Читать книгу Der Duft der Bücher - Jenny Schon - Страница 17

Sommerferien – Ein Duft von Büchern

Оглавление

Ich hab Jackie zur Mühlenoma gebracht, Mattes ist bei Tante Änne.

Ich fahr mit Fahrrad nach Köln. Am Neumarkt sehe ich in die Fenster einer Buchhandlung. Was für wunderbare Bücher. Ich sehe auch Anne Frank. Ich traue mich rein, noch nie war ich in so einer Buchhandlung, wo die Bücher bis unter die Decke stehen. In einem Nebenraum, der kleiner ist, werde ich von dem Duft angezogen. Der Duft erinnert mich an etwas. Es sind alte Bücher, sie haben einen Lederrücken, ich gehe ganz nah heran und rieche den Staub an, der auf ihnen lagert. Das ist mir alles so vertraut, als wäre ich schon mal hier gewesen. Auf einem Absatz liegt ein dünner Band, Die Verwandlung, daneben liegt noch eins, beide haben einen gruseligen Käfer auf dem Titelbild. Eins nehme ich vorsichtig in die Hand und blättere, die Zeichnungen, die anders sind als in meinen Schulbüchern, die Zeichnungen, viel zarter, gefallen mir.

Gefällt dir? spricht mich ein älterer Herr an. Ich nicke verlegen und lege das Büchlein wieder zurück.

Haste dir auch das Beste ausgesucht, ist sehr selten, weil handgeschöpft.

Ich weiß nicht, wovon er redet, ich nicke und lächele ihn an.

Es muss wunderschön sein, hier zu arbeiten, sage ich.

Warum?

Der Duft, der Duft wie von gut geputzten Lederschuhen!

Der Mann lacht.

Gut geputzte Lederschuhe. Das hat ja noch nie jemand gesagt, du hast Fantasie. Willst du hier arbeiten, ich suche einen Lehrling.

Wie versteinert stehe ich da. Hier arbeiten? Als Lehrling? Weg von den Zahlen? Arbeiten mit Büchern? Ich kann es kaum fassen.

Ich wohne aber in Brühl, sage ich.

Das macht doch nichts. Die Bahn fährt alle halbe Stunde. Willst du?

Ich nicke.

In Brühl angekommen, renne ich durch den Park, Richtung nach Hause. Muss mit meiner Mutter reden, die ja übermorgen aus dem Urlaub kommt. Sie muss die Unterschrift fälschen, der Vati unterschreibt nie. Der Herr Beyer hat mir den Lehrvertrag mitgegeben, soll ich unterschrieben zurückschicken oder vorbeikommen. Am 1. September kann ich anfangen, ich bin ja noch in der Probezeit beim Mertens. Der hat mich geschlagen, das kann ich ihm nicht verzeihen, auch wenn er mir bessere Arbeit nach den Ferien geben will. Es ist langweilig, Zahlen, immer nur Zahlen. Hier die Lehre schmeißen und nach Köln gehen, ja, das wär was.

Yes, oh yes, jauchze ich und fliege mit meinem Kafka, den mir Herr Beyer geschenkt hat, durch die Luft. Es ist eine Taschenbuchausgabe wie das Tagebuch von Anne Frank. Ich stolpere, direkt in die Arme des Jungen, der auf dem Schulhof auf dem Mäuerchen saß und las, und mich neulich auf dem Markt vor dem Kino angelächelt und Guten Tag gesagt hat.

Er gibt mir meinen Kafka, der runtergefallen ist, zurück. Sie lesen ja interessante Bücher, Frollein, sagt er. Kafka hatten wir neulich auch in Deutsch. Gehen Sie aufs Ursulinenlyzeum?

Ich verneine.

Darf ich Sie ins Milchcafé einladen? Ich seh Sie manchmal dort sitzen, wenn ich aus der Schule komme. Ich zeige auf meinen Kafka. Meine Anne Frank hat ein Brüderchen bekommen, rufe ich. Ich muss nach Hause. Und laufe davon.

Der Duft der Bücher

Подняться наверх