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2. Zustimmungsvorbehalt und schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter

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Wird ein sog. Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO angeordnet, behalten die Leitungsorgane des Schuldners die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Der Geschäftsführer kann also weiterhin mit seiner Unterschrift Geld vom Konto abheben, Leute entlassen und Waren veräußern. Allerdings wird die Wirksamkeit einer vom Geschäftsführer vorgenommenen Verfügung an die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters geknüpft. Die Anordnung des Zustimmungsvorbehalts wird stets mit der Maßnahme „Einsetzung eines vorläufigen Verwalters“ (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 InsO) kombiniert. Da der vorläufige Verwalter aber „nur gefragt werden muss“ und nicht „das Sagen hat“, wird er als „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter bezeichnet.[19] Verfügungen ohne Zustimmung des vorläufigen Verwalters sind (absolut) unwirksam.[20] Allerdings kann er die Leitungsorgane nur von Verfügungen abhalten, diese aber nicht zu bestimmten Handlungen zwingen, die dem Unternehmen in dieser Phase nützen könnten. In der Praxis ist er im Regelfall trotz seiner schwachen Stellung ein wichtiger Ansprechpartner für die Beteiligten. Durch die Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts werden keine (!) Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 InsO begründet.[21] Die Norm des § 55 Abs. 2 InsO gilt nur bei Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots. Lieferanten, die einen vorläufigen schwachen Verwalter beliefern, werden keine Massegläubiger. Eine Ausnahme macht das Gesetz allerdings: Nach der Sondernorm des § 55 Abs. 4 InsO sind im Eröffnungsverfahren begründete Steuerschulden stets Masseverbindlichkeiten, egal um welchen Verwaltertyp (stark/schwach) es sich handelt. Diese einseitige Privilegierung des Fiskus wird zu Recht kritisiert.


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Kernaufgabe jedes vorläufigen Insolvenzverwalters ist die Überwachung des Schuldners, d.h. er muss sich zwingend einen Überblick über das Schuldnervermögen verschaffen, um dieses (später) sichern und erhalten zu können.[22] Die weiteren Befugnisse des schwachen Verwalters (und damit seine Aufgaben) muss das Gericht stets konkret festlegen (z.B. „der vorläufige Verwalter wird zum Forderungseinzug ermächtigt“). Die einzelnen Maßnahmen sind genau zu bezeichnen. Eine pauschale Ermächtigung „für den Schuldner zu handeln“ ist keinesfalls erlaubt.[23] Die Befugnisse des schwachen Verwalters dürfen bis an die Grenzen der Macht eines starken vorläufigen Verwalters gehen, diese aber niemals überschreiten (§ 22 Abs. 2 S. 2 InsO).[24] In der gerichtlichen Praxis hat sich die Figur des „halbstarken“ vorläufigen Verwalters etabliert.[25] Hier wird die Machtfülle des Verwalters durch eine Vielzahl von konkreten Einzelanordnungen festgelegt, die (fast) der Macht eines starken Verwalters entsprechen, ohne aber mit der Norm des § 55 Abs. 2 InsO belastet zu sein. Zulässige Einzelmaßnahmen sind etwa die Begründung von einzelnen Masseverbindlichkeiten (= Einzelermächtigungen),[26] die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen (Arbeitsverträge, Mietverträge etc.), die Aufnahme eines Kredits zur Betriebsfortführung oder Betretungsverbote. Auch das Recht zum Forderungseinzug (§ 21 Abs. 2 S 1 Nr. 5 S. 3 InsO) wird häufig angeordnet. Soweit die Forderungen bereits an die Bank abgetreten waren, kann diese nach Offenlegung daher nicht selbst einziehen, sondern kann als Absonderungsberechtigte lediglich die vom Verwalter eingezogenen Beträge herausverlangen. Gesellschaftsrechtliche Anordnungen, wie die Abberufung der organschaftlichen Vertreter (Geschäftsführer, Vorstand) des Schuldners, sind nicht zulässig.[27]

JURIQ-Klausurtipp

Die Unterschiede zwischen einem schwachen und einem starken vorläufigen Insolvenzverwalter sollten Sie unbedingt kennen.

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