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11. Februar 2017 – Zarifa: Großes Tal: Herrenhaus – Ein volljähriger Krieger

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Als Rayan nach dem morgendlichen Training mit seinen Kriegern entspannt bei Carina und seinem Bruder Daoud am Frühstück saß, gelang es ihm angesichts seiner beiden jüngeren Kinder, die Sorgen um seinen Erstgeborenen zu verdrängen. Vor allem Daoud war in seinem Element, die Kleinen immer wieder zum Lachen zu bringen und Carina lachte aus vollem Herzen mit. Zufrieden lehnte sich der Scheich zurück, um die vier zu beobachten. Der Anblick seiner Familie war so beruhigend, dass Rayan sich glücklich fühlte und alle Probleme bewusst ausklammerte. Dann beschäftigte er sich mit dem Versuch, seinen jüngsten Sohn Zahir zu füttern. Der war erst sieben Monate alt und so quirlig, dass er gerade Carinas volle Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Beide Eltern waren froh, dass Fatima – Sheilas Kindermädchen – sich bereit erklärt hatte, auch Zahir mit unter ihre Fittiche zu nehmen. Fasziniert bewunderte der Scheich erneut, dass der Kleine die grünen Augen seiner Mutter geerbt hatte. Er konnte sich an dem Anblick kaum sattsehen. Nachdem er selbst, so wie sein Bruder Daoud, Tahsin und Sheila alle die blauen Augen seiner Mutter Miriam, beziehungsweise seiner Großmutter Eleonora geerbt hatten, hatte er nicht gedacht, dass es möglich wäre, ein Kind mit einer anderen Augenfarbe zu haben. Der Knirps kam ihm wie ein Wunder vor.

Das Klingeln seines Handys unterbrach die Idylle, und als Rayan auf dem Display den Namen seines Freundes und Anwalts Taib erkannte, zog er verärgert die Augenbrauen zusammen.

„Er kommt also nicht zurück?“, nahm er das Telefonat ohne Gruß an. Jeder andere wäre ob der rüden Begrüßung vielleicht beleidigt gewesen, aber der Scheich und Taib waren sich in dieser Hinsicht sehr ähnlich: Keiner legte großen Wert auf Höflichkeiten und Umschweife. Also nahm auch keiner dem anderen eine manchmal etwas ruppig wirkende Art übel.

„Nein“, seufzte Taib. „Er ist mit dem Learjet auf dem Weg nach Dublin“, ergänzte er. Beiden war auch ohne Erklärung klar, dass sie von Tahsin sprachen. „Was sollen wir jetzt tun?“, fragte der Anwalt weiter.

„Lass‘ es laufen“, knurrte Rayan. „Ich kann ihn ja kaum mit Gewalt zurück in den Flieger zerren“, fügte er hinzu.

„Du könntest schon“, lächelte Taib listig. „Aber das würde einiges Aufsehen erregen. Wobei ihm der Denkzettel gut täte …“. Der Anwalt war klug genug, sich nicht in weiteren Ratschlägen hinsichtlich erzieherischer Maßnahmen zu verlieren. Er wusste, dass sein Freund ohnehin bereits genug erzürnt war angesichts des Ungehorsams seines Erstgeborenen.

„Überlass‘ die Denkzettel mir“, schnappte der Scheich da auch schon. „Behalte ihn im Auge. Lass uns hoffen, dass nichts weiter passiert. Sag Bescheid, wenn sich etwas tut.“

„Aye, aye, Sir“, kicherte Taib, der es sich nie nehmen ließ, Rayan mit einer besonders respektlosen Bemerkung oder wie in diesem Fall triefenden Sarkasmus darauf hinzuweisen, dass er keiner der Untergebenen des Scheichs war. Um noch etwas Öl ins Feuer zu gießen, fügte der Anwalt völlig unnötigerweise hinzu: „Tahsin ist eben dein Sohn. Du lässt dich auch von keinem abhalten, wenn du dir etwas in den Sturkopf gesetzt hast …“ Dann lachte Taib lauthals.

Ohne Entgegnung beendete Rayan das Gespräch. Er stand auf. Ein kurzer Blickwechsel mit Carina genügte, dass diese wusste, was passiert war. Gestern Abend hatten sie nach einem leidenschaftlichen Liebesspiel nackt nebeneinander im Bett gelegen. Die Scheicha hatte wie üblich gespürt, dass ihren Mann etwas bedrückte und es mit ihrer typischen Art innerhalb kürzester Zeit geschafft, dass sich Rayan ihr anvertraut hatte. „Immer noch die Reporterin, was?“, hatte der Scheich sie geneckt. „Hast du mit all deinen Informanten geschlafen?“, hatte er schelmisch weiter gefragt.

Carina war inzwischen Scheicha genug, dass sie sofort erfasste, warum sich Rayan Sorgen um Tahsin machte. Der Scheich hatte einem seiner Krieger eine Anweisung gegeben – dieser hatte sie ignoriert. Das war genau genommen Befehlsverweigerung. Und diesmal war Tahsin mit seinen fast siebzehn Jahren kein Kind mehr, sondern galt als volljähriger Krieger. Er war somit voll für das schwere Vergehen zur Verantwortung zu ziehen.

Dieses Ausmaß von Rayans Dilemma war sich der Anwalt Taib natürlich nicht bewusst, weshalb er das Thema als leichtsinnigen Streich eines Jugendlichen und daher mit einem gewissen Maß an Humor betrachten konnte. Der Scheich machte keine Anstalten, ihn über ihre Sitten aufzuklären, Taib würde die tarmanischen Regeln nur wieder als „barbarisch“ einstufen. Rayan musste sich aber nun überlegen, wie er mit dieser, immerhin mit schweren Strafen belegten, Übertretung umgehen sollte.

Rayan - Der Einsame Falke

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