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7.3.2002 Reise in die Urzeit

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Willi hatte heute keine Lust zum Aufstehen und musste deshalb mit sanfter Gewalt aus seiner Traumkammer geholt werden. Nicht einmal das lustige Vogelgezwitscher und der Sonnenschein reichten aus. Aber Elli und ich haben es dann gemeinsam angepackt. Da blieb ihm nichts anderes übrig.

Nach dem Frühstück ging es auf nach Omburo Ost. Das war die Gästefarm, auf der uns Herr Zahn angemeldet hatte und die ebenfalls Felsmalereien haben sollte. Er hatte uns den Weg gut beschrieben und so fanden wir ihn auf Anhieb. Wir wurden bereits erwartet. Der Eigentümer, ein Herr Reitz (Herr Zahn nannte ihn Hendrik), war ein junger Mann, der einen sehr ruhigen Eindruck machte. Ohne viele Worte machte er seinen Pick Up startklar. Wir kletterten auf die Ladefläche, und los ging die wilde Fahrt, bergauf, bergab, durch erodierte Flussbetten bis hin zu den Felsen. Bis dato war ich noch nie auf der Ladefläche eines Pick Up transportiert worden. Entsprechend skeptisch stand ich der Angelegenheit gegenüber. Richtige Sitze gab es auch nicht, nur die Radkästen. Es war fürchterlich unbequem. Und auch Rudis Fahrstil war, na ja sagen wir mal vorsichtig, etwas heftig. Wir hatten gar nicht gedacht, dass sein Gelände so groß und abwechslungsreich ist. Jedenfalls kamen wir zu einem Punkt, an dem sich auf dem Weg eine Wendeschleife befand. Das war jedenfalls die Stelle, an der wir vom Auto herunterkrabbeln mussten und von der ab es nur noch zu Fuß weiterging. Mir war das sehr recht, denn von der Holperei auf dem Radkasten, auf welchem ich gesessen hatte, tat mir schon meine Kehrseite weh. Ich hatte mich innerlich schon auf einen langen Weg mit beschwerlicher Kletterei eingestellt. Umso überraschter war ich, als wir bereits nach wenigen Minuten die ersten Felsen mit Malereien erreichten. So viele Bilder waren auf den Felsen. Das kannten wir bisher nur aus Reportagen im Fernsehen. Und nun standen wir im Original davor. Menschen und Tiere waren gut zu erkennen, Jagdszenen und rituelle Tänze. Daneben Tiere als Symbole für bestimmte Naturphänomene. So steht zum Beispiel der Elefant als Symbol für das Wasser. Giraffen wurden vielfach ohne Beine gezeichnet. Vielleicht weil diese im hohen Gras für die Zeichner nicht zu sehen waren, oder weil sie nicht wichtig waren oder weil die Tiere ja nicht weglaufen sollten. Was Hendrik alles wusste! Wir kamen aus dem Staunen nicht heraus. Doch er wusste noch viel mehr. So erklärte er uns zum Beispiel, warum alle Zeichnungen in einer bestimmten Höhe angebracht waren. Er meinte, das hängt damit zusammen, dass sich die Höhe des Untergrundes änderte und die Steinzeitmaler, die nur etwa 1,50 Meter groß waren, ja nicht über Kopf gemalt haben. Weiter erklärte er uns, dass die Farben aus Blut, Ockerpulver, Eiweiß und anderen Naturstoffen hergestellt wurden. Außerdem haben die Zeichner der Urzeit stets unter Überhängen gemalt. Damit die Zeichnungen auch lange halten und kein Wasser darüber laufen kann. Die alten Höhlenmenschen waren gar nicht so dumm! Die hier vorhandenen Zeichnungen haben ein Alter von mehr als 3000 Jahren und haben sich auf Grund der Farbzusammensetzung und der günstigen Lage so lange gehalten. Das hatte er wissenschaftlich prüfen lassen, weil es ihn auch selber interessiert hat. Was auch interessant war, war die Erklärung, weshalb jüngere Zeichnungen unter den älteren angebracht wurden. Das lag daran, dass der Boden, auf dem unsere Zeichner standen, mit der Zeit von Wind und Wetter abgetragen wurde. Dadurch hatten nachfolgende Zeichner einen tieferen Standplatz.

Der genaue Zweck dieser alten Zeichnungen ist auch nicht wirklich klar. Die Spekulationen reichen von rituellem Zauber vor der Jagd über Dank an die Götter nach erfolgreicher Jagd bis hin zu der einfachen Mitteilung: Wir waren hier und haben hier diese Tiere erlegt. Überhaupt hat sich daraus ein regelrechtes Hobby von ihm entwickelt. So konnte er uns auch zeigen, wo und wie die Frühmenschen in den Höhlen geschlafen haben, wo sie ihr Feuer machten und wie sie die Farben und sogar schon Getreide gemahlen haben. Natürlich nicht solches Getreide, wie wir es heute kennen, mehr eine Urform davon. Er erklärte uns auch, wie die Jäger aus Pflanzen und sogar Tieren Gifte für ihre Pfeile gewannen oder herstellten. Und natürlich auch, wie sie wirkten. Mehr als zwei Stunden verbrachten wir zwischen den Felsen bei unseren Vorfahren und ihren Hinterlassenschaften. Doch wenn ich mir nicht gleich vor Ort einige Notizen gemacht hätte, ich hätte mir gar nicht alles merken können. So viele interessante Dinge, die wir dort erfahren haben, hatten wir alle zuvor nicht gewusst. Und das aller schönste daran war, diese Führung fand nur für uns drei ganz allein statt. Wir durften die Dinge anfassen, machten sogar gemeinsam eine Art Tanz nach der Choreographie einer der Felszeichnungen und versuchten auf dem Mahlstein Mehl herzustellen. Nur an die Giftpflanze für das Pfeilgift ließ er uns nicht heran. Er hielt es für zu gefährlich. Na ja, vielleicht besser so.

Dann ging es mit dem Auto zurück zum Haupthaus, von wo wir gestartet waren. Unterwegs erklärte er noch einiges aus der derzeitigen Pflanzenwelt auf seinem Gelände. So erfuhren wir zum Beispiel, dass der Strauch mit den silberfarbenen Blättern Trompetenstrauch heißt. Anschließend machte er uns noch auf einen Vogel aufmerksam, der senkrecht wie ein Hubschrauber aufsteigen und herabschießen kann. Das war eine Trappe. Trappen fliegen nur höchst ungern. Meistens tun sie es nur zur Balz. Den Vogel an sich kannten wir zwar schon, aber von dieser Besonderheit hatten wir noch nicht gehört.

Von Omburo Ost fuhren wir weiter zum Versteinerten Wald, wo wir gerade bei der größten Mittagshitze ankamen. Laut Thermometer neben dem Eingang waren es 40 °C. Die Fläche war offen und sah eigentlich recht, na ja sagen wir mal, primitiv aus. Aber ein Tor, wo man Eintritt bezahlen musste, gab es schon. Für den Weg erhielt man einen einheimischen Führer, der uns alles erklärte. Ich muss gestehen, der machte seine Sache wirklich gut. Er lieferte Erklärungen zum Alter der Bäume, deren Herkunft und wie es zu der Versteinerung gekommen war. So sagte er, dass die Bäume von dem Urkontinent Gondwana stammen und durch Verkieselung unter Luftabschluss so versteinert wurden. Durch Abtragungsprozesse und menschlichen Eingriff in die Natur an dieser Stelle, seien sie zum Vorschein gebracht worden. Nun wolle man dieses alte Erbe bewahren. Deshalb seien auch die Wege angelegt worden und man dürfe keine Teile von den Bäumen abbrechen. Entlang dieser Wege standen auch einige Welwetschias, die fast genauso alt sein sollten, wie die versteinerten Bäume. Damals wollte ich das nicht so recht glauben. Heute weiß ich, dass das durchaus stimmen kann. Der gesamte Rundweg war etwa 800 Meter lang und trotz der Hitze äußerst interessant. Doch nach dieser Runde, die fast eine Stunde gedauert hatte, fühlte ich mich wie eine Pflaume im Dörrofen, völlig zusammengetrocknet und saftlos. Deshalb widmeten wir den Händlern neben dem Eingang auch kaum Interesse und machten uns auf den Heimweg.

Wir hatten etwa 20 Kilometer auf der Schotterstraße bewältigt, als am Rand eine Flussdurchfahrt mitten auf der Straße ein Warndreieck vor uns auftauchte. Mit doppelter Vorsicht fuhren wir heran. Da sahen wir auch schon die Bescherung. Mitten im trockenen Flussbett stand aufgebockt ein Fahrzeug. Der Reifen lag am Rande und die Frau des Fahrers, eines pechschwarzen Einheimischen, saß unter einem Baum. Der Fahrer kam uns aufgeregt mit den Armen in der Luft herumfuchtelnd entgegengelaufen. Willi hielt an und der Mann bat uns, bis Khorixas mitgenommen zu werden. Wir waren schon am Zusammenrücken, als Willi urplötzlich anfuhr. Im ersten Moment waren alle furchtbar erschrocken. Als ich dann nach hinten blickte, sah ich den Grund für dieses Manöver. Ein weiteres Auto kam mit einer affenartigen Geschwindigkeit faktisch aus dem Nichts angesaust und hatte hinter uns einen abrupten Boxenstop hingelegt. Im ersten Moment sahen wir nur eine Staubwolke. Der Fahrer des defekten Wagens aber lief zu diesem Auto. Vermutlich waren es Landsleute von ihm. Doch sie konnten ihn nicht mitnehmen, da ihr Auto voll belegt war. Vorn saßen Menschen und die hintere Reihe war von mehreren Ziegen besetzt. Deshalb gaben sie auch ganz schnell wieder Gas und brausten davon. Der Schwarze musste nun also doch mit uns nach Khorixas reisen. Er nahm hinten neben Elli Platz. Unterwegs versuchte ich ein Gespräch mit ihm zu beginnen. Er war von so einem dunklen schwarz, dass ich ganz einfach neugierig war, zu welchem Stamm dieser Mann wohl gehören könnte. Gesprächig war er zwar nicht gerade, aber das er DAMARA ist, habe ich dann doch herausbekommen. In Khorixas verließ er uns. Er wollte einen neuen Reifen besorgen und damit dann zum Auto zurücklaufen. So viel erzählte er uns noch. Oh je, da hatte er ja noch einen ganz schön weiten Rückweg vor sich. Hoffentlich findet er eine Rücktransportmöglichkeit, die ihm den Fußmarsch erspart. Wir fuhren jedenfalls weiter nach Bambatsi, wo wir viel zu erzählen hatten. Besonders die Gespräche am Abend unter dem Sternenhimmel sind immer sehr erbaulich. Und dieses Mal erhielten wir sogar noch ein ganz besonderes Angebot. Herr Zahn fragte uns, ob wir am nächsten Morgen gemeinsam mit ihm einen Besuch bei seinen zahmen Geparden machen wollten. Und ob wir wollten! Wir freuten uns riesig auf den Morgen.

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