Читать книгу Affenknacker für Wiederholungstäter - Iris Fritzsche - Страница 17
10.3.2002 Kletterwanderung mit Folgen
ОглавлениеHeute wurden wir von anhaltend lautem Wassergurgeln geweckt, welches dem Sanitärbereich der benachbarten Räumlichkeiten entsprang. Die Wände sind leider sehr hellhörig, das hatten wir nicht erwartet. Da wir nun schon ein Mal geweckt worden waren, beschlossen wir aufzustehen.
Immerhin hatten wir für heute ein umfangreiches Programm vorgesehen. Elli und Willi wollten an der Wanderung durch die Köcherbaumschlucht teilnehmen. Für mich war das nichts. Das sah mir zu sehr nach umfangreicher Kletterei in den Felsen aus. Deshalb teilte ich Herrn Sauber auch beim Frühstück mit, dass ich nicht mit auf die Tour gehen werde. Er war anfangs etwas traurig, aber dann fiel ihm eine Variante ein, die auch mit zusagte. Bis zum Startpunkt der Wandertour war geplant mit dem Auto zu fahren. Warum sollte ich nicht bis dorthin mitfahren? Unterwegs wollte er gleich noch eine Führung durch sein Gelände einbauen. Die interessierte auch mich. Und wenn die anderen loswandern, muss das Auto eh wieder zurückfahren, weil der Zielpunkt ein ganz anderer ist. Da könnte ich bequem wieder mit in die Gästefarm kommen. Eigentlich eine prima Idee. So war ich wenigstens teilweise dabei.
Dieser erste Teil dauerte gut eineinhalb Stunden und führte über das Farmgelände bis hinauf auf den Berg. Dabei sahen wir auch einige Kudus und Bergzebras. Diese haben andere Streifen als die Steppenzebras, wie wir erfuhren. Als es dann den Berg hinauf ging, wurde der Fahrer recht einsilbig. Er musste sich stark konzentrieren. Der Fahrweg war dermaßen schmal, dass ich bange hatte, wir würden entweder auf der einen Seite den Felsen schrammen oder auf der anderen Seite in die Schlucht stürzen. Außerdem war es noch etwas diesig, weil wir sehr früh am Morgen aufgebrochen waren. Vielleicht ganz gut, dass ich nicht alles so genau sehen konnte. Das Auto rumpelte, schnaufte und klapperte sich aber brav den Berg hinauf. Die Fahrkünste und besonders seine Kurventechnik waren schon erstaunlich. Immerhin war das ein größerer Armee-LKW und der Bergpfad schmal, steinig und steil wie ein Ziegenpfad. Na ja, meist ging es nur in Schrittgeschwindigkeit voran, aber der Fahrer kannte den Weg und wusste, was er dem Auto und uns zumuten konnte. Bei einer kurzen Rast an einem Aussichtspunkt auf halber Höhe war leider auch nur die in einer engen Schlucht verlaufende Hauptstraße zu erkennen. Über allem anderen lag noch immer ein Nebelschleier. Schließlich erreichten wir den Zielpunkt unserer Fahrt. Alle Wanderer erhielten eine von Herrn Sauber selbst gedruckte Karte und die Info über den Zielpunkt, an dem wir sie empfangen würden. Willi und Elli beschlossen zusammenzubleiben, bewaffneten sich mit dem Fotoapparat, winkten noch kurz und weg waren sie, hinter der nächsten Felsecke verschwunden.
Ich setzte mich für die Rückfahrt vorn neben den Fahrer. Und siehe, kaum waren die anderen verschwunden, wurde er gesprächiger. Als erstes erfuhr ich, das er Isaak heißt. Toll, nun hatte ich wenigstens einen Namen. Als wir ein kleines Stück gefahren waren, hielt er plötzlich und stieg aus. Wenig später kam er mit einem Stück Schlangenhaut in der Hand zurück und zeigte auf einen langen Ast, an dem ein noch längeres Stück hing. „Mamba“, sagte er, als er darauf zeigte. Ich verstand. Diese Haut gehörte also einer Mamba. Sie hing allerdings zu hoch, um sie zu erreichen. Außerdem wusste ich nicht, ob die Schlange vielleicht noch in der Nähe war. So hielt Isaak es für besser, die Haut dort hängen zu lassen. Unweit von dieser Stelle, wir waren nur ein paar Meter gefahren, zeigte er auf eine Höhle und meinte, dort hätte ein Leopard gewohnt. Die vielen herumspringenden rattengroßen Tiere bezeichnete er als Bergratten. Wie meinte er? Bergratten bei Haus nix gut! Ja, ich mag auch keine Ratten im Haus. Das konnte ich gut verstehen.
In der Gästefarm hielten wir uns nur eine knappe Stunde auf, dann wurde es Zeit unsere Wanderer einzusammeln. Wieder ging es über Stock und Stein. Aber dieses Mal fuhren wir eine ganz andere Strecke. Sie führte uns zum Ausgang der Köcherbaumschlucht. Oben waren die Kletter-Wanderer in die Schlucht hineingestiegen, unten sollten sie wieder herauskommen. Unterwegs zeigte mir Isaak noch ein paar interessante Pflanzen und sogar einige Köcherbäume. Am vereinbarten Ort angekommen, brauchten wir gar nicht lange zu warten, bis die ersten Wanderer ausgepumpt und erschöpft auftauchten. Auch Willi und Elli waren unter diesen. Hochrot verlangten sie nach Wasser. Sie hatten vergessen, welches auf ihre Wanderung mitzunehmen und in der Schlucht war es ganz schön heiß geworden. Zum Glück hatte ich eine große Flasche eingepackt. Ich konnte es fast zischen hören beim Trinken.
Auf der Rückfahrt hielt Isaak noch ein besonderes Highlight für alle bereit. Er wollte uns ein Stück Geschichte zeigen, wie er es nannte. Das Stück Geschichte war eine uralte Polizeistation aus der Zeit, als Namibia noch deutsche Kolonie war. Damals bewachte sie den Eingang zum Naukluf-Gebirge. Jetzt war sie allerdings nur noch eine Ruine, schon halb von Gebüsch zugewachsen. Aber interessant war es schon. Wir waren kaum ein paar Schritte in der Station herumgeklettert, als es anfing zu tröpfeln. Zuerst nahmen wir das gar nicht ernst. Doch dann wurde es immer heftiger. Nun sprangen alle so schnell es nur ging auf das Auto. Ich verstaute die Technik im Rucksack, damit sie nicht nass wird. Das war gut so, denn das Auto war nach allen Seiten offen, nicht einmal eine Frontscheibe war vorhanden. Und plötzlich schüttete es nicht mehr wie aus Eimern, sondern es müssen ganze Badewannenfüllungen gewesen sein. Isaak fuhr wie vom Teufel gejagt. Durch die schnelle Fahrt trommelten uns die kalten harten Regengüsse ins Gesicht und durchdrangen die gesamte Kleidung. Völlig durchnässt erreichten wir mit Mühe und Not den Hof. So schnell war sicher noch keiner vom Auto gesprungen und in die warme Stube gerannt wie an diesem Tag. Dort rissen wir uns die bis auf die letzte Faser triefende nasse Kleidung vom Leib und rubbelten uns gegenseitig trocken. Sämtliche Handtuchstangen und sonstigen Möglichkeiten wurden zum Sachen aufhängen und trocknen genutzt. Meine beiden Wanderer warfen sich gleich so nackt wie sie waren auf die Betten. Sie waren völlig fertig. Am Nachmittag gab dann zwar die Sonne noch ein kurzes Gastspiel, aber weiter als bis auf die Sonnenliege vor dem Haus vermochte sie uns nicht zu locken.
Willi blieb gleich bis zum Abendbrot im Bett. Er hatte auch gar keinen Appetit. Das wollte mir gar nicht gefallen. Vermutlich setzte ihm die ungesunde Mischung von heftiger Überhitzung durch die Kletterei und die anschließende heftige Abkühlung durch den Platzregen so zu. Na hoffentlich gibt sich das über Nacht.