Читать книгу Gabe & Fluch - Isabella Maria Kern - Страница 5

Der kleine Bruder

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Ein paar Stunden später traf ich abgehetzt am vereinbarten Treffpunkt vor dem Kino ein. Ich war erstaunt, als neben Sabina ein Mann stand, der noch dazu sehr manierlich aussah, nicht so wie die Typen, mit denen sich Sabina normalerweise umgab. Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken und Sabina hob tadelnd die Augenbrauen und machte mir Zeichen, ich solle mich gefälligst benehmen. Als ich vor ihnen stand, verlor Sabina keine Sekunde, um mir mitzuteilen, dass es sich bei diesem Adonis um ihren Bruder handelte. „Augustine, das ist Dominik, mein kleiner Bruder. Dominik, das ist die geheimnisvolle Frau, von der ich dir schon so viel erzählt habe“, stellte sie uns vor. Ich gab Dominik artig die Hand.

„Naja, sehr klein ist dein kleiner Bruder aber nicht mehr“, scherzte ich und starrte dabei in seine dunklen Augen. Ein kleiner Stich, irgendwo zwischen Milz, Magen oder doch Herz - ich konnte es nicht wirklich sagen - störte meine Coolness, die ich normalerweise an den Tag legte. Dominik ließ meine Hand nicht sofort los und sein Lächeln verstörte mich. Selbstgefällig nickte mir Sabina zu, und in diesem Augenblick hasste ich sie.

Was um alles in der Welt wollte sie denn von mir?

Wollte sie mich etwa mit ihrem Bruder verkuppeln? Ich brauchte keinen Typen in meinem Leben. Ich hatte keinen Platz.

Und mein Geheimnis?

Ich atmete tief durch und fand schließlich meine Gelassenheit wieder. „Welchen Film sehen wir uns an?“, fragte ich zwanglos.

Dominik hob die Achseln. „Ihr zwei Frauen dürft wählen“, wieder lächelte er mich an. Er sah umwerfend aus, aber ich beschloss, mich dadurch nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.

„Du hast immer von deinem kleinen Bruder gesprochen, so als würde er noch im Sandkasten spielen“, begann ich und wollte ihnen zeigen, dass ich meine Fassung wieder zurückgewonnen hatte. Ehe sie noch antworten konnte, waren wir am Kassenschalter angekommen und wussten noch immer nicht, welchen Film wir uns ansehen wollten. Nach ein paar Minuten Diskussion und nach einem Ausschließungsverfahren von Liebes- und Actionfilmen, blieb nur mehr eine mittelmäßige Komödie, die mir schon vor dem Ansehen auf die Nerven ging. Die Filmnachbesprechung, die in verbaler Hinrichtung der Schauspieler ausartete, fand in Sabinas Lieblingsbar statt. Sabina hatte außer mir keine richtige Freundin, das wurde mir bald klar und ich wusste, dass es irgendwann einmal zu einem Problem werden würde, nämlich dann, wenn ich die Stadt wieder verlassen musste. Es stimmte mich traurig, aber ich spürte, dass es bald wieder so weit sein würde.

Nun saßen wir an einem kleinen Tisch und bestellten eine Runde Wodka-Lemon. Ich schielte zu Dominik und dann zu meinem Getränk. Alkohol hatte eine gefährliche Wirkung auf mich, ich musste achtgeben. Wir unterhielten uns zwanglos. Dominik erzählte von seinem Studium. In ein paar Monaten würde er fertig sein und dann stand ihm die Welt offen. Die Begeisterung in seiner Stimme, die Art und Weise wie er mit seinen Armen gestikulierte und der Ausdruck seiner Augen faszinierte mich zunehmend. Ich nahm wieder einen Schluck und merkte, dass mir der Alkohol bereits in den Kopf stieg. Sabina hatte anscheinend beschlossen, sich an der Unterhaltung nur wenig zu beteiligen und beobachtete uns zufrieden. Ich durchschaute sie und lenkte das Thema auf unsere Arbeit. Über unsere Kolleginnen konnte sie herrlich lästern, was meinen Verdacht bestätigte, dass es ihr unmöglich war, mehrere Freundinnen zu haben. Sabina war nicht kompatibel.

Warum sie aber genau an mir so einen Narren gefressen hatte, war mir nicht wirklich klar. Aber vielleicht, weil sie spürte, dass ich anders war. Und das war ich ganz bestimmt.

Gabe & Fluch

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