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Auf mich allein gestellt

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Am nächsten Morgen brachte Max zeitig den Camion vorbei. Er stellte ihn neben der Hütte ab und bat mich kurz heraus, um mir die Eigenheiten des Rovers zu erklären. „Erstens: Er verbraucht recht viel, darum hat er vorne an den Radkästen je einen 20 ltr Reservetank. Die sind beide voll. Fahr also nicht unbedingt irgendwo vor. Zweitens: Die Motorhaube ist nur mit zwei Gummihaltern arretiert, also immer ein Reserverad drauf lassen und drittens: Das Zündschloss ist kaputt. Du musst immer mit dem roten Knopf im Armaturenbrett die Zündung einschalten und mit den zwei Drähten unter dem Lenkrad starten. Bremsen und Lenkung sind d’acore. Wenn Dir irgendetwas auffällt, weißt Du ja, wo Jacques zu finden ist. Er wird sehen, was sich machen lässt. Viel Spaß beim Fahren. Das ist ein 2,8 ltr Benziner, der geht ab wie ne Rakete, also fahr vorsichtig.“

Mir war klar, jetzt geht es zur Sache. Ich lebte zwar hier in der Schule, bei meiner Aufgabe war ich aber auf mich allein gestellt. Ich konnte hier nur in begrenztem Umfang Hilfe erwarten. Meine Aufgabe wollte und musste ich allein bewältigen.

Ich füllte die Wasserflasche auf, steckte sie in den Sisalsack, tauchte alles zusammen ins Wasser und hing den Beutel mit der Flasche über den Seitenspiegel. Die Verdunstung durch den Fahrtwind hielt das Wasser länger kühl. Ich packte meine Sachen ein und hätte fast meine Kamera vergessen. Ich wollte möglichst jeden Schritt auf der Baustelle dokumentieren.

Auf der Baustelle war mein Maurer mit zwei Helfern dabei, die verstärkten Mauern aus Feldsteinen und Zementmörtel an den Türlaibungen herzustellen. Es gab eine lange Diskussionen über die Verwendungsmöglichkeiten einer Wasserwaage. Die Helfer aus dem Dorf matschten im Lehm und drückten ihn in eine Holzform. So wurde Stein für Stein hergestellt.

Wie sollte ich die Türöffnungen überdecken? Schließlich mussten noch einige Schichten über der Tür gemauert werden. Ein Betonsturz musste her. Kaufen war nicht möglich, also, selber machen. Kies war jedoch nirgends auf der Baustelle zu finden. Sand war auch nur ein kleiner Haufen vorhanden und der wurde für das Feldsteinmauerwerk gebraucht. Baustahl gab es auch nicht. Ich müsste heute Abend Max fragen, vielleicht hatte er ja eine Lösung. Als untere Schalung konnte ich das Fundamentmauerwerk verwenden, dann hatte ich auch gleich den richtigen Bogen. Schalmaterial gab es auch nicht. Ich war zuversichtlich, in der Schule würden sich schon einige alte Bretter finden lassen, die man als Schalung verwenden konnte.

Was war mit den Türen und Fenstern? Gerd hatte mir zwar gesagt, dass er die Sachen in Pala bei einem Tischler bestellt hatte. Wir hatten aber nicht darüber gesprochen, wo der Tischler in Pala zu finden war.

Es war ungefähr ein Uhr war, als die gesamte Mannschaft die Arbeit beendete. Die Dorfleute gingen nach hause und die Maurertruppe verabschiedete sich auch bis morgen. Fünf Stunden arbeiten, das war eigentlich zu wenig, wenn die Hütten termingerecht fertig werden sollten. Verärgert sprach ich meinen Maurer auf die Arbeitszeiten an. „Die Leute aus dem Dorf gehen heute Nachmittag auf ihre Felder und arbeiten dort weiter. Ich muss meinem Bruder helfen, dafür kann ich bei ihm wohnen. Ich komme ja nicht aus diesem Dorf.“ begründete der Mann die Arbeitszeiten. Maurer, überhaupt fast alle Bauberufe, waren Wanderberufe. Die Arbeiter gingen dorthin, wo die Arbeit war. Sie zogen kreuz und quer durchs Land.

Einen Brunnen gab es auch noch nicht. Wo sollte der angelegt werden? Das Wasser für die Baustelle wurde in alten Fässern aus dem Bach herangerollt.

Nachdem ich im Schatten meines Wagens die mitgebrachte Mahlzeit verzehrt hatte, machte ich mich auf ins Dorf. Ich wollte mir den Dorfbrunnen ansehen. Irgendwo mussten die Leute im Dorf ihr Wasser ja herbekommen.

Im Dorf und wurde ich zum Chef de Village eingeladen. Ich erklärte mein Problem mit dem Brunnen und gemeinsam gingen wir dann zwischen den Grasmatten hindurch zum Dorfbrunnen. Der schien nicht besonders tief zu sein. Nach ca. 5 Metern führte der Brunnen Wasser. Allerdings hätte der Brunnen dringend einer Sanierung bedurft. Es war einfach ein Loch in der Erde ohne Randbefestigung oder gar Abdeckung. Hygienisch eine Katastrophe.

Der Fluss, der Mayo-Kébbi, war nicht weit entfernt. Vielleicht könnte man ja von dort Wasser bekommen. Ich ging den Trampelpfad durch das dichte Buschwerk bis hinunter zum Fluss. Alles am Ufer war schlammig und das Wasser grau und schmutzig. Das war keine Lösung. Hier gab es nur Wasser für die Bauarbeiten. Wenn ich es richtig eingeschätzte, waren es nur wenige Meter Höhenunterschied bis zum Bauplatz. Lag keine wassersperrende Schicht dazwischen, dann musste der eigene Brunnen auch nur 5 Meter tief werden. Das Pumpen wäre dann sogar noch mit eine Schwengelpumpe, wie im Garten meines Vaters, möglich.

Ich fuhr heim. Stellte meinen Camion neben der Hütte ab, bereitete mein Abendessen und ging nach der Dämmerung zu Max, dem Mechaniker. Ich klopfte an der Tür und ein groß gewachsener Boy in weißer Hose und weißem Hand öffnete. Nein, der Monsieur sei nicht da. Er sei bei den Stromaggregaten. Das kleine sei schon wieder ausgefallen. Ich ging zur Werkstatt und fand Max mit seinem Chefmechaniker, an dem Generator herum schrauben. Ich begrüßte ich die beiden mit dem mir inzwischen vertrauten Naleh.

„Heute ist es nicht so schlimm. Es ist nur die Sicherung. Wir wissen nur noch nicht, warum das Ding immer wieder durchschlägt. Bei der Beleuchtung sieht man nicht richtig. Jacques, wir sollten das morgen reparieren. Heute ist es eh schon egal ob der läuft oder nicht. Der große läuft ja.“

„Ja, Chef.“ begann Jacques auf Deutsch und auf französisch „Dann packe ich das Werkzeug zusammen.“

„Tu, das.“ Und zu mir gewandt sagte Max: „Was führt dich zu mir? Auch was kaputt?“

„Nein, nein. Ich habe nur ein paar Fragen zum Bauen.“

„Na, dann lass uns mal ein Glas Wein bei der Klärung deiner Fragen trinken.“

Er wischte sich die Hände in einem Tuch ab und kam zu mir herüber.

Wir gingen die Allee entlang zu Max’ Haus, setzten uns auf die Terrasse und ließen uns eine Flasche Wein und Gläser bringen. Ich erzählte von meinen Problemen und Max hatte für alles eine Lösung. „Den Laterit verarbeitet du wie Kies. Ob sich das allerdings langfristig bewährt, hatte noch keiner ausprobiert. Wenn er trocken bleibt, dann sollte das eigentlich lange halten. Ich habe so auch schon mal einen Türsturz hergestellt. Bretter und Baustahl kannst du von der Schule bekommen, wenn du die Materialien wieder beschaffst.“ Das Problem mit dem Brunnen war eigentlich nach dem Gespräch keines mehr. Die Schule hatte zehn Brunnenringe aus Beton zu viel produziert und die lagen Max jetzt eigentlich nur noch im Weg. Er sei froh, die Dinger endlich los zu werden. Dann könne er den Platz endlich nutzen. Jeden Tag einen auf der Ladefläche mit nehmen sei kein Problem. Auf- und Abladen, das sei die eigentliche Aufgabe, doch auch dafür fand sich eine Lösung.

Es war Freitag und neben meinem üblichen Kram packte ich noch ein Säckchen mit Kleingeld ein, dass ich am Abend abgezählt hatte. Heute war der erste Zahltag. Gerd hatte mir einen Sack voll Münzen überlassen. Scheine wollte hier keiner annehmen. Ob es daran lag, dass man dem Papiergeld nicht traute, hatte ich nicht erfahren können. Wechseln konnte die Scheine aber wohl auch keiner. Auch nicht auf dem Markt. Scheine waren für die einfachen Bauern offenbar kein richtiges Geld.

Bis Mittag wurde normal gearbeitet. Die Gruppe, die beim abladen der Brunnenringe geholfen hatte, wartete geduldig seit fast einer Stunde auf die Entlohnung. Ich rief alle Arbeiter zu mir und händigte jedem seinen Lohn aus. Ein guter Zusatzverdienst für die Familien. Den Maurer und seine Helfer ließ ich bis zum Schluss warten. Mit ihnen wollte ich noch über die Arbeitszeiten reden. Ich erwartete keine Superleistungen, aber ich wollte für den Lohn eine gerechte Gegenleistung. Auch die Arbeitsdisziplin konnte noch verbessert werden. Ich hatte nichts dagegen, wenn auf der Baustelle einmal ein Gespräch unter Kollegen geführt wurde, das gab es Deutschland ja auch, doch Anfang und Ende der Arbeit bestimmte ich, und die Leistung musste stimmen.

Über die Arbeitszeiten waren wir uns schnell einig. 7:30 bis 12:30 und falls am Nachmittag gearbeitet wurde, dann ab 15:00 bis 18:00 Uhr. Das Gespräch über die Entlohnung zog sich länger hin. Der Maurer beanspruchte für sich einen höheren Stundenlohn, wenn er am Nachmittag arbeitete. Er habe dann ja auch seinen Bruder für Unterkunft und Verpflegung zu bezahlen. Schließlich einigten wir uns auf einen Tageslohn von 100 CFA 9 etwa 13,00 DM pro Tag. Erfahren Helfer erhielten 80 CFA pro Tag.

Der dritte Mann kam aus dem Dorf und hatte keine Erfahrung als Maurer oder Bauhelfer. Er konnte natürlich nicht den gleichen Lohn erhalten, wie ein erfahrener Mann. Er hatte zwar als einziger meiner Arbeiter eine Schule besucht und konnte rechnen und schreiben, doch es fehlten ihm Erfahrungen auf einer Baustelle. So einigten wir uns auf 65 CFA pro Tag. Damit waren die Verhandlungen abgeschlossen und in der nächsten Woche sollten Lohn und Arbeitszeit gelten.

Der junge Mann aus dem Dorf war der einzige, dem ich seinen Lohn noch nicht ausgezahlt hatte. Er wartete bis sich alle verabschiedet hatten und begann ziemlich selbstbewusst und in gutem französisch: „Monsieur, ich bekomme auch noch meinen Lohn.“

„Ich weiß, ich wollte noch etwas mit dir besprechen.“ Ich übergab ihm seinen Lohn und packte den fast leeren Geldsack in meine Tasche. „In der nächsten Woche können wir mit dem Brunnenbau beginnen.“

„Qui Monsieur.“

„Hast Du schon mal beim Brunnenbau geholfen?“

„Qui, oui, Monsieur.“

„Kennst du noch ein paar Leute, die beim Brunnenbau helfen können? Ich zahle 50 CFA pro Tag.“

„Qui, Monsieur.“ Heute schien Olivier keine anderen Worte als Oui, Monsieur zu kennen.

„Hast du Lust die Gruppe zu leiten?“

„Oui, Monsieur. Wenn du das willst. Ich bin aber auch gerne bei den Maurern. Da kann ich viel lernen und später selber als Maurer arbeiten.“

„Gut, du bist beim Brunnenbau und wenn der fertig ist, gehst du wieder zu den Maurern.“ Begeistert war der junge Bursche nicht. Offenbar ging er davon aus, dass sein Lohn beim Brunnenbau gekürzt würde. „Olivier, dein Lohn bleibt natürlich gleich.“

„Ist das wahr, Monsieur?“

„Qui, ist wahr.“

„Dann bringe ich Montag zwei Männer mit.“

Olivier, der neue Vorarbeiter beim Brunnenbau, war in meinem Alter, groß und kräftig gebaut. Er war der älteste Sohn einer sehr angesehenen Familie im Dorf. Er sprach nicht nur französisch sondern auch mehrere lokale Sprachen. Ich hatte ihn wegen seiner selbstsicheren und ruhigen Art bereits als Dolmetscher eingesetzt. Den jungen Mann hatte ich in den letzten Tagen als sehr zuverlässig, aufgeschlossen und lernwillig kennen gelernt. Bezüglich des Brunnenbaus machte ich mir keine Hoffnung auf besondere Erfahrungen. Ein Loch in die Erde kratzen kann jeder, die Brunnenringe aber so einbauen, dass sie von allein gleichmäßig nach sacken, wenn bereits mehrere Meter geschafft sind, damit hatte ich selbst noch keine Erfahrung und Olivier bestimmt auch nicht, da war ich mir sicher. Einen Brunnen bohrte man in Deutschland oder schlug einen Filter ein, wie im Garten meiner Eltern.

In der nächsten Woche, ging es mit den Bauarbeiten besser voran. Die Mauern der ersten Hütte waren bald bis zu den Fenstern fertig gestellt. Eine weitere Hütte war schon einige Schichten hoch. Doch der Maurer verstand sein Handwerk nur mangelhaft. Es gab immer wieder Diskussionen über die Verwendung einer Wasserwaage. Die Wände waren jetzt aber gleichmäßig kreisförmig und senkrecht.

Die drei Brunnengräber hatten sich nach den ersten Metern auch eingearbeitet. Einmal hatte ich kritisiert, dass der dritte Mann eigentlich nur Lieder singt und Geschichten erzählt. Zwei Arbeiter seien doch genug beim Brunnenbau, einer oben zum Eimer hochziehen und einer unten zum graben. Da hatte Olivier aber heftig widersprochen. „Monsieur, du weißt wie man da unten schwitzt und wie anstrengend es ist, längere Zeit zu graben. Wer gegraben hat macht Pause und zieht beim nächsten Wechsel die Eimer hoch. Wenn wir nur zu zweit sind, dauert der Brunnenbau wesentlich länger, weil wir Pausen machen müssen.“ So richtig entkräften konnte ich diese Argumentation nicht. Ich hatte selbst einige Male unten im Matsch gesessen und geschwitzt. Es blieb bei der dreier Truppe, auch wenn es etwas seltsam aussah, nur einen Sänger und einen Mann mit einem Strick in den Händen zu sehen. Der dritte Mann saß ja im Brunnenschacht und schuftete, hoffentlich. Mmh, eigentlich schon, denn zum Ausruhen war es da unten wirklich zu ungemütlich.

In dieser Woche musste ich unbedingt den Tischler wegen der Fenster und Türen besuchen. Max hatte vor einigen Tagen einige Bestellungen bei der SGCA 10 in Pala aufgegeben, die eingetroffen sein sollten und so fuhren wir eines Morgens gemeinsam nach Pala. Ich lernte die SGCA kennen, eine Handelsgesellschaft bei der man in den entsprechenden Fachabteilungen alles vom Autoersatzteil bis zum Brot kaufen konnte.

Die SGCA war in einem großen, eingeschossigen Gebäude mit hochliegenden, flachen Fenstern untergebracht. Eigentlich nur ein Lagergebäude, das Geschäft lag gegenüber der Präfektur, an einer Kreuzung dessen Seitenstraße in eine Art Gewerbegebiet führte. An ihr lagen rechts und links aufgereiht hinter Mauern und undurchsichtigen Stahltoren einige Handwerksbetriebe, eine Autowerkstatt, eine Metallverarbeitung, eine Baufirma, deren Geräte nicht den Eindruck machten, dass sie viel gebraucht wurden, einige Transportunternehmen mit Lkw-Werkstatt, die eher den Eindruck eines Schrottplatzes machten und eben auch die Tischlerei.

Max erledigte seine Besorgungen bei der SGCA. Ich schob das rostige Tor zur Tischlerwerkstatt auf. Die Tischlerei war in einer teilweise offenen Lagerhalle untergebracht, gebaut aus Lehmziegeln und Nagelbindern mit Wellblechdach. Unter dem weit auskragendem Dach standen und lagen Bohlen und unter dem einzigen Baum auf dem Hof waren zwei Werkbänke aufgestellt, an denen Handwerker mit einer Raubacke 11kräftig hobelten. Einen maschinellen Dicktenhobel gab es offenbar nicht. Im Innern standen an die Außenwand angelehnt fünf Türrahmen und Türblätter. Es fehlten nur noch die Beschläge. Der Chef, ein etwa 30 Jahre alter Schwarzer, trat selbstbewusst auf mich zu und begrüßte mich. „Monsieur, was möchten sie?“

„Ich bin für Monsieur Baumann hier und würde gerne die Türen und Fenster, die er bestellt hat, sehen.“

„Oh, Monsieur, ich habe schon gehört, dass jetzt in Pont Carol ein deutscher Techniker ist. Kommen sie, das sind ihre Fenster und Türen.“ Er zeigte auf die fünf unbehandelten Dinge an der Wand.

Ich hatte mir die Fenster und Türen anders vorgestellt. Die Fenster hatten keine Verglasung. Sie waren eher Fensterläden, wie an alten deutschen Villen. Schräg gestellte, dünne Holzlamellen waren so angebracht, dass man nicht durch die Fenster hindurchsehen konnte. Dadurch wurde die Sonne durch die Anordnung der Lamellen aus dem Raum ausgesperrt. Die oberen Türfüllungen waren ebenfalls aus Lamellen hergestellt. Wind und Luft hatten freien Zugang zum Innenraum, ebenso Mücken und anderes Getier. Wir einigten uns schließlich darauf, innen einen zweiten Flügel anzubringen, der in Ermangelung von Glas mit Grillage, Mückengitter, bespannt werden sollte.

Max hatte mir auf der Fahrt erzählt, dass hier auch der Schrank in meiner Hütte getischlert worden war. Wenn ich auch nicht so ganz mit dessen Verarbeitung zufrieden war, fragte ich, was vier Schränke, wie der den man für Monsieur Max gebaut hatte, kosten würden und wann die Schränke fertig sein könnten. Alternative Betriebe kannte ich ja nicht. Ich war beim besten und wohl auch einzigen richtigen Tischler am Ort. Wenn er das Geld für den Kauf des Holzes vorab bekomme, dann seien die Schränke in drei Wochen fertig. Ich handelte den Preis für die Schränke herunter auf den Preis den auch Max bezahlt hatte und fragte dann nach dem Fertigstellungstermin der Fenster und Türen. Wenn er die Beschläge von der SGCA geliefert bekomme, könnten die Sachen in der nächsten Woche abgeholt werden. An die restliche Bezahlung wurde ich auch noch erinnert. Beim hinausgehen bewunderte ich noch einmal, wie geschickt die Männer unter dem Baum mit der Raubacke umgingen.

Mein Weg ging zurück zur SGCA. Ich sprang die Treppe an der seitlichen Rampe hinauf und betrat den Laden durch die offenstehende zweiflügelige Tür. Max redete am Tresen mit einem Verkäufer und dabei wurde heftig in einem Katalog geblättert. Offenbar gestaltete sich die Bestellung etwas schwierig. „Hallo Herbert, sieh dich ruhig noch etwas um, wir suchen noch.“ In Max Stimme schwang leichte Verärgerung mit.

Den kleinen Laden hatte ich schnell erkundet. Das Meiste war in Kisten und Kartons gestapelt. In den Regalen entlang einer Wand standen in großen Abständen Konserven und sonstige unverderbliche Lebensmittel. Zwei große Gefriertruhen, die auch schon einmal bessere Zeiten gesehen hatten, standen neben dem Tresen. In den Regalen auf der gegenüberliegenden Seite gab es Werkzeug, Nägel und Schrauben. Eben ein Laden mit Vollsortiment.

Ich ging hinaus, setzte mich auf die Kante der Rampe und beobachtete das Treiben auf dem Platz vor der Präfektur. Auch heute hatten sich nur wenige Händler unter den Flambayonbäumen eingefunden. Gelegentlich fuhr ein Eselskarren, hoch bepackt mit Waren, über den Platz.

Ich träumte vor mich hin, als Max verärgert den Laden verließ. „Die werden auch immer langsamer, die bestellten Sicherungen sind angeblich auch in Lamy nicht zu kriegen, die mussten in Frankreich bestellt werden. So langsam glaube ich nicht mehr daran, dass fast alles in Frankreich bestellt werden muss. Die wollen nur noch zusätzlich an den Frachtkostenaufschlägen verdienen. Demnächst bestelle ich in Deutschland, das ist billiger und schneller. Komm, wir gehen die Post abholen.“

Die Post war in einem Gebäude neben der Präfektur unter gebracht. Max war hier gut bekannt, denn als er den Schalterraum betrat, stand der Beamte hinter dem Tresen auf und holte die Briefe, die unter der Adresse der Schule angekommen waren, aus einem Regal mit lauter kleinen Fächern. „Heute ist auch ein Päckchen dabei, einen Augenblick Monsieur.“ Der Beamte kramte in einem offen Schrank einige Dinge beiseite und holte ein total verbeultes Päckchen hervor, legte es mit den Briefen auf den Tisch und fragte Max, ob er auch Post abzugeben habe. Max legte drei Briefe auf den Tresen, nahm die angekommenen Briefe auf und schaute die Adressen durch. „Hier, der ist für Dich, Herbert.“

Der Beamte wog jeden der drei mitgebrachten Briefe und schrieb mit Bleistift den Betrag in die rechte obere Ecke. Ein Brief war wohl etwas schwerer, jedenfalls musste der Betrag in einem Heftchen nachgeschlagen werden. Dann wurden auf einem Zettel die Beträge schriftlich zusammen gerechnet und Max legte das Geld auf den Tresen. Auch das Wechselgeld wurde schriftlich ausgerechnet. „Hier brauchst Du Zeit.“ kommentierte Max die Arbeit des Postlers auf deutsch.

Der Absender meines Briefes war das Regionalbüro des DED in Kamerun. Ich gab den Brief an Max zurück der die Post in einer alten, abgenutzten Ledertasche mit der Aufschrift POST, verstaute.

Zurück in der Schule, ging ich zu meiner Hütte, stellte Teewasser auf, setzte mich auf’s Bett und öffnete den Brief.

Der Regionaldirektor teilte in kurzen, knappen Worten mit, dass er zusammen mit Herrn Reinders am Dienstag nächster Woche das Büro in Fort Lamy eröffnen werde und Herr Reinders dann für die Projekte im Tschad zuständig sei. Auf dem Weg nach Fort Lamy werde man am Montag gegen Mittag in Karoual eintreffen. Das mir zugesagte Fahrzeug werde mit überführt. Den Schulleiter habe er mit gleicher Post gebeten, ebenfalls anwesend zu sein.

Es war also alles wie versprochen gelaufen. Uwe Reinders hatte keinen Rückzieher gemacht, wie ich gelegentlich doch schon vermutete, weil ich bis jetzt nichts von ihm gehört hatte.

Auf der Baustelle hatte ich mich wieder über den nörgelnden Maurer, der die Wasserwaage mal wieder als Dekoration ansah, geärgert und die Arbeit eines Tages zurückbauen lassen. Die Steine wollte ich noch einmal verwenden. Glücklicherweise hatte ein Maurer aus Kelo mit guten Referenzen um Arbeit nachgefragt. Ich entließ meinen Nörgler und stellte den neuen mit der Zusage auf eine kleine Zulage bei ordentlicher Arbeit ein. Er sollte lange Zeit bei mir bleiben.

Abelas Amulet

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