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Die erste Zeit Einreise in den Tschad
ОглавлениеDer Morgen dämmerte als Gerd mit dem Rover bei Gudrun vorfuhr. Ich warf die Tasche mit meinen persönlichen Sachen auf die Ladefläche, verstaute die Fotoausrüstung so sicher wie möglich und setzte mich auf dem Beifahrersitz. Gerd fuhr die Hauptstraße hinunter nach Norden.
Auf der Asphaltstraße schnurrte der Rover mit 100 km/h dahin. Gelegentlich umfuhr Gerd ein Schlagloch und manchmal tat es einen kräftigen Schlag. Nach etwa 15 Minuten endete der Asphalt abrupt vor einer Hügelkette. Die Straße wurde schmaler und schlängelte sich durch die nicht sehr hohen, jedoch steil ansteigenden Hügel. An einigen Stellen bildete der nackte Fels die Fahrbahn.
Gerd hatte das Tempo kaum verringert und der Wagen driftete, eine riesige Staubfahne hinter sich herziehend, auf dem Schotter durch die Kurven.
Gelegentlich gaben die Hügel die Sicht frei auf eine sich nähernde Staubfahne. Es gab also Verkehr auf dieser Straße. Bisher waren uns nur einige Eselskarren begegnet. Gerd hatte das Tempo dann kaum gedrosselt und eine Staubwolke hüllte die Gespanne vollkommen ein. Wohl nicht sehr angenehm Mensch und Tier.
Die Staubwolke kam näher. Wir glitten durch die nächste Kurve und sahen den Lkw. Ein älterer Mercedes 1113. Die Ladung reichte bis hoch über das Fahrerhaus. Mit dem Rücken zur Fahrtrichtung nutze eine Gruppe bunt gekleideter Afrikaner, auf der Ladung kauernd, die schnelle Transportmöglichkeit. Kurz bevor wir mit dem Lkw auf einer Höhe waren, schlossen wir Lüftungsklappen und Fenster. Die Staubwolke hüllte uns ein, doch Gerd drosselte die Geschwindigkeit nicht. Die Straße verlief hier gerade und Hindernisse waren vorher nicht zu erkennen. Die Staubwolke setzte sich nur langsam.
Die Landschaft änderte sich wieder. Die Hügel wurden sanfter und die Straße breiter. Die Straßendecke, sofern man davon sprechen konnte, hatte sich auch geändert. Die Staubfahne hinter uns war jetzt rot, nicht mehr grau. Die Straße war aus roten Lateritschotter hergestellt. In regelmäßigen Abständen hatten sich auf dem Belag kleine Wellen gebildet, wie bei einem Wellblech. In den wenigen Kurven driftete der Wagen dadurch noch stärker, denn bei 80 km/h berührten die Räder nur die Kuppen dieser Wellen. Fuhren wir langsamer, dann schüttelte es den Rover mächtig durch.
Nach etwa einer Stunde Fahrzeit sah ich am Straßenrand das erste Verkehrsschild, ein Vorwegweiser. In 1000 m führte die N1 weiter nach Maroua und rechts ging es nach Pala (Tschad). An der Kreuzung selbst wies nur ein kleines, ramponiertes Schild auf den kleinen Grenzort Leré im Tschad hin.
Nach wenigen Kilometern sahen wir eine Ansammlung von Häusern. Einige Fahrzeuge parkten vor einem rechteckigen, aus Lehmziegeln errichteten Gebäude. Über dem Eingang ein großes Schild, mit bunten Buchstaben ‘BAR’. Wir hielten an, es war Zeit für eine Pause.
Durch die offene, grün gestrichene, einfache Holztür gingen wir in den durch schwaches elektrisches Licht erleuchteten, fensterlosen Gastraum, setzten uns an einen der rustikal gezimmerten Tische und bestellten bei der rundlichen Barfrau eine Cola. Die übrigen Gäste standen an der Theke und diskutierten in einer der einheimischen Sprachen. Es ging wohl um den Fahrpreis für die Mitfahrt auf einem der Peugeot 403 vor der Bar.
„Ab hier wird die Straße schlechter. Bis zur Kameruner Grenzstation sind es noch 10 km, dann 20 km bis zur tschadischen Station. Danach noch 15 km und wir sind in Léré. Ab da wird die Straße dann wieder besser.“ klärte Gerd mich über den nächsten Abschnitt der Strecke auf.
Die Landschaft änderte sich wieder. Es wurde wieder hügeliger und gleichzeitig felsiger. In einigen Bereichen schlängelten sich unregelmäßige, grüne Streifen durch die braunen Hügel. Die Lateritpiste war wieder zu einer Schotterstrecke mutiert, auf der in manchen Abschnitten der nackte Fels frei lag. Dann ging es in scharfen S-Kurve steil bergab. Wir erreichten eine gemauerte Bogenbrücke, die über ein tief eingeschnittenes, ausgetrocknetes Flussbett führte, in dem nur kleine Wasserstellen zwischen Felsen und Sandbänken aufblitzten.
Die Piste wurde mit jedem Kilometer schlechter. Als wir an einem Schlagbaum vorbei fuhren, fragte ich: „Ist das die Grenze? Wir sind doch erst ein paar Kilometer gefahren.“
„Nein, hier wird bei starkem Regen die Straße gesperrt. Dann solltest du auch besser hier warten, bis die Strecke wieder frei gegeben wird. Wenn du trotzdem durchfährst, bleibste mit größter Wahrscheinlichkeit im Dreck stecken.“
Der Zustand der Straße wechselte jetzt ständig. Wir hatten gerade ein Schotter und Felsenstück passiert. Jetzt lag vor uns ein Stück mit drei tiefen Spuren, jede so breit wie die Zwillingsreifen eines Lkw. Gerd steuerte den Rover auf die zwischen den Spuren liegenden hohen Streifen. Wäre er durch die Rinnen gefahren, hätte es nicht lange gedauert bis sich alle vier Räder des Rovers in der Luft gedrehten.
„Merde, was ist das?“ Der Wagen hing nach hinten rechts. Ich schaute hinaus und stellte fest: „Wir kriegen einen Plattfuß. Der Reifen beult schon aus.“
„Na, dann wollen wir mal sehen, dass wir das Stück noch heile hinter uns bringen. Ich hab keine Lust hier noch Steine und Knüppel zu sammeln, damit wir den Reifen wechseln können.“ kommentierte Gerd gelassen.
Gerd schaffte es, die obere Spur zu halten und rumpelnd kam der Wagen auf Schotter zum stehen. „Den Weg nach Pont Carol habe ich noch nie ohne Platten geschafft. Wenn du hier nicht allein weiter kommst, kannste lange auf Hilfe warten. Manchmal sind nur vier, fünf Autos pro Tag unterwegs.“ Während er das sagte, kramte er den Wagenheber und den Kreuzschlüssel hervor. Die Sonne brannte vom Himmel obwohl es noch Vormittag war.
Wir legten eine kurze Pause ein. „Das Schlimmste haben wir hinter uns.“ sagte Gerd, und stieg auf der Beifahrerseite ein. Wir hatten jeder zwei Liter Wasser dabei und fasst die Hälfte schon verbraucht. Über ein schattiges Plätzchen hätten wir uns gefreut, die lockeren Büsche zwischen dem hüfthohen, fast vertrocknetem Gras warfen jedoch kaum Schatten. Jetzt musste ich beweisen, dass ich diese Piste auch beherrschte.
Vor uns wieder ein Schlagbaum, daneben ein Fahnenmast, am dem die Kameruner Flagge schlaff in einer leichten Brise schaukelte und etwas seitlich ein keines Gebäude. Die Kameruner Grenzstation war erreicht. Ich fuhr langsam auf die geöffnete Schranke zu. Niemand kam aus dem Haus, um uns zu kontrollieren. Die Grenzstation war nicht besetzt. Wir passierten ohne anzuhalten, waren aber noch immer in Kamerun.
“So, das war’s. Ab jetzt wird’s wieder besser.“ bemerkte Gerd, als ich mein erstes Stück mit den drei tiefen Spurrinnen absolvierte. Wir fuhren wieder durch eine Ebene. An der rechten Seite sah ich immer wieder spiegelnde Wasserflächen und an einigen Stellen reichte eine üppige Vegetation mit Palmen bis an die Straße heran. Am liebsten hätte ich hier angehalten und mich nach Vögeln umgeschaut.
Unser Rover begann wieder zu holpern. „Merde, was ist denn jetzt schon wieder? Halt mal an.“ fluchte Gerd, als das Ruppeln nicht weniger wurde. Als der Wagen stand, öffnete er die Tür schaute nach hinten, konnte aber nichts erkennen. Ich fuhr wieder an. Das gleichmäßige Stoßen von hinten rechts war immer noch da. Ich stoppte wieder. Gerd stieg aus und schaute zwischen die Achsen, ohne etwas zu entdecken. Dann ging er nach hinten und sah sich die Reifen genauer an. Er begann heftig zu schimpfen: „Diese schwarzen Idioten, ich habe denen doch gesagt, dass der Reifen einen Schnitt an der Seite hat. Wer hat denn den wieder ins Regal gestellt.“ Das Gewebe war weit eingerissen. Auf der Innenseite hatte der Reifen eine schöne, große Beule.
Jetzt brannte die Sonne richtig. „Sind wir jetzt in Kamerun oder schon im Tschad?“ wollte ich wissen als Gerd den Wagenheber ansetzte und fleißig kurbelte. „Das kann ich dir auch nicht sagen. Irgendwo hier wird die Grenze wohl sein.“
„Mensch haste das gesehen? Ein Schlangenhalsvogel.“ Ich hatte sofort vergessen, dass mir heiß war und der Schweiß in den Augenbrauen hängen blieb.
Die Überraschung, ein Schlangenhalsvogel.
„Ne, nix da Vögel gucken, fein weiter kurbeln.“ Gerd und gab mir die Kurbel in die Hand. „Wir wollen ja heute noch ankommen und nicht auf der Strecke übernachten.“ Er holte den Ersatzreifen von der Motorhaube und ich kurbelte. Er hatte sich noch nicht beruhigt und schimpfte immer wieder über einen Jaque.
„Hier kommt ja wenigstens ab und zu ein Auto. Stell dir vor, das passiert auf einer Nebenstrecke, wo tagelang keiner vorbei kommt.“
„Ich dachte, wir sind schon auf einer Nebenstrecke.“
„Ne, es geht noch schlechter. Solche Dinge, wie Reifen prüfen und auswechseln müssen einfach sitzen. Ich habe keine Lust hier einige Stunden durch die Sonne zu laufen, bis ich vielleicht jemanden finde, der mir helfen kann. Nur weil so’n Idiot seine Arbeit nicht ernst nimmt.“
Seit wir die Bar verlassen hatten, war uns weder ein Auto noch ein Esel- oder Ochsenkarren begegnet, noch hatten wir irgend jemanden gesehen. Mir wurde jetzt bewusst, dass ich auch schon seit längerer Zeit keine Hütten mehr in der Nähe der Straße gesehen hatte. Auf den letzten Kilometern hatte ich nur noch Augen für die Schönheit dieser Landschaft. Langsam begriff ich Gerds Verärgerung. In Berlin hatte man immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig Eigensicherung ist. Dazu gehörte auch eine gute Ausrüstung. Risiken abschätzen, dann entscheiden und bewusst eingehen oder ablehnen.
Irgendwie nahm ich das heute alles sehr gelassen. Es war in den letzten Wochen schon so viel schiefgegangen. Da konnte mich ein platter Reifen mehr oder weniger auch nicht mehr aus der Fassung bringen.
Wir erreichten die tschaddische Grenzstation. Auch hier war niemand. Ein Schild wies daraufhin, dass sich die Reisenden in der Zollstation in Pala melden sollten und dort die Einreiseformalitäten erledigt werden.
Also dann weiter. Warum denn überhaupt diese Grenzstationen? fragte ich mich.
Die Straße wurde besser, was bei dem Zustand des letzten Abschnitts nicht viel hieß. Neben der Straße sah man gelegentlich wieder kleine Gruppen von Hütten und auch Ochsen- und Eselkarren waren wieder unterwegs. Offenbar näherten wir uns wieder einer größeren Ortschaft.
Wir passierten Leré und erreichten wenig später Pala, die Hauptstadt der Präfektur Mao Kébbi. Mao Kébbi, so hieß der Fluss, dessen Lauf wir eine Zeit lang gefolgt waren. Er floss nicht in Richtung Tschadsee, wie die meisten Flüsse des Tschad, sondern in den Benue und damit über den Niger in den Atlantik.
Die Straße öffnete sich am Ortseingang zu einem breiten ‘Boulevard’. In mehreren Reihen standen Flambayonbäume, eine Akazienart, entlang der Straße. Rechts und links einige massive Häuser die auch schon bessere Zeiten erlebt hatten. Das Schild „Douane“ hatte ich übersehen und Gerd wies mich an, nach links, die kleine Anhöhe hinauf zu fahren. Von oben konnte man den Ortseingang gut einsehen. Die holperige Straße endete vor einem Haus, das ebenfalls die besten Jahre schon hinter sich hatte. Fenster und Türen waren weit geöffnet und als sich der Rover näherte, traten zwei Uniformierte, Gewehr über der Schulter, vor die Tür. Der Rover stoppte vor der Eingangstür. Gerd stieg aus und begrüßte die Uniformierten. Er gab ihnen die bereit gelegten Pässe und wir gingen ins Haus.
Die Amtsstube war armselig eingerichtet. Ein grober Tisch stand in der Mitte, an der Seitenwand ein Regal in dem noch vier weitere Gewehre standen. Auf dem Tisch ein Ablagekörbchen für Papiere und ein riesiger Stempelhalter mit allerlei Stempeln und ein ebenso großes Stempelkissen. Der Uniformierte mit den drei Schulterstreifen setzte sich hinter den Schreibtisch und blätterte wichtig in den Pässen.
„Sie waren schon öfter im Tschad?“ fragte er Gerd, obwohl das aus seinem Pass hervorging. „Und sie, Monsieur, sie reisen das erste Mal ein?“
„Qui, Monsieur.“
„Was werden Sie im Tschad machen?“ Die Frage war an mich gerichtet.
„Ich bin technischer Berater in verschiedenen Projekten in Mao Kébbi.“ Wie sollte ich meine Aufgabe sonst beschreiben? Ich wusste ja selbst noch nicht, was alles auf mich zu kam und technischer Berater hörte sich gut an.
„Oui, dann kommen Sie bitte jedes mal, wenn Sie ein- oder ausreisen, hier vorbei und fahren Sie nicht einfach durch, wie vorhin.“
„Monsieur, das war ein Versehen, er ist neu und hat das Schild übersehen.“ schaltete sich Gerd ein.
„Cava, cava, Monsieur.“ Beruhigte der Beamte und gab lächelnd die Pässe zurück.
Wir gingen alle vier zum Auto und die Ladung wurde inspiziert. „Alles nur privater Kram.“ erklärte Gerd.
„Ist das wahr?“
„Ja, das ist wahr. Soll ich etwas bei Seite räumen?“ fragte Gerd genervt.
„Non, non, se tu. Bon Voyage Messieurs.“ Er grüßte militärisch, drehte sich um und ging. Sein Kollege folgte ihm. Gerd und ich stiegen wieder in den Rover. Beim wenden, sahen wir, dass die beiden im Haus mit einander redeten und einer der beiden zu einem Telefon griff, das wir nicht bemerkt hatten.
Wir fuhren zum ‘Boulevard’ zurück und bogen in Richtung Pont Carol ein. Der Boulevard öffnete sich zu einem großen Platz. Unter den Flambayonbäumen hatten vereinzelt Händler ihre Waren ausgebreitet. Ein großer Markt war das hier nicht. Hinter der letzten Reihe Akazien stand ein lang gestrecktes, eingeschossiges Gebäude mit Arkaden. Über der zweiflügeligen Eingangstür war der Schriftzug „Präfektur de Mao Kébbi“ in den Putz eingearbeitet. Also das war die Hauptverwaltung der Region. Hier würde ich demnächst wohl häufiger irgendwelche Papiere ausfüllen müssen.
Um die Händler und Kunden des Marktes nicht mit zu viel Staub einzunebeln, fuhren wir langsam durch den Ort. Der Platz wurde wieder zur Straße. Vor der nächsten, großen Kreuzung entdeckte ich ein Hinweisschild „Fianga 45 km“. Ja, da sei das zweite Projekt. Dort sei aber noch nicht einmal richtig begonnen worden.
Die Lateritpiste war jetzt so breit, dass sich die Lkw wieder bequem begegnen konnten. Entsprechend zügig kamen wir auf der guten, breiten Wellblechpiste voran. Der kleine Landy flog wieder mehr über die Spitzen, als das er fuhr. Doch langsam stellte sich bei Gerd, der nach einem weiteren Fahrerwechsel hinter dem Steuer saß, ein ungutes Gefühl ein. Vorne links schien etwas nicht zu stimmen. Er bremste ab. Der Wagen wurde kräftig durchgeschüttelt und kam holpernd zum Stehen.
„Merde, das ist jetzt der dritte Platten auf dieser Tour. Jetzt hab ich die Nase voll. Der Reifen muss runter, und dann hoffe ich mal, dass man mir nicht nur Flickzeug sondern auch einen neuen Schlauch eingepackt hat, obwohl ich nichts davon gesagt habe.“ schimpfte Gerd und suchte in einer Kiste. Und tatsächlich, es lag auch ein neuer Schlauch neben dem Flickzeug.
Radwechseln, dass hatte ich in Tunesien auch machen müssen. Auf der Straße einen Reifen von der Felge ziehen und einen neuen Schlauch einlegen, das brauchte ich bisher noch nie. Ich war froh, dass Gerd wusste, wie man das macht. Er holte den Reifen der zuerst aufgegeben hatte, öffnete das Ventil, so dass die restliche Luft entweichen konnte, legte das Rad vor das intakte Vorderrad, stieg in den Wagen und fuhr langsam auf den Reifen. Der Reifen löste sich mit einem Knall von der Felge. Er setzte zurück und stieg aus. Das war zugegeben keine besonders schonende Methode, doch im Augenblick die einzige Möglichkeit. Was jetzt kam war Knochenarbeit. Mit den Montiereisen wurde ein Rand des Reifens über die Felge gezogen, dann der Schlauch entnommen und der Reifen von innen auf spitze Gegenstände untersucht. Gerd fühlte das Innere des Reifen sorgfältig ab. Zur Sicherheit musste auch ich noch einmal durchtasten, denn wenn jetzt noch einmal etwas geschehen sollte oder ein Dorn übersehen wurde, mussten wir wohl auf der Piste übernachten. Die Nebenstrecke zur Landwirtschaftsschule bei Nacht zu fahren, war wegen der ungewöhnlichen Brücken und Wasserdurchfahrten gefährlich. Bei unserem ‘Glück’ wollten wir das nicht riskieren und so arbeiteten wir, ohne viel zu reden.
Schlauch einlegen, Reifenrand wieder über die Felge ziehen und dann mit der Fußpumpe mindestens drei Bar Reifendruck herstellen. Die Nadel des Manometers schnellte bei den ersten Tritten auf die Fusspumpe auf drei Bar herauf, nur um dann schnell wieder auf Null zurückzufallen. Langsam baute sich der Druck im Reifen auf. Je näher sich die Nadel bei drei einpendelte, um so kräftiger musste zugetreten werden. Der Schweiß lief uns von der Stirn. Die geringe Luftfeuchtigkeit sorgte jedoch dafür, dass die Kleidung nicht lange feucht blieb
Genervt wurde wieder alles im Rover verstaut. Vor uns lagen noch ein paar Kilometer auf der Piste, dann bogen wir links in einen kleinen Weg ein. Ein Hinweisschild gab es nicht und so wäre Gerd fast an der Abzweigung vorbei gefahren. Der Weg war jetzt nur noch so breit, dass man bei Gegenverkehr ins hohe Gras ausweichen musste.
Langsam versank die Sonne glutrot am Horizont. Die Vegetation änderte sich wieder und statt der Baumwollfelder, die gelegentlich bis an die Piste heranreichten, gab es Bäume mit bis zu armdicken Stämmen. Die Piste wurde feuchter und dann richtig matschig. Vor uns lag eine mehrere Meter breite Wasserfläche. Gerd stoppte den Rover und legte das Untersetzungsgetriebe und die Differenzialsperre ein. Er fuhr an und schaltete bis in den dritten Gang. Der Motor lief auf Hochtouren und der Wagen schlingerte in der Fahrspur von rechts nach links und wieder zurück. Das Wasser schwappte in einer Welle über die Motorhaube. Es schien als gleite der Rover über den Schlamm. Dann griffen die Räder auf festem Grund. „So, das war’s. Jetzt bleibt alles trocken. Noch 10 km und wir sind da.“ erklärte Gerd erleichtert.
Die Sonne war unter gegangen und die kurze Dämmerung schon fast in die Nacht übergegangen als die Lichter einiger Häuser zwischen den Büschen aufblitzten. Nach fast zwölf Stunden war das Ziel erreicht.