Читать книгу Der Duft der Bücher - Jenny Schon - Страница 23
Jennifer tanzt
ОглавлениеIm Frühjahr, ich bin schon im dritten Lehrjahr, sagt der Chef, jetzt endlich amortisierst du dich. Im ersten Lehrjahr haste nur Geld gekost, im zweiten waren wir quitt und jetzt krieg ich richtig Geld für dich. Du bist ja schon bilanzsicher, dat hät ich nach ersten Reinfällen mit dir nie gedacht, dat de dat mal schaffst. Dat Eva is nämlich schwanger, und fällt bald us, und ich muss mich schon mal nach einem neuen Lehrling umsehn. Ich hoffe ja, dat de, so lang dat Eva ausfällt, bei mir bleibst.
Auf dem Heimweg ist mir nicht nach Stolz, denn es kommt mir in den Sinn, dass ich ja eigentlich all die furchtbare Zeit in seinem Büro durchgestanden habe, weil ich einmal die Woche nach Köln fahren durfte, und dann, wenn ich ausgelernt habe, ich zu Herrn Beyer gehe. Aber wir haben nie wieder darüber gesprochen und er hat auch einen Lehrling bekommen, einen Italiener aus Verona. Meine Mutter war letztes Jahr in Italien. Sie sagt, ja, sehr schön, als ich ihr erzähle, dass ich mit einem Italiener, der auf meiner Berufsschule ist, Kaffee trinken war. Das war gelogen. Pass aber auf, das sind Gigolos und dann gibt es Bambinos!
Und jetzt kommt der Hammer. Mein Vater, weil er es auf der Lunge hat von der schweren staubigen Arbeit, war in Kur. Und jetzt, liebes Tagesbuch, ich muss dich mal wieder hervorholen, hat er mir ein Buch mitgebracht.
Weißt du noch, liebes Tagebuch, wie er dich aus dem Schrank gestohlen und mir um die Ohren gehauen, die Bücher aus dem Regal gerissen hat? Die würden mir nur den Kopf verdrehn? Erinnerst du dich, Tagebuch?
Und jetzt bringt ausgerechnet er mir ein Buch aus der Kur mit.
Jennifer tanzt. Ein Mädchenbuch für Zwölfjährige. Ich schreibe Liebesromane und er bringt mir ein Mädchenbuch mit. Und soll ich noch etwas erzählen, liebes Tagesbuch. Es hat mir sogar gefallen, wie Jennifer nicht aufgibt, um Tänzerin zu werden. Und da fiel mir wieder Herr Beyer ein, der zu dem alten Mann in dem Hemingway Buch gesagt hat, er hat es ja geschafft, er hat nicht aufgegeben, das ist das Wichtigste im Leben.