abs. 3 S. 1 und 12 Abs. 1 S. 1 GG gegenüber, wobei örtliche Regelungen das Problem entschärfen sollten und können, aber den grundrechtlichen Konflikt zu beachten und zu gewichten haben.[51] Hinsichtlich der zweiten Forderung, welche die Landeshochschulgesetze in Bezug auf die Studienziele enthalten, nämlich der Vorbereitung auf die kunstbezogene Berufswelt, sind die Kunsthochschulen in einer vergleichbaren Pflicht wie die Universitäten. Den Künstler als einkommenslosen „Bohemien“ zu sehen, der nur durch seine Persönlichkeit glänzt, auch wenn er sich in prekären Finanzsituationen befindet, entspricht nicht hinreichend dem staatlichen Auftrag von aus Steuermitteln finanzierten Hochschulen sowie den Zielen akademischer Studien. Dabei sind die Kunsthochschulen zwar weder in der Lage noch verpflichtet, passgenau und unverzüglich den Berufsmarkt „zu bedienen“, sondern sind vorzüglich akademischer Zielgerichtetheit verbunden, sie müssen in ihrer Planung von Studienangeboten aber berücksichtigen, welche grundsätzlichen Änderungen sich in Gesellschaft und Berufswelt vollzogen haben und vorauszusehen sind. So dürfen z.B. Hochschulen für Bildende Kunst nicht völlig außer Acht lassen, dass der bildende Künstler – nicht erst der Gegenwart, sondern mindestens seit der Renaissance – ein selbstständiger Unternehmer ist und zwischen den Polen von „Beruf“ und „Berufung“ seinen individuellen Platz – kenntnisreich und bewusst entschieden – definieren muss. Die Musikhochschulen dürfen dementsprechend z.B. den Befund nicht vernachlässigen, dass sich die Schere zwischen verfügbaren Orchesterstellen und Absolventenzahlen von Orchesterstudiengängen immer mehr auseinanderspreizt und die Berufsaussichten für nur als Orchestermusiker ausgebildete Hochschulabsolventen immer schlechter werden. Letzteres gilt auch dann, wenn die künstlerische Qualität der hier beispielhaft genannten Hochschulabsolventen außer Frage steht, was freilich ebenfalls der Beurteilung durch die kulturellen Institutionen außerhalb der Hochschulen unterliegt. Dies gilt z.B. für Musiker/innen einstellende Orchester, wenn es um Vorspiele als wesentliche Bestandteile von Einstellungsprozessen geht. In der Bildenden Kunst gehen die Stakeholder der drei kulturellen Sektoren (Staat, Markt und 3. Sektor) ebenfalls auf Rahmenbedingungen und Voraussetzungen ein, die nicht ausschließlich künstlerischer Natur sind. Die Kunsthochschulen müssen in ihren Lehr- und Forschungsangeboten auf derartige Notwendigkeiten kritisch und analytisch eingehen, ohne sich sklavisch auf marktkonformes Verhalten einzulassen. In hochschulrechtlicher Hinsicht bedeutet das insbesondere, dass Landesplanung und hochschulinterne Planungsentscheidungen – vor allem in Bezug auf Verteilungen von Stellen und Mitteln sowie Budgetierungen, aber auch im Hinblick auf die Gestaltung, Akkreditierung und Genehmigung von Studiengängen – derartige Befunde zu berücksichtigen haben. Denn der Landesgesetzgeber sieht bei den Studienzielen nicht nur die Förderung von Künstlerpersönlichkeiten, sondern auch die Berufsvorbereitung zwingend vor. Wird dieses Ziel unzureichend verfolgt, kann und sollte das rechtmäßige Eingriffe durch die Hochschulträger (Land) oder Hochschulleitungen (Rektorate) nach sich ziehen.

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Kunsthochschulen führen in der Regel flächendeckend Verfahren zur Feststellung der studiengangbezogenen Eignung durch, wobei die Hochschulreife keine hinreichende Voraussetzung für den Hochschulzugang ist.[52] Ohne erfolgreiche „Aufnahmeprüfung“ hat man in der Regel keine Chance, an Kunsthochschulen in künstlerischen Studiengängen zu studieren. Dies unterscheidet solche Studiengänge (noch) von den meisten Studiengängen an Universitäten und Fachhochschulen.[53] Es handelt sich um justiziable Verfahren, die Verwaltungsakte im Rechtssinn (vgl. die einschlägigen Verwaltungsverfahrensgesetze und deren Anwendbarkeit)[54] enthalten und als Hochschulprüfungsverfahren entsprechende spezielle Rechtsgrundlagen (Gesetz und Satzung und/oder Verordnung) und ein rechtlich haltbares Vorgehen (Einzelfallüberprüfung) verlangen. Solche Verfahren sind nicht identisch mit Ermittlungen der Ausbildungskapazität und dem Numerus Clausus. Derartige kapazitative Zulassungsverfahren können hinzukommen und bedürfen diesbezüglicher spezieller zusätzlicher Rechtsgrundlagen.

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Deutliche Besonderheiten weisen die Kunsthochschulen auch auf, was die Abschlüsse, akademischen Grade und Titel angeht.[55] Zur Verfügung standen – jeweils nach den landesrechtlichen Regeln, ausgehend von § 18 Abs. 2 Sätze 1 und 2 HRG[56] – das Diplom, der Magister oder Abschlüsse eigener Art (wie z.B. der „Akademiebrief“ an den Kunstakademien in Düsseldorf und Münster). Soweit die Kunsthochschulen auch an Lehramtsstudiengängen (für Kunst und Musik) beteiligt waren (und immer noch sind), stand den Studierenden auch der Abschluss des 1. Staatsexamens für Lehrämter zur Verfügung. In aller Regel waren die akademischen Abschlüsse denen universitärer Studiengänge gleichwertig,[57] wobei es selten zu Verwechslungsgefahren kam, weil es kaum parallele Studiengänge gab. Festzuhalten ist auch, dass die Bandbreite der akademischen Abschlüsse derjenigen der Universitäten entsprach bzw. sogar noch erweiterte. Von den diesbezüglichen besonderen akademischen Titeln und Begriffen sind der traditionsreiche und heute differenziert auftretende des „Meisterschülers“ und das „Konzertexamen“ zu erwähnen.[58] Solche Sonderformen waren nicht nur in Bezug auf die Eigenständigkeit der künstlerischen Lehre und des damit verbundenen Studiums bedeutsam, sondern hatten auch Referenzcharakter hinsichtlich der künstlerischen Berufswelt, weil außer der Hochschule selber die lehrende Künstlerpersönlichkeit erkennbar wurde („Meisterschüler von …“). Dieser Referenzcharakter konnte im Einzelfall innerhalb der Welt von Kunst und Kultur und der beruflichen Realität wichtiger sein als der akademische Abschluss.

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Das in Rn. 33 Beschriebene ist nunmehr insoweit Vergangenheit, als die Kunsthochschulen nach Maßgabe der entsprechenden KMK-Beschlüsse[59] und des Landesrechts grundsätzlich in gleicher Weise wie die Universitäten und Fachhochschulen gehalten waren, ihre Abschlüsse und Studiengänge auf das neue System der Bachelor- und Masterstudiengänge umzustellen. Dem standen die Kunsthochschulen – vor allem die der Bildenden Kunst – sehr skeptisch gegenüber und haben dies auch ebenso frühzeitig wie „nachhaltig“ – aber auch weitgehend erfolglos – artikuliert, was sie durchaus von anderen Hochschulbereichen und ihren Vertretern unterschied.[60] Dabei konnten sie ins Feld führen, dass die Prämissen für diese Umstellung an Kunsthochschulen kaum vorliegen. Weder ging es darum, Studentenmassen in einem gestuften System differenzierten Abschlüssen zuzuführen, da die Kunsthochschulen bei ihrer strikten Auswahl ganz andere Betreuungsverhältnisse aufweisen. Noch gibt es ein generelles Defizit an Internationalität, da an den deutschen Kunsthochschulen ein großer Prozentsatz (an etlichen Kunsthochschulen über 30 %, an den Musikhochschulen teilweise um und über 50%) der Studierenden (und der Lehrenden) Ausländer sind. Es wurde vorgetragen, dass dies auch in rechtlicher Hinsicht bei der Prüfung des Entschließungsermessens und der Frage, ob man solche Studiengänge und Abschlüsse einrichten soll, eine Rolle zu spielen habe. Wenn die Umstellung auf das Bachelor-Master-System erfolge, müssten die besondere Aufgabenstellung und die spezifische Studienstruktur (z.B. das sog. Klassenprinzip oder der „Einzelunterricht“) an Kunsthochschulen berücksichtigt werden. In besonderem Maße hat der NRW-Gesetzgeber nach eingehenden Beratungen mit den betroffenen Kunsthochschulen insoweit spezielle Regelungen mit dem neuen Kunsthochschulgesetz von 2008 geschaffen, auf die hier deshalb kurz[61] verwiesen werden soll, weil solche Bestimmungen immer noch Pilotfunktionen aufweisen können: § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 5 KunstHG NRW sehen vor, dass die Besonderheiten der Kunsthochschulen Ausnahmen vom Grundsatz der Akkreditierung in künstlerischen Studiengängen erforderten und dass insoweit Vereinbarungen zwischen dem Ministerium und der Kunsthochschule erfolgen könnten. §§ 52 Abs. 3 S. 2, und Abs. 4 S. 2 sowie §§ 56 Abs. 2 und 58 Abs. 2 enthalten in künstlerischen Studiengängen potentielle Ausnahmen von der Umstellungspflicht der Studiengänge (für den Bereich der Freien Kunst regelt das Gesetz diese Ausnahme bereits expressis verbis) und solche von der Pflicht zur Modularisierung und der Einführung von Leistungspunktesystemen, wobei auch dies des Zusammenwirkens zwischen Ministerium und Hochschule bedarf. Das Klassenprinzip als von den Kunsthochschulen in künstlerischen Fächern unabhängig vom Abschluss mögliches und wesentliches Strukturkonzept künstlerischer Lehre und des Studiums erfährt in § 50 Abs. 1 S. 1 KunstHG NRW nicht nur eine Legaldefinition, sondern erhält auch Grundregeln hinsichtlich des Besuchs von Künstlerklassen (§ 50 Abs. 1 S. 2) und ein Gewährleistungsgebot in Bezug auf die ordnungsgemäße Ausbildung der Studierenden (§ 50 Abs. 1 S. 4).[62] Die deutsche Ausprägung des „Bologna-Prozesses“, die hinsichtlich der Universitäten und Fachhochschulen seinerzeit unnachgiebig erschien, ist insoweit für die NRW-Kunsthochschulen gelockert worden: Es befinden sich Türen in der Bologna-Wand; sie zu öffnen bedarf freilich des Zusammenwirkens zwischen Staat und Hochschule in konkreten Fällen. Das ist ein gangbarer Weg. Den haben die anderen Länder aber im Wesentlichen bisher nicht beschritten, sondernd auch die künstlerischen Studiengänge an den meisten Hochschulorten auf das Bachelor- und Mastersystem umgesteuert. Dennoch sind kunsthochschulische Spezifika wie das Klassenprinzip und der Einzelunterricht erhalten geblieben. Es galten aber sonst die Regeln der deutschen Umsetzung des Bologna-Systems einschließlich der Unterwerfung unter Akkreditierungsverfahren. Es bleibt abzuwarten, ob sich nach der jüngsten Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht für die Kunsthochschulen wieder Änderungen ergeben, die stärker als bisher die früheren Modelle und Erfahrungen berücksichtigt. Derzeit stellt sich zusätzlich die Frage, ob und welche besonderen Angebote es im Sinne eines dritten Zyklus nach Bachelor und Master an Kunsthochschulen geben sollte. Dazu in der nächsten Rn. 35 am Ende.

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Die besonderen Aufgaben der Kunstausübung und der künstlerischen Entwicklungsvorhaben sind schwer zu definieren.[63] Das Hochschulrecht enthält aber inzwischen wichtige Anhaltspunkte. Im HRG fand sich zuletzt in § 4 Abs. 2 S. 3 bei den Regeln der „Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung, Lehre und Studium“ für die Kunstausübung und die künstlerischen Entwicklungsvorhaben der Verweis auf die entsprechende Anwendung der Sätze 1 und 2, welche die Freiheit der Forschung regeln. Damit wird der oben erwähnten Forderung und Behauptung, dass beide zusammen das Gegenstück zur Forschung bilden, Rechnung getragen. Das Landesrecht wird hierzu teilweise konkreter, insbesondere in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.[64] In NRW geht das Kunsthochschulgesetz von 2008 insbesondere in § 3 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 2 Sätze 1 bis 4, § 28 Abs. 1 S. 1 sowie Abs. 3 und § 61 auf Kunstausübung und künstlerische Entwicklungsvorhaben mehrfach und unter unterschiedlichen Aspekten ein, erklärt diese nicht nur zu Aufgaben der Hochschule, sondern ausdrücklich auch zu Dienstaufgaben der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer mit dementsprechenden Rechten und Pflichten. Es verweist dabei in § 61 Abs. 3 auf die §§ 62, 63 KunstHG NRW, die für die Forschung einschließlich derjenigen mit Mitteln Dritter gelten. Es kommt bei der „entsprechenden“ Anwendung der Forschungsregeln darauf an, die Eigengesetzlichkeit der Kunst einzubringen, wobei die grundrechtliche Ausgangslage (Freiheit der Kunst und der Wissenschaft) vergleichbar, aber nicht identisch ist.[65] Eine solche Regelung verdeutlicht, dass Kunstausübung und künstlerische Entwicklungsvorhaben zwar nicht begrifflich deckungsgleich mit Forschung sind, so dass unpassenden Forderungen, den wissenschaftsbezogenen und insoweit recht scharf umrissenen Forschungsbegriff auf die Künste auszudehnen, in diesem Gesetz eine Absage erteilt wird. Sie stellt aber auch klar, dass es sich um gleichwertige und rechtlich geschützte Betätigungen von Hochschulen und deren Mitgliedern handelt, die nach den grundsätzlich gleichen Regeln unter Beachtung der jeweiligen Grundrechtsgarantie zu betrachten sind.

Das bedeutet im Hinblick auf den „dritten Zyklus“ nach Bachelor und Master, dass man zum einen wissenschaftliche Studienangebote (mit dem Ziel der Erlangung des Doktorgrades, z.B. eines Dr. phil.) erstellen kann, was unter universitären Qualitätsanforderungen zu geschehen hat. Hier sehen die Promotionsordnungen etlicher Kunsthochschulen auf der Basis des jeweiligen Landeshochschulgesetztes Verfahren vor, die den universitären Gepflogenheiten entsprechen. Zum anderen kann man durchaus künstlerische Studienangebote erarbeiten, die Kunstausübung und künstlerische Entwicklungsvorhaben zum Gegenstand haben. Auch diese können zertifiziert werden, wobei man einerseits auf tradierte Bezeichnungen (wie Meisterschüler und Konzertexamen) zurückgreifen, anderseits auch neue Titel und Abschlüsse kreieren kann. Diese müssen freilich hochschulrechtlich abgesichert sein und sollten nicht zu Begriffsverwirrungen führen. Diesbezüglich ist einiges im Fluss. Problematisch ist die Vermischung, die mit dem Begriff der künstlerischen Forschung zusammenhängt und auf akademische Abschlüsse zielt, die sich auf Doktorate stützen, aber zugleich künstlerisch-wissenschaftlicher Natur sind. Das Thema ist derzeit kontrovers und die hochschulrechtliche Landschaft ist uneinheitlich. Die Erkenntnis, dass der Doktorgrad eine akademische Marke darstellt, die mit bestimmten Inhalten zu füllen ist, ist nicht mehr unumstritten.[66] Der Landesgesetzgeber sollte hier wachsame und bewusste Entscheidungen treffen. Das ist z.B. in NRW geschehen, wobei dieses Land solche Mischformen nicht vorsieht, sondern deutlich zwischen wissenschaftlichen und künstlerischen Qualifikationen unterscheidet.[67]

3. Kapitel Typisierung von Hochschulen: Pädagogische Hochschulen, Kunst- und Musikhochschulen, kirchliche Hochschulen, private HochschulenII. Aufgabenzuweisungen › 6. Aufgaben der nichtstaatlichen Hochschulen

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