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Erstmals bekamen wir nun auch die übrigen Insassen dieses Gefangenenlagers zu Gesicht.

Es war eine recht gemischte Gesellschaft von Männern aller Altersstufen. Sie trugen alle möglichen Kleidungsstücke, denn der Befehl der Suggestoren hatte ihnen kaum Zeit gelassen, sich für die Reise zum Hochplateau umzuziehen.

Auch einige Polizeioffiziere in voller Uniform, natürlich aber ohne Waffen, waren darunter.

Allen gemeinsam jedoch war der hilflose Ausdruck stiller Resignation. Normalerweise hätten die Tausende von Menschen sich unterhalten, trotz ihrer Lage gelacht oder geschimpft, je nach Temperament. Diese hier aber schlurften stumm vor sich hin wie eine geschlagene Armee und boten in ihrer Hoffnungslosigkeit das vollendete Bild einer Schar von willenlosen Sklaven.

Bitternis stieg in mir auf, als ich sie beobachtete, wie sie auf die beiden großen Antigravplattformen zugingen, auf denen große Essensbehälter standen.

Das hätte es wirklich nicht geben dürfen, dass eine Rasse intelligenter Wesen Mitglieder einer anderen aufgrund ihrer besonderen Fähigkeit in ihre Dienste zwang. Die Interstellare Union hatte Hunderte von Planeten besiedelt und auf vielen auch mehr oder weniger zivilisierte Rassen gefunden. Wir hatten Gesetze, die es streng verboten, deren Angehörige irgendwie zu Dingen zu zwingen, die sie nicht freiwillig tun mochten. Gewiss, es gab überall Außenseiter, die diese Gesetze übertraten, doch dafür hatten sie auch mit strengen Strafen zu rechnen, wenn das herauskam.

Diese Insekten aber ...

Etwa zwei Dutzend von ihnen waren mit den Plattformen gekommen und gingen nun daran, die Verpflegung auszuteilen. Ich beobachtete sie aufmerksam.

Von Rechts wegen hätte es sie gar nicht geben dürfen. Zu allen Zeiten waren sich die Wissenschaftler darüber einig gewesen, dass Insektenrassen nie eine bestimmte Größe überschreiten könnten. Das hing mit ihrem besonderen Atemmechanismus zusammen, der einfach nicht imstande war, einen menschengroßen Körper zu versorgen. Jedes dieser Wesen hätte schon in früher Jugend jämmerlich ersticken müssen.

Diese hier aber waren so groß wie Menschen und doch sehr lebendig, und ich fand auch bald den Grund dafür heraus. Sie waren Lungenatmer wie wir, also eine höchst bemerkenswerte Spezies, und das erklärte alles.

Kurz nach uns waren auch die Polizistinnen aus dem Haus gekommen, und ich wartete, bis sie uns eingeholt hatten. Ich lächelte Miss Vieten an.

„Eigentlich hatte ich Ihnen ja Grillen versprochen, die uns hier begrüßen würden. Aber diese niedlichen Kreaturen, da kommen den Grillen doch der Art nach ziemlich nahe, nicht wahr, wenn sie auch nicht zirpen.“

Major Vieten sah mich mit einem so unterkühlten Blick an, dass ein empfindsamer Mensch davon bestimmt einen Schnupfen bekommen hätte.

„Sparen Sie sich Ihre Scherze für jemand anders auf, Mr. Barkley“, sagte sie unfreundlich. „Stattdessen sollten Sie lieber nach einem Mittel suchen, wie wir hier wieder herauskommen, ehe uns diese Biester sonst wohin verschleppen können.“

Wie kommt es nur, dass auch die nettesten Frauen in den seltensten Fällen Sinn für Humor haben?

Nach etwa einer Viertelstunde hatten auch wir unsere Rationen empfangen. Sie bestanden in dem schon von Joe Filipowsky erwähnten Brotersatz und einem undefinierbaren gekochten Gemüse, in dem Stücke einer fleischähnlichen Substanz schwammen. Das roch nicht einmal schlecht – nun ja, Nutzvieh muss eben entsprechend gefüttert werden, wenn es etwas leisten soll.

Ich fragte eines der Insektenwesen – für mich sahen sie alle gleich aus, und ich konnte nicht erkennen, ob die beiden dabei waren, die uns zuerst empfangen hatten – was man mit uns acht Nachkömmlingen zu tun gedenke. Zu meiner Überraschung bekam ich sofort eine präzise Auskunft.

„Sie haben die Schlafperiode einzuhalten wie alle anderen auch. Morgen früh wird an Ihnen eine Detektoruntersuchung vorgenommen werden.“

„Und was wird dann mit uns geschehen?“, bohrte ich weiter.

Das Insekt hob zwei seiner Hände.

„Das können wir Ihnen nicht sagen. Die Herren werden darüber befinden, wenn ihnen das Ergebnis der Untersuchung vorliegt.“

„Wer sind diese geheimnisvollen Herren überhaupt?“, fragte ich gerade heraus.

Die Antwort fiel ausgesprochen nichtssagend aus.

„Vielleicht werden Sie es morgen erfahren. Essen Sie jetzt, anschließend beginnt Ihre Schlafperiode.“

Die Plattform setzte sich wieder in Bewegung, und ich war so klug wie zuvor.

„Tröste dich mit uns, Blacky“, meinte Joe. „Wir sind jetzt schon mehrere Tage hier, aber noch keiner von uns hat einen der Herren zu Gesicht bekommen.“

Ich kniff die Brauen zusammen.

„Das kommt mir eben verdächtig vor, Joe. Warum verstecken sie sich vor ihren neuen Sklaven? Irgendwie hat die Sache noch einen Haken – man müsste zusehen, dass man diesen zu packen bekommt!“

„Vielleicht kann ich Ihnen dabei helfen“, machte sich Robby bemerkbar.

Ich nickte langsam.

„Die Idee ist nicht schlecht, Boy. Essen wir erst einmal, dann können wir überlegen, wie das wohl zu bewerkstelligen wäre.“

Langsam gingen wir mit unseren Essgeschirren aus Plastik zu unserer Unterkunft zurück.

Nach wie vor unterlagen wir einer permanenten geistigen Beeinflussung. Das erklärte meine Theorie, dass diese auf mechanische Weise vorgenommen wurde. Es gab nie Schwankungen in der Intensität, die unbedingt hätten vorkommen müssen, wäre sie durch lebende Gehirne betrieben worden.

Sie war nicht voll zu erfassen, sondern nur in manchen Details. Sie errichtete einfach Tabus um gewisse Dinge. Keinem der Entführten war es möglich, sich dem Ausgang der Höhle weiter als bis auf zwanzig Meter zu nähern, wodurch jeder Fluchtversuch von vornherein illusorisch wurde.

Tabu waren auch unsere Bewacher. Sie erschienen stets unbewaffnet, und doch wäre es niemandem in den Sinn gekommen, sie etwa anzugreifen. Dabei wäre es für die weit in der Überzahl befindlichen Männer leicht gewesen, sie zu überwältigen, wenn sie mit der Verpflegung kamen.

Doch was hätte das schon genützt? Die Tore weit im Hintergrund der Höhle, wo sie und die Herren sich aufhielten, waren für uns ebenso tabu wie der Weg nach draußen.

Wir aßen schweigend. Das Essen schmeckte ganz gut, aber trotzdem wollte es keinem so recht munden. Unablässig kreisten unsere Gedanken, suchten nach einem Ausweg aus unserer hoffnungslosen Lage; nach einem Weg, der uns zurück in die menschliche Gemeinschaft führen konnte.

Bald nach dem Essen erlosch das Licht allmählich, und Dunkelheit senkte sich über die gesamte Höhle. Trotzdem dachten wir noch nicht an Schlaf. Wir, das waren Joe Filipowsky, der zu uns gekommen war, ich, und natürlich Robby, der sich sonst nachts auf Minimalleistung schaltete, wenn er nicht gebraucht wurde. Wenn es jemanden gab, der etwas für uns tun konnte, so war er es, der allen paramentalen Einflüssen völlig unzugänglich blieb.

Er war es auch, der mit einem fertigen Plan aufwartete, als die Rede auf unser Problem Nummer eins kam.

„An sich wäre es vielleicht besser, noch einen Tag zu warten, ehe etwas unternommen wird, damit ich weitere Fakten sammeln kann“, sagte er. „Doch eben das Fehlen wichtiger Informationen macht es erforderlich, dass bald etwas getan wird. Vielleicht beabsichtigen die Fremden, uns schon morgen von Lowins Planet wegzubringen, die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig. Ich werde also – Ihr Einverständnis vorausgesetzt, Sir – mich um Mitternacht auf den Weg machen, um soviel wie möglich über die Fremden und ihre Absichten zu erfahren. Sollte mir das nicht gelingen, weil sie vielleicht auch schlafen, so kann ich doch ihre technischen Anlagen auskundschaften, was für uns im Falle plötzlicher Veränderungen der Lage von großem Vorteil sein kann.“

„Einverstanden“, nickte ich. „Doch wie willst du in die Räume der Fremden gelangen? Ich nehme an, dass sie diese für alle Fälle gut abgesichert haben.“

Mein Gehilfe zeigte nach langer Zeit wieder einmal Zeichen von Überheblichkeit.

„Sie vergessen immer wieder, dass ich kein gewöhnlicher Dienstautomat bin, Sir. Ich sehe ihn Dunkeln besser als Sie am Tage, und in meinem Programm befinden sich alle Informationen, um Sicherungen und Alarmanlagen erkennen und ausschalten zu können. Auch das Öffnen komplizierter Schlösser ist für mich kein besonders Problem.“

„Ihr zwei hättet unter die Einbrecher gehen sollen“, grinste Joe Filipowsky. „Aber Scherz beiseite – angenommen, die Insekten haben Wachen aufgestellt, die ihre Anlagen bewachen. Was willst du dann tun?“

Ich konnte Robbys Gesicht nicht sehen, aber ich war sicher, dass er jetzt überlegen lächelte.

„Auch das kann ich rechtzeitig bemerken, weil ich über vorzügliche Sensoren verfüge. Sollte es trotzdem Komplikationen geben, dann habe ich immer noch die beiden Schocker, mit denen ich etwaige Gegner weit schneller ausschalten kann, als sie zu reagieren vermögen.“

Ich schüttelte nachdrücklich den Kopf.

„Das kommt überhaupt nicht in Frage, Boy. Alles, was du tust, muss so heimlich wie nur möglich geschehen. Anderenfalls kann es passieren, dass die Fremden ihre gesamte bisherige Taktik ändern und uns so streng bewachen, dass auch du nichts mehr ausrichten kannst, wenn es darauf ankommt. Sie dürfen überhaupt nicht ahnen, dass es hier drin ein Wesen gibt, das nicht unter ihrem suggestiven Einfluss steht. Das allein bewahrt uns die Chance, dich wirkungsvoll einsetzen zu können, sobald es darauf ankommt.“

Pünktlich um Mitternacht ging Robby los.

Wir beide konnten naturgemäß nicht schlafen und erzählten uns Episoden aus unserem Leben seit unserem letzten Zusammentreffen. Trotzdem verging die Zeit für uns mit quälender Langsamkeit, wie immer, wenn man auf wichtige Dinge warten muss.

Space Opera Großband September 2018: 1226 Seiten SF Sammelband

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