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III. Verjährung
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Wird S für tot erklärt, dann steht mit dem Erbrecht der B auch fest, dass sie Gläubigerin der evtl. Forderung gegen K geworden ist. Angesichts des Zeitablaufs seit Entstehen der streitigen Forderung hat B ein Interesse daran zu verhindern, dass die Forderung verjährt, vgl § 194.
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1. Verjährung bedeutet nicht das Erlöschen der Forderung. Die Verjährung gewährt dem Schuldner vielmehr ein bloßes Leistungsverweigerungsrecht, § 214 I. Wenn er diese Einrede erhebt, kann der Schuldner nicht mehr zur Leistung gezwungen werden. Wohl aber darf sie der Gläubiger behalten, wenn sie der Schuldner ungeachtet der Verjährung bewirkt hat, § 214 II (vgl § 813 I). Auch ist der Gläubiger einer verjährten Forderung nicht gehindert, sich aus einem Sicherungsrecht zu befriedigen (§ 216 II 2 jetzt ausdrücklich auch für den Eigentumsvorbehalt!); vgl auch § 215. Im Gegensatz zur Einrede führt eine Einwendung dazu, dass das mit der Einwendung behaftete Recht gar nicht erst entsteht oder aber untergeht (s. unten Rn 573 f).
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Die Verjährung ist als bloße Einrede streng zu unterscheiden vom Erlöschen eines Rechts infolge des Ablaufs einer Ausschlussfrist, der zu einer rechtsvernichtenden Einwendung führt. Das in Unkenntnis einer abgelaufenen Ausschlussfrist Geleistete kann gemäß § 812 I 1, 1. Alt. (Leistungskondiktion) zurückgefordert werden. Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit. Das Gesetz verwendet sie vor allem, um die Ausübung einseitiger Gestaltungsrechte zeitlich zu begrenzen, zB §§ 121, 124 (s. unten Rn 233), §§ 626 II 1, 314 III; vgl auch §§ 864, 1002. Besondere Beschleunigungsmittel sind die Rechtsverluste bei Versäumung der gemäß § 377 HGB gebotenen unverzüglichen Untersuchung und Rüge gekaufter Handelsware.
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2. Die Verjährung tritt nach Ablauf der Verjährungsfrist ein. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt seit 2002 nur noch drei Jahre, § 195. In einer Reihe von Fällen jedoch verjähren die Forderungen schneller, zB in zwei Jahren (§§ 438 I Nr 3, 476 II, 634a I Nr 1), oder später, zB §§ 196, 197. Die kurze regelmäßige und noch kürzere Fristen (zB § 548 I) hat das Gesetz gewählt, damit schneller Rechtssicherheit und Rechtsfrieden eintreten. Die Gläubiger werden dadurch angehalten, ihre Forderungen zu einer Zeit geltend zu machen, zu der dem Schuldner die Verteidigung besser möglich ist; auch soll er nicht jede Quittung 30 Jahre lang aufbewahren müssen (wenngleich das wegen § 216 II 2 ratsam ist, wenn die Kaufsache unter Eigentumsvorbehalt geliefert wurde!). Für den Kaufpreisanspruch gilt die dreijährige Verjährungsfrist des § 195.
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Für den Beginn der Verjährungsfrist kumuliert § 199 I ein objektives und ein subjektives Merkmal: den Schluss des Kalenderjahres, in welchem der Anspruch entstanden ist (Nr 1), und die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldners (Nr 2). Obergrenzen setzen § 199 II-IV. Wichtige Spezialregelungen sind §§ 438, 634a iVm § 200 (von § 199 abweichender Fristbeginn!).
Im Fall 2 ist die Forderung im Laufe des Jahres 2015 entstanden, und der ursprüngliche Gläubiger V kannte auch die Forderung und die Person seines Schuldners. Damit wäre mit Ablauf des 31.12.2018 Verjährung eingetreten.
Die Forderung könnte also verjährt sein, bevor B ihr Erbrecht durchsetzen kann. Vor der Todeserklärung des S könnte B auch nicht mit Erfolg eine die Verjährung hemmende Klage erheben, § 204 I Nr 1, da B ihr Erbrecht und damit ihre Gläubigerstellung nicht nachweisen kann. Hier hilft § 211, der die Verjährungsfrist nicht ablaufen lässt, bevor der Erbe die Erbschaft angenommen hat.
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3. Zugunsten des Gläubigers wirken die Hemmung der Verjährung und die Ablaufhemmung. Während der Hemmung läuft die Frist nicht, nach Aufhören der Hemmung läuft sie unter Anrechnung der bisher abgelaufenen Zeit weiter, § 209. Die Verjährung ist gehemmt in den Fällen der §§ 203–208. Bei der Ablaufhemmung tritt die Verjährung nicht vor Ablauf von 6 Monaten nach dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses ein, vgl §§ 210, 211.
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Eine Unterbrechung der Verjährung kennt das BGB seit dem 1.1.2002 unter der Bezeichnung „Neubeginn der Verjährung“ nur noch in § 212, wenn nach einem Anerkenntnis des Schuldners oder einer Vollstreckungshandlung des Gläubigers eine neue Verjährungsfrist zu laufen beginnt.
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Gemäß § 211, auf den sich B im Fall 2 vielleicht berufen könnte, läuft die Verjährung eines zu einem Nachlass gehörenden oder gegen ihn gerichteten Anspruchs nicht vor 6 Monaten nach Annahme der Erbschaft oder nach Eintritt einer Möglichkeit, den Nachlass zu vertreten, ab. Diesbezüglich hatte der Gesetzgeber an Testamentsvollstreckung und Nachlasspflegschaft gedacht (vgl §§ 2212 f, 1960). Bezüglich einer Vollmacht über den Tod hinaus ist mE zu unterscheiden: Die Gläubiger des Erblassers müssen davor geschützt werden, dass ihre Ansprüche infolge der ihnen unbekannten und auch nur schwer feststellbaren postmortalen Vollmacht verjähren; deshalb muss die Verjährung ihrer Ansprüche gegen den Nachlass gehemmt sein. Dagegen hat der Erblasser, indem er die Vollmacht über den Tod hinaus erteilt hat, den Bevollmächtigten als Interessenvertreter der Erben gewollt. Dieser wird regelmäßig auch in der Lage sein, deren Interessen wahrzunehmen. Daraus folgt, dass im Falle einer postmortalen Vollmacht der Ablauf der Verjährung zum Nachlass gehörender Ansprüche nicht gehemmt wird.
Teil I Die Rechtssubjekte › § 2 Ende der Rechtsfähigkeit. Todeserklärung. Verjährung. Vollmacht über den Tod hinaus › IV. Vollmacht über den Tod hinaus