Читать книгу Gabe & Fluch - Isabella Maria Kern - Страница 22

Ich verzehre mich nach ihm

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Um Punkt halb acht läutete ich an Melanies Wohnungstür. Ich hielt den Atem an, denn ich merkte erst jetzt, dass ich gar nicht bedacht hatte, dass sie nicht zuhause sein könnte. Erst als ich ihre Schritte hörte, entspannte ich mich.

„Hallo. Das ist aber lieb von dir, dass du vorbeikommst“, sagte sie lächelnd und bat mich herein. Sie hatte wirklich keine Ahnung! „Heute siehst du wieder besser aus“, sagte ich und folgte ihr ins Wohnzimmer. „Gestern, als du gegangen bist, ist Pamela zu mir gekommen und wir haben uns versöhnt. Darüber bin ich sehr glücklich, denn es hat mich belastet. Schließlich sind wir seit Jahren Freundinnen.“ Plötzlich wurde sie nachdenklich, dann fragte sie:

„Wir haben uns an dem Abend kennengelernt, an dem sich Pamela und ich gestritten hatten. Kannst du dich erinnern?“ Ich durfte mir meine innere Unruhe nicht anmerken lassen. „Klar doch, war ein sehr netter Abend.“ Sie versuchte sich in Gedanken den Abend vorzustellen.

„Wir haben ziemlich viel getrunken und du hast mich nach Hause gebracht, oder?“, ihre Augen beobachteten meine Reaktion. „Ich habe die Haustüre aufgesperrt, weil du den Schlüssel nicht ins Schloss stecken konntest“, erfand ich und lachte scherzhaft. „War ich wirklich so betrunken?“, fragte sie erstaunt. „Ich denke schon“, antwortete ich kurz und suchte nach einer Ablenkung. Ich wollte jetzt nicht darüber reden, außerdem hatte ich nicht viel Zeit.

„Pamela behauptet, ich wäre auf der Singleparty erschienen und hätte ihr einen Mann ausgespannt. So etwas würde ich nie tun!“, rief sie verzweifelt. Ich blickte auf die Uhr. Diese Unterhaltung brachte jetzt nichts. Ich brauchte ihre Schuhe! „Nimmst du Drogen?“, fragte ich sie erneut und sah sie durchdringend an.

„Sag mal, spinnst du!“, schrie sie mich an und trat einen Schritt zurück. „Aber das würde erklären, warum du dich an nichts mehr erinnern kannst“, meinte ich und zuckte die Achseln. Ich wurde nervös. Dieses Gespräch interessierte mich jetzt keineswegs. Ich musste zu Dominik und außerdem musste ich mich noch etwas hübsch machen, Melanie war ja noch nicht einmal frisiert, kein Make-up und kein passendes Outfit. Das sollte ich in nur zehn Minuten schaffen.

Ich musste jetzt schnell handeln und sah mich um. Bevor sie noch etwas sagen konnte, schlüpfte ich in ihre Hauspantoffel, die achtlos vor dem Couchtisch lagen. Ich sah noch in diese wunderschönen, erstaunten Augen, ehe sie auf den Boden glitt und verschwand. Ich transcorporierte normalerweise alle paar Wochen einmal, es gab auch schon Zeiten, da lagen Monate dazwischen. Ich versuchte immer wieder von diesem Fluch loszukommen, aber eine unsichtbare Kraft, die mich plötzlich erfasste und nicht wieder losließ zwang mich dann, in einen bestimmten Körper zu schlüpfen.

Aber noch nie war der Wunsch da gewesen, es noch einmal zu tun, und noch einmal, und noch einmal. Diesmal war alles ganz anders.

In den Hausschuhen eilte ich ins Bad, kämmte meine schönen Haare, legte ein wenig Make-up auf, was die dunklen Ränder unter den Augen verschwinden ließ, lächelte in den Spiegel und stand einen Augenblick später vor dem großen Wandschrank und suchte ein blaues Kleid heraus, das ich besonders sexy fand. Dazu passend stachen mir die blauen Schuhe ins Auge, die im Schuhkasten ganz unten standen. Vermutlich hatte sie sie erst einmal getragen, denn auch die Sohle sah aus wie neu. Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel, dann sauste ich zur Tür hinaus und lag eine viertel Stunde später in der Umarmung meines Liebsten. Er drückte mich fest an sich und küsste meine Stirn.

„Ich habe es kaum erwarten können, dich zu sehen. Den ganzen Tag gingst du mir nicht aus dem Kopf“, flüsterte er mir ins Ohr. Ich bekam eine Gänsehaut.

So schön kann Liebe sein, ging mir durch den Kopf.

Er ließ mich wieder los, hielt mich auf Abstand und musterte mich von Kopf bis Fuß. „Du bist so hübsch. Ich habe dich gar nicht verdient!“, scherzte er. Ich lächelte. Jetzt wusste ich auch, warum Melanie die blauen Schuhe nie trug. Sie taten höllisch weh und das schon nach zwanzig Minuten. Wir bekamen gerade noch einen Platz in dem neuen Lokal, aber irgendwie war es mir hier zu laut und zu eng. Wieder wollte ich nur mit ihm ins Bett. Seine körperliche Anwesenheit ließ mich flacher atmen.

„Was magst du essen?“, fragte er mich und sah mich über die Speisekarte hinweg an. „Nur eine Kleinigkeit, egal was“, war meine knappe Antwort. In diesem Lokal gab es ohnehin nur Kleinigkeiten und es war nicht wichtig, womit ich Melanies Magen füllte. Kurzfristig überlegte ich bösartig, ob ich mir nicht Pommes mit Mayonnaise bestellen sollte, auf die ich mein Leben lang wegen der Figur verzichten musste.

„Pommes mit Mayo, bitte!“, lächelte ich freundlich und legte die Karte zur Seite. Als mich Dominik fragend ansah, entschuldigte ich mich damit, dass man manchmal Ausnahmen machen durfte. Nach dem Essen rutschte ich unruhig auf dem Stuhl hin und her. Dominik bemerkte meine Unruhe.

„Geht es dir nicht gut, mein Schatz?“, fragte er fürsorglich und legte die Stirn in Falten. „Doch. Es ist nur: ich möchte mit dir allein sein“, brachte ich schließlich hervor und versenkte meinen Blick in seinen dunklen Augen.

Die Haustüre knarrte als ich sie aufstieß. Meine Beine zitterten, ich war gespannt wie eine Feder.

Dominik schob sich hinter mir durch die schwere Tür.

Gabe & Fluch

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