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§ 7 Das Recht der natürlichen und der juristischen Person (Zusammenfassung)

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1. Die natürliche und die juristische Person sind die einzigen Rechtssubjekte. Ihr Kennzeichen ist die Rechtsfähigkeit, dh die Fähigkeit, selbst Träger von Rechten und Pflichten zu sein.

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2. Der einheitliche Begriff der Rechtsfähigkeit von natürlichen und juristischen Personen darf nicht vergessen machen, dass die Rechtsfähigkeit der natürlichen Person im Menschsein, nicht in irgendwelchen besonderen Eigenschaften oder Fähigkeiten, begründet ist (oben Rn 5, 15). Die Rechtsfähigkeit folgt aus der Würde des Menschen; der Rechtssatz erkennt die Rechtsfähigkeit nur an, verleiht sie aber nicht.

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Einen gewissen Spielraum hat der Gesetzgeber beim Beginn der Rechtsfähigkeit der natürlichen Person. So hat sich § 1 BGB aus Gründen der Praktikabilität für die Vollendung der Geburt entschieden. In einzelnen Fällen wird, um einem besonderen Schutzbedürfnis nachzukommen, die Rechtsfähigkeit vorverlegt, ein Erzeugter (nasciturus) schon vor Vollendung der Geburt so behandelt, als wäre er bereits geboren (zB §§ 844 II 2, 1923 II; oben Rn 8).

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Mit dem Tod endet der Mensch und damit auch seine Rechtsfähigkeit, ohne dass das Gesetz das ausdrücklich anordnen müsste. Auch den Zeitpunkt des Todes als Ende der Rechtsfähigkeit lässt das Gesetz offen. Mit dem Tod fällt das Rechtssubjekt fort. An dessen Stelle tritt automatisch der Erbe. Im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gehen alle Rechte und Pflichten auf den Erben über, ohne dass es irgendeiner Übertragungshandlung oder auch nur der Kenntnis des Erben bedürfte (oben Rn 21). Eine der Vorverlegung der Rechtsfähigkeit zugunsten des Erzeugten entsprechende Verlängerung der Rechtsfähigkeit über den Tod hinaus gibt es nicht, wohl aber können Willenserklärungen des Verstorbenen über seinen Tod hinaus derart wirken, dass die Rechtsfolgen beim Erben eintreten (oben Rn 41).

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Da das Menschsein nur mit dem Tod endet, ist der Tod der einzige Beendigungsgrund der Rechtsfähigkeit; insbesondere kann sie nicht durch Staatsakt entzogen werden. Die Todeserklärung nach dem VerschollenheitsG begründet nur eine widerlegliche Vermutung für den Tod und seinen Zeitpunkt (bis dahin Lebensvermutung), beendet als solche aber die Rechtsfähigkeit nicht (oben Rn 26).

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3. Die juristische Person ist eine Zusammenfassung von Personen (natürlichen oder juristischen) oder Vermögensgegenständen zu einer Organisation, der die Rechtsordnung eigene Rechtspersönlichkeit verliehen hat. Die eigene Rechtsfähigkeit ist Begriffsmerkmal der juristischen Person und unterscheidet sie von anderen Zusammenschlüssen. Im Gegensatz zur natürlichen Person beruht die Rechtsfähigkeit der juristischen Person auf einem konstitutiven (rechtsbegründenden) Staatsakt. Abgesehen von einigen althergebrachten juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wie dem Staat, Kirchen und Gemeinden (oben Rn 75), entsteht die juristische Person des öffentlichen Rechts durch einen Staatsakt, der grundsätzlich allein den Zusammenschluss und dessen Rechtsfähigkeit bewirkt, während bei der juristischen Person des privaten Rechts die Rechtsfähigkeit auf dem Zusammenspiel von konstitutivem Staatsakt und privatrechtlichem Gründungsakt beruht (oben Rn 99).

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Ob der Staat einem Zusammenschluss Rechtsfähigkeit verleiht, steht grundsätzlich in seinem Ermessen. Um dem Bürger aber die Freiheit zu einem rechtsfähigen Zusammenschluss zu gewähren, sind die Voraussetzungen, unter denen der konstitutive Staatsakt erfolgen muss, generell und abstrakt bestimmt. Die Voraussetzungen sind so gefasst, dass die juristische Person jeweils die ihrem Zweck entsprechenden Einrichtungen auch und gerade im Interesse Dritter (des Rechtsverkehrs) besitzen muss. Das Normativsystem ist damit eine Synthese von Vereinigungsfreiheit und Ordnungsfunktion des Rechts (oben Rn 90).

Die juristische Person des Privatrechts entsteht mit Eintragung im Vereins-, Handels- bzw Genossenschaftsregister. Diese Eintragungen sind Hoheitsakte der freiwilligen Gerichtsbarkeit.[1] Der unterschiedliche Eintragungsort weist darauf hin, dass der eV des § 21 als nichtwirtschaftlicher Verein (= Idealverein, oben Rn 92 ff) bürgerlich-rechtlich konzipiert ist, während die handelsrechtlichen Typen auf die Besonderheiten des Geschäftslebens abgestellt sind. Das Normativsystem trägt diesen funktionellen Unterschieden Rechnung.

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Der wirtschaftliche Verein des § 22 erhält Rechtsfähigkeit durch Verwaltungsakt, auf den kein Rechtsanspruch, wohl aber ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, besteht. Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) als Unterfall des wirtschaftlichen Vereins wird mit Genehmigung, die gleichzeitig die Erlaubnis zum Versicherungsbetrieb darstellt, rechtsfähig, § 15 VAG.

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So wie der Staat die Rechtsfähigkeit schafft, kann er sie auch beenden. Die Rechtsfähigkeit juristischer Personen endet durch Auflösung des Vereins, Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder durch Entziehung der Rechtsfähigkeit, s. §§ 41 ff BGB (zu § 43 aF [heute § 395 FamFG] vgl BVerwGE 105, 313 = NJW 1998, 1166 mit Anm. K. Schmidt 1124 – Scientology; BGHZ 175, 12, 19 f – Kolpingwerk).

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4. Als Kennzeichen der hier nicht näher zu behandelnden juristischen Personen des öffentlichen Rechts wird man, wenn nicht die Gründung, so doch die Anerkennung als Träger öffentlicher Aufgaben durch Hoheitsakt ansehen müssen. Man unterscheidet Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, vgl § 89. Anders als bei privaten Vereinen (für sie gilt die negative Koalitionsfreiheit des Art. 9 GG), gibt es bei Körperschaften (= Personenzusammenschlüssen) des öffentlichen Rechts auch automatische oder erzwungene Mitgliedschaft (BVerfGE 38, 281, 297 mwN, zB in der Handwerkskammer). Neben Personenvereinigungen gibt es Zusammenfassungen von zweckgebundenen Vermögensgegenständen; das sind im Privatrecht die Stiftungen und im öffentlichen Recht neben den Stiftungen auch die Anstalten.

Die juristische Person des öffentlichen Rechts lebt grundsätzlich nach öffentlichem Recht. Ihre Rechtsfähigkeit ermöglicht es ihr, auch privatrechtliche Rechte und Pflichten zu haben. Sie unterliegt, soweit sie fiskalisch (Gegensatz: hoheitlich) handelt, dem privaten Haftungsrecht der §§ 89, 31, 831. Sie haftet für hoheitliches Handeln ihrer „Beamten“ über § 839 gemäß Art. 34 GG. Die Einzelheiten gehören ins Staatshaftungsrecht.

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5. Den juristischen Personen stehen die Gesellschaften des BGB, §§ 705 ff, sowie die OHG und KG (§§ 105 ff, §§ 161 ff HGB) als Personenzusammenschlüsse gegenüber. Bei ihnen sind nach der Konzeption des Gesetzes die Gesellschafter Träger aller auf die Gesellschaft bezogenen Rechte und Pflichten. Das Gesellschaftsvermögen ist den Gesellschaftern in ihrer Gesamtheit zugeordnet. Sie sind gesamthänderisch Träger des Vermögens, dh jeder Gesellschafter ist Träger der zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechte, zugleich in seiner Herrschaftmacht jedoch durch die der übrigen Gesellschafter beschränkt.

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Bei den genannten „rechtsfähigen Personengesellschaften“ iSv § 14 II wird dagegen heute die Gesellschaft selbst als Vermögensträger angesehen. Die Rechtsordnung kann also die Einheit der Gesellschaft unterschiedlich stark betonen und so die Gesellschaft praktisch mehr oder weniger der juristischen Person annähern, wie das sehr weitgehend, vor allem für die OHG und KG durch § 124 HGB und für die BGB-Gesellschaft durch BGHZ 146, 341 geschehen ist (s. oben Rn 82a).

Die Praxis hat den nichtrechtsfähigen Verein entgegen der ursprünglichen Absicht des Gesetzgebers faktisch dem rechtsfähigen gleichgestellt (oben Rn 108, 121 f). Das wirkt sich vor allem in der Haftung aus.

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Im Einzelnen gilt für die Haftung folgendes: Die Rechtsfähigkeit der juristischen Person bedeutet, dass sie selbst Subjekt der Pflicht ist, ungeachtet möglicher besonderer Haftungsanordnungen zu Lasten der Mitglieder. Das Gleiche gilt für die „rechtsfähigen Personengesellschaften“, bei denen ggf (analog § 128 HGB) eine akzessorische Haftung auch der Gesellschafter besteht, wie zB bei der Außen-GbR. Dagegen haften bei nichtrechtsfähigen Zusammenschlüssen, wie etwa einer Innen-GbR, die Mitglieder für die „Verbindlichkeiten des Zusammenschlusses“ persönlich und gesamtschuldnerisch (§§ 709, 714, 427).

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6. Keine Voraussetzung der Rechtsfähigkeit ist die (regelmäßig mit ihr einhergehende) Handlungsfähigkeit, dh die Fähigkeit, durch eigene Handlung Rechte und Pflichten erwerben zu können (oben Rn 4 f). Bei der natürlichen Person (auf sie ist der Begriff eigentlich bezogen) ist die Handlungsfähigkeit ein Zurechnungsproblem. Es geht darum, für welche Handlungen die natürliche Person verantwortlich gemacht werden kann. Insoweit sind die Entwicklung des Menschen (Jugendlichkeit) und evtl. anomale Geisteszustände erheblich. Damit zusammen hängt die Aufgliederung des theoretisch einheitlichen Begriffs der Handlungsfähigkeit in die Geschäfts- und die Deliktsfähigkeit und in die natürliche Fähigkeit, Realakte setzen zu können (oben Rn 52 f).

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Von der Geschäftsfähigkeit hängt es ab, ob der Mensch durch eigene Willenserklärungen Rechte und Pflichten erwerben kann. Man unterscheidet die Geschäftsunfähigkeit, die beschränkte Geschäftsfähigkeit und die volle Geschäftsfähigkeit. Maßgebend sind in erster Linie Altersstufen. Bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres ist das Kind geschäftsunfähig, § 104 Nr 1; anschließend ist der Minderjährige bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, unabhängig von seiner individuellen geistigen Entwicklung, beschränkt geschäftsfähig, § 106. Der beschränkt Geschäftsfähige kann nur Willenserklärungen bestimmter Art abgeben, vgl §§ 107–113. Geistige Störungen führen unter den Voraussetzungen des § 104 Nr 2 zur Geschäftsunfähigkeit (vgl BGH NJW 1996, 918, 919). Vorübergehende Störungen (zB Volltrunkenheit) fallen nicht unter § 104 Nr 2, lassen aber nach § 105 II die Willenserklärung nichtig werden. Die Folgen von § 104 Nr 2 und § 105 treten automatisch ein, ohne dass es auf die Erkennbarkeit für den Empfänger der Willenserklärung ankommt. Der gute Glaube an die Geschäftsfähigkeit des Erklärenden wird nicht geschützt. Doch trägt, wer sich auf Geschäftsunfähigkeit beruft, die Beweislast für das Vorliegen dieses Ausnahmefalls (BGHZ 198, 381, 387).

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Zusammen mit der Entmündigung als konstitutivem Hoheitsakt sind durch das BetreuungsG 1992 auch die §§ 6, 104 Nr 3, 114 f abgeschafft worden (hierzu Taupitz JuS 1992, 9 ff). Die Entmündigung wegen Geisteskrankheit führte zur Geschäftsunfähigkeit, § 104 Nr 3; die wegen Geistesschwäche, Verschwendungs-, Trunk- oder Rauschgiftsucht zur beschränkten Geschäftsfähigkeit, § 114 aF. Diese Regelung hatte den Vorzug der Rechtsklarheit, konnte jedoch die Entmündigten im Einzelfall in ihrer Handlungsfreiheit stärker beschneiden, als es zu ihrem Schutz geboten war. Heute erhält ein Volljähriger, der „auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen“ kann, einen Betreuer (§ 1896 I) als Vertreter, § 1902. Der Betreute bleibt daneben voll geschäftsfähig, sofern nicht zu seinem Schutz das Betreuungsgericht ausdrücklich einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet hat, § 1903 I (vgl BGH NJW 2017, 890 f). Nur in diesem Fall gelten §§ 108–113 analog (s. unten Rn 192 ff); vgl auch § 1903 III.

Seit dem 1.8.2002 kann sogar ein geschäftsunfähiger Volljähriger in begrenztem Umfang gemäß § 105a selbstständig am Rechtsverkehr teilnehmen (unten Rn 193a). Darüber hinaus hat das BVerfG (NJW 2003, 1382 f) einem Geschäftsunfähigen unter Rückgriff auf eine partielle Geschäftsfähigkeit entgegen § 1304 die Eheschließung eröffnet.

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§ 104 Nr 1 und 2 suchen die Geschäftsunfähigkeit möglichst klar abzugrenzen. Doch kann einen Geistesschwachen in der §§ 104 Nr 2, 105 II benachbarten Grauzone die uneingeschränkte volle Geschäftsfähigkeit hart treffen. Die Rechtsprechung erkennt zwar eine auf einen bestimmten Lebenskreis bezogene, so genannte partielle Geschäftsunfähigkeit an (BGHZ 30, 112; Hauptbeispiel ist der Querulantenwahn). Dagegen wird es überwiegend abgelehnt, nach dem Schwierigkeitsgrad des Geschäfts zu unterscheiden, also zB die Geschäftsfähigkeit eines Geistesschwachen für einfache Geschäfte des täglichen Lebens zu bejahen, für schwierige Geschäfte aber zu verneinen (sog. relative Geschäftsfähigkeit). Hier soll es nur die Alternative zwischen Geschäftsunfähigkeit und voller Geschäftsfähigkeit geben (vgl BGH NJW 1970, 1680, 1681; Flume II3 § 13, 5).

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Von der Deliktsfähigheit hängt es ab, ob sich jemand durch eine unerlaubte Handlung schadensersatzpflichtig machen kann. Während das Gesetz die Geschäftsfähigkeit im Interesse des Rechtsverkehrs anhand klarer und generalisierender Merkmale bestimmt, stellt es für die Deliktsfähigkeit wesentlich enger auf individuelle Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen ab (oben Rn 54, unten Rn 190). Bei Realakten entfällt eine besondere Handlungsfähigkeit als Zurechnungsvoraussetzung, da allein der Erfolg des Handelns zählt (oben Rn 53).

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Die juristische Person ist durch ihre Organe handlungsfähig, deren Vertretungsmacht über die Zurechnung von Willenserklärungen entscheidet. Die Verantwortlichkeit der juristischen Person für unerlaubte Handlungen ergibt sich aus der Organhaftung und der Haftung für Verrichtungsgehilfen (oben Rn 116).

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7. Die Person ist umfassend geschützt. Das grundsätzliche Verbot, in ihre absolut geschützten Rechtsgüter einzugreifen, findet seinen deutlichsten Ausdruck in § 823 I (oben Rn 59), aber zB auch im Namensrecht des § 12 und im Recht am eigenen Bild (oben Rn 60 ff). Die Praxis hat diesen Schutz durch Anerkennung eines auf Art. 1, 2 I GG gestützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts, dessen Verletzung (über § 253 hinausgehend) durch Gewährung von „Schmerzensgeld“ sanktioniert wird, wesentlich erweitert. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist jedoch, anders als die übrigen in § 823 aufgezählten Rechtsgüter, nicht so klar und selbstverständlich abgegrenzt, sondern ein offener Tatbestand (Rahmenrecht), da mit ihm typischerweise Freiheitsrechte anderer kollidieren. Deshalb lässt sich erst nach einer umfassenden Interessenabwägung feststellen, ob das beeinträchtigte allgemeine Persönlichkeitsrecht im Einzelfall auch verletzt worden ist (oben Rn 64 f).

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