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I. Haftung für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten
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Für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten haftet, wer die Willenserklärung abgegeben oder in wessen Namen der Vertreter gehandelt hat. Haftung setzt Rechtssubjektivität voraus. Deshalb ist es für die Person des dem H Verpflichteten entscheidend, ob der Verein rechtsfähig ist oder nicht.
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1. Der rechtsfähige Verein ist als juristische Person Träger der in seinem Namen begründeten Rechte und Pflichten. Hat der Vorstand als vertretungsberechtigtes Organ (§ 26 I 2) die Dacharbeiten für den Verein bestellt, dann muss der Verein und nur der Verein zahlen; weder die Mitglieder noch die Handelnden haften persönlich. Dass die Mitglieder für die Schulden „ihrer“ juristischen Person nicht haften, ist allgemeiner Grundsatz für alle juristischen Personen. Es bedarf schon einer besonderen gesetzlichen Anordnung, wenn die Mitglieder haften sollen; so zB für die Genossenschaft kraft der Nachschusspflicht in §§ 105 ff GenG und vereinzelt im Recht der AG und der GmbH, vgl die Rückgewährpflichten in § 62 AktG und § 31 GmbHG. Nur für seltene Ausnahmefälle hat der BGH die sog. Durchgriffshaftung auf die Mitglieder entwickelt (s. oben Rn 78 f).
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2. Ist der Wanderclub nicht eingetragen, so kann er keine juristische Person sein, sondern nur entweder ein nichtrechtsfähiger Verein oder eine BGB-Gesellschaft (§§ 705 ff; s. oben Rn 82a).
a) Der Verein ist durch seine Unabhängigkeit von einem Mitgliederwechsel, durch die körperschaftliche Verfassung und durch sein Auftreten nach außen als selbstständige Einheit (Handeln unter eigenem Namen) gekennzeichnet. Die Gesellschaft dagegen ist auf die Person ihrer Mitglieder abgestellt (vgl insbes. §§ 723, 727); für sie handeln die Gesellschafter, vgl §§ 709, 714. Die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten beim nichtrechtsfähigen Verein wie bei der BGB-Gesellschaft erlauben fließende Übergänge (vgl insbes. §§ 710, 736); entsprechend schwierig kann die Abgrenzung im Einzelfall sein.
Im Fall 6 liegt ein Verein vor: Es ist vom Vorstand die Rede, die Errichtung eines eigenen Hauses spricht für eine größere Mitgliederzahl. Ein- und Austritt von Mitgliedern sollen nach der Lebenserfahrung in solchen Fällen für den Zusammenschluss ohne Bedeutung sein.
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b) § 54 Satz 1 regelt den nichtrechtsfähigen Verein durch eine Verweisung auf das Recht der BGB-Gesellschaft, obwohl dem BGB-Gesetzgeber klar war, dass die §§ 705 ff für den Verein nicht oder nur schlecht passen. Der Gesetzgeber wollte den nichtrechtsfähigen Verein bewusst benachteiligen, um ihn zu veranlassen, seine Eintragung zu betreiben und sich dadurch staatlicher Kontrolle zu unterwerfen. (§ 61 II aF gab damals der Behörde noch ein Einspruchsrecht gegen die Eintragung politischer, sozialpolitischer und religiöser Vereine!) Doch haben sich die Hoffnungen des BGB-Gesetzgebers nicht erfüllt. So betrachtet die Rechtsprechung die Verweisung in § 54 als „weitgehend überholt“ (BGH NJW 1979, 2304, 2305) und hat sie praktisch in ihr Gegenteil verkehrt. Heute ist § 54 so zu lesen: „Auf nichtrechtsfähige Vereine ist das Recht des rechtsfähigen Vereins entsprechend anzuwenden, soweit nicht zwingende Vorschriften auf die Rechtsfähigkeit des Zusammenschlusses abstellen.“ (Vgl BGHZ 50, 325, 328 f; Palandt/Ellenberger78 § 54 Rn 1). Seitdem der BGH die Außengesellschaft bürgerlichen Rechts als rechts- und parteifähig behandelt (BGHZ 146, 341, s. oben Rn 82a), bewirkt die Verweisung in § 54 Satz 1 im Ergebnis, dass auch der nichtrechtsfähige Verein rechtsfähig und auch parteifähig (s. unten Rn 124) ist.
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c) Wenn hiernach der nichtrechtsfähige Verein wie die Außen-GbR selbst Träger von Rechten und Pflichten sein kann, haftet für in seinem Namen eingegangene Verbindlichkeiten also in erster Linie das Vereinsvermögen. Ob daneben eine persönliche Haftung der Mitglieder besteht, hängt davon ab, inwieweit man über die Verweisung in § 54 Satz 1 die für die BGB-Gesellschaften geltenden §§ 709, 714, 427 anwendet.
Danach könnte V als „geschäftsführender Gesellschafter“ iSv § 709 im Zweifel alle Gesellschafter vertreten, § 714, und sie durch Rechtsgeschäft verpflichten, § 164. In dem Vertrag mit H haben sich die Gesellschafter zu einer teilbaren Leistung (Zahlung des Werklohns) verpflichtet; sie würden daher nach § 427 als Gesamtschuldner haften. H könnte also von jedem Vereinsmitglied den ganzen Betrag fordern, bis er insgesamt das volle Entgelt erhalten hat, § 421.
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Früher wurde dieses für die Mitglieder eines nichtrechtsfähigen Vereins bedrohliche Ergebnis dadurch vermieden, dass man die Vertretungsmacht der geschäftsführenden Gesellschafter und damit die Haftung der Vereinsmitglieder auch ohne eine ausdrückliche Satzungsbestimmung als stillschweigend und für den Vertragspartner erkennbar auf das Vereinsvermögen beschränkt ansah (BGH NJW 1979, 2304, 2306).
Die heute hM lehnt die Anwendung der §§ 709, 714, 427 auf den nichtrechtsfähigen Verein insgesamt ab, weil eine persönliche Mitverpflichtung der Mitglieder für Verbindlichkeiten des (rechtsfähigen!) Vereins nicht zu dessen körperschaftlicher Verfassung passe und die volle persönliche Haftung des Handelnden in § 54 Satz 2 ausreiche (Staudinger/Weick, Bearb. 2005, § 54 Rn 51; vgl Palandt/Ellenberger78 § 54 Rn 12). Dass es sich hierbei um Gewohnheitsrecht contra legem handelt, zeigt sich überdeutlich in der Deliktshaftung (s. unten Rn 121 f).
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Die Haftungsbeschränkung gilt als Regelfall aber nur für den nichtwirtschaftlichen nichtrechtsfähigen Verein. Denn für den wirtschaftlichen Verein ist in Anbetracht der Gläubigerinteressen und der Gewinnerzielungsabsicht der Mitglieder die gesamtschuldnerische unbeschränkte Haftung in Annäherung an die OHG (vgl § 128 HGB) vollauf angemessen (vgl BGHZ 22, 240, 244; Medicus/Petersen11 Rn 1155).
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Danach kann H aus dem Vertrag mit dem Wanderclub keine Ansprüche gegen die Mitglieder persönlich auf Zahlung herleiten. Jedes Mitglied muss lediglich dulden, dass in das Vereinsvermögen vollstreckt wird. Zur Geltendmachung der Haftung des nichtrechtsfähigen Vereins s. unten Rn 123.
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3. Im Interesse der Gläubiger ordnet § 54 Satz 2 die persönliche Haftung des Handelnden an, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er Mitglied des nichtrechtsfähigen Vereins oder zu dessen Vertretung berechtigt ist oder nicht (BGH NJW-RR 2003, 165).
Diese Haftung kann nur durch ausdrückliche Vereinbarung zwischen dem Handelnden und dem Dritten ausgeschlossen werden. § 54 Satz 2 wird von der Praxis auch nicht „weginterpretiert“. Die Vorschrift macht das Handeln für einen nichtrechtsfähigen Verein zu einem riskanten Geschäft. Derjenige, der die Dacharbeiten bei H namens des Wanderclubs bestellt hat, haftet dem H für den Werklohn. Der Handelnde wird also alles daran setzen, damit der Verein zahlt, um nicht selbst erfüllen zu müssen.
Teil I Die Rechtssubjekte › § 6 Haftungsverhältnisse beim rechtsfähigen und beim nichtrechtsfähigen Verein. Vorverein. Rechtfertigungsgründe › II. Haftung des Vereins aus unerlaubter Handlung