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8. Kapitel

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Marian erwachte im ersten Morgengrauen. Sie blieb regungslos liegen und dachte nach. Mit Matilda, ihrer alten Amme, befand sie sich in einem Bett. Um sie herum schliefen zahlreiche andere Frauen auf raschelnden strohgefüllten Matratzen.

Ich sollte nach Hause zurückkehren. Der Entschluß stand so unvermittelt wie endgültig fest und machte sie völlig wach. Ihre Unruhe ging in schmerzhafte Erinnerung über: Nur allzu lebhaft erinnerte sie sich an Johns Demütigung. Marian biß die Zähne zusammen. Sie wollte mit John oder ihrem Gastgeber oder dem Sohn des Gastgebers nichts mehr zu tun haben; und vor allem nicht mit William deLacey.

Aber warum? fragte ihr Gewissen. Es ist schließlich besser, ihn zu heiraten, den du kennst, als einen gebrechlichen, alten Fremden. Dennoch war Marian nicht davon überzeugt. Jedesmal, wenn sie an den Sheriff dachte, dachte sie auch an sein Benehmen, an seine unterschwelligen Anzüglichkeiten und seine Heimlichtuerei, die sie allmählich nur allzu deutlich wahrnahm.

Sie warf die Decken zurück. Auf den Knien hockend, schüttelte sie sich das Stroh aus dem Haar und bemühte sich wacker, ihre widerspenstigen Locken zu zähmen, um sie unter die Leinenhaube zu stecken. Nachdem sie dann ihr zerknittertes Kleid und das Untergewand glattgestrichen hatte, war sie innerlich wie äußerlich bereit zum Aufbruch.

Die Höflichkeit erforderte es, daß sie ihren Gastgeber aufsuchte und von ihm Abschied nahm, doch würde der Earl sie wahrscheinlich nicht vermissen, wenn sie einfach verschwand. Marian kam schwankend auf die Füße, zupfte sich das letzte Stroh aus ihrem Haar und drehte sich zur Tür.

Durch diese trat in diesem Moment Eleanor deLacey herein, bleich und mit funkelnden, schwarzumrandeten Augen. Ihr glattes braunes Haar hing wirr und lose aus ihrer fleckigen, schief sitzenden Haube herab; ihr safrangelbes Gewand war verschmutzt, und ein rosafarbener Fleck entstellte die eine Seite ihres Halses. Als sie Marians Blick sah, verdeckte sie den Bluterguß rasch mit ihren Haaren und grinste.

Draußen, im Hof, rief jemand einen Befehl. Ein zweiter Ruf folgte als Erwiderung. Eleanor seufzte tief und stieß die Tür zu. »Der Teufel verdamm ihn«, sagte sie leise. »Der Teufel verdamm ihn und seine Jagd!« Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen und bemerkte die in die Bettdecken eingewickelten Frauen. Ein paar regten sich; eine nuschelte eine Beschwerde über das rücksichtslose laute Reden. Eleanor lachte nur. »Wenn Ihr findet, daß ich zu laut rede, was werdet Ihr dann erst zu den Jagdhunden sagen?«

Eine andere Frau schälte sich gerade mit finsterem Gesichtsausdruck aus dem Bettzeug. »Zu welchen Jagdhunden, Eleanor? Oder meint Ihr damit die Männer, die sich an Eure Fersen heften?«

Doch der Spott verfehlte sein Ziel. Ungerührt von der Unhöflichkeit und dem beißenden Tonfall, lachte Eleanor bloß. »Und wünscht Ihr nicht, Ihr hättet auch ein paar, Joanna ... oder zumindest einen.« Sie machte eine Pause und legte ihren Kopf auf die Seite, als die Rufe draußen von einem Hundechor begleitet wurden, die auf das Blasen eines Jagdhorns reagierten. »Da. Das Jagdhorn; was habe ich Euch gesagt? Der Count hat es angeordnet, und nun muß der arme Earl seine Jäger hinaustreiben, ohne ihnen die nötige Zeit dafür zu geben.« Eleanor erhob ihre Stimme. »Und uns auch nicht, könnte ich hinzufügen; denn wir alle sollen John Gesellschaft leisten.«

Auf der anderen Seite der Burgmauern ertönte wieder das Jagdhorn. Das Signal rief in den Frauen weniger Begeisterung als bei den Hunden wach, jedoch genausoviel Pflichtbewußtsein.

Alan, der sich auf der Musikergalerie befand, von der aus man den großen Saal überblicken konnte, beobachtete, wie die Männer und Frauen des englischen Adels sich aus Binsen und Tuch erhoben, während andere von den Treppen aus in den Saal strömten. Alle machten sich in den Burghof auf. Alan stützte seinen Ellbogen auf die hölzerne Balustrade, hatte die Laute mit einem Riemen auf den Rücken geschnallt und lächelte in müßiger Belustigung; sie erinnerten ihn an Kinder, die wild durcheinanderliefen, um einen ungeduldigen Vater davon abzuhalten, gereizt zu brüllen.

Er richtete sich wieder auf und wollte gerade seine Laute abnehmen – dann hielt er jedoch gefesselt inne. Alle waren bereits dem Ruf des Horns gefolgt. Eine kam jedoch zu spät – nein, zwei. Die zweite war jedoch uninteressant.

Ihre Haube saß leicht schief, als hätte sie sich sehr beeilt, und ließ viel von ihrer milchweißen Stirn sehen. Ihr geflochtenes, schwarzes Haar hatte sich gelöst und fiel ihr auf die Schulter. Am unteren Treppenabsatz blieb sie kurz stehen und half ihrer Begleiterin – einer alten, untersetzten Frau –, dann blickte sie sich schnell in der Halle um. Sie war wie geschaffen für ein Lied.

»Liebster Alan.«

Hastig drehte sich Alan um. »Liebste Eleanor!« Er hatte genau den richtigen Ton getroffen; die Frau errötete.

»Liebster Alan – ich muß mit auf die Jagd gehen. Aber sobald sich eine Gelegenheit ergibt, werde ich mich fortschleichen und zu dir zurückkehren.«

»Hierher?« Doch dann verfluchte er sich für seine Langsamkeit; natürlich meinte sie hier. Er lächelte, ergriff ihre ausgestreckte Hand und drückte einen Kuß darauf. »Liebste Eleanor, ich zähle die Stunden.«

»Mach mir ein Lied«, flüsterte sie. »Mach eins nur für mich.«

Alan, der sich gerade hinunterbeugte, um sie auf ihren leicht geöffneten Mund zu küssen, fragte sich, wie er das neue Lied, das er sich für die andere Frau ausgedacht hatte, in eins für Eleanor verwandeln könnte.

Sir Guy von Gisbourne, den Gilbert de Pisan beim ersten Stoß des Jagdhorns recht herrisch aufgefordert hatte mitzukommen, erleichterte sich schnell, zog sich überstürzt an und begleitete dann den Kämmerer des Counts, obwohl er keine Ahnung hatte, weshalb de Pisan ihn sprechen wollte.

Dann fand sich Gisbourne plötzlich vor einer Zimmertür wieder, die von bewaffneten Männern flankiert war. Nicht de Pisan wollte mit ihm sprechen, sondern sein Herr. Auf ein Zeichen de Pisans hin betrat er das Gemach und stand zum ersten Mal in seinem Leben Englands heißblütigem Retter gegenüber.

Oder dem Mann, der es gern wäre.

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