Читать книгу Der Duft der Bücher - Jenny Schon - Страница 19

Das Tagebuch zwei

Оглавление

Es ist Winter, ich fahre nicht Fahrrad und bin viel zu Hause am Abend und tippe. Meine Mutter ist stolz auf mich. Sie lauscht an der Tür, wie die Maschine klick klick macht, denn ich habe sie mal erwischt, als ich schnell aufs Klo musste.

Ja, Kind, sagte sie, du machst das, was ich gerne auch gemacht hätte: Schreibmaschineschreiben.

Es hat bei mir im Krieg nur zum Morsen gereicht. Und sie tippt mit den Fingern auf den Tisch dit, doh, Schweigen.

Dit dit doh dit dit. Sie scheint ganz weit weg zu sein.

In der Berufsschule hat man mir gesagt, dass ich nicht auf die Tasten gucken soll. Ich soll einen Pappkarton darüber tun, damit ich die Tasten nicht sehe. Das ist sehr schwer, ich würde am liebsten lostippen und so schreiben wie Hemingway oder Anne Frank, denn man hat uns so blöde Bögen gegeben, nach denen wir tippen sollen, aber manchmal schreibe ich eben doch einfach drauf los.

Zum Tagebuchschreiben bin ich kaum noch gekommen, deshalb hab ich das Heft ganz vergessen zwischen meinen Schlüpfern.

Aber wieder steht eines Abends mein Vater hinter der Tür und klatscht mir das Heft um die Ohren.

Wat steht da drin. Datte weg willst, weil die Eltern so schrecklich sind!

Dat de geknutscht hast im Film in Köln.

Nein, schreie ich, nein. Du hast nichts in meinen Schlüpfern zu suchen. Und ich renne in mein Zimmer und packe meine Schlüpfer und stopf sie in die Waschmaschine und stelle die Maschine an auf Kochen!

Mein Vater sitzt grinsend auf seinem Stuhl beim Ofen, und macht sein abendliches Fußbad, als Mutti rein kommt.

Wieso ist denn die Waschmaschine an!

Dinge Tochter, sagt er, hät ne Waschtick.

Ich knalle die Tür, gehe in mein Zimmer und werfe mich aufs Bett.

Als meine Mutter kommt, es ist ja nicht üblich bei uns, wie bei Karin, dass angeklopft wird, baut sie sich vor mir auf und sagt: Du spinnst ja, so was zu schreiben. Sie gibt mir mein Tagebuch zurück, der Vati hat die Wörter rot unterstrichen, die ihm nicht gefielen.

Nämlich, dass ich mit der Kölner Schulfreundin im James Dean Film war und so geweint habe, dass der Junge, der neben mir saß, mich gestreichelt hat, und ich in mein Tagebuch geschrieben hab, dass ich ihn gerne geküsst hätte, weil er so aussieht wie James Dean, aber der Junge leider nicht draußen gewartet hat, als der Film zu Ende war. Was für ein Glück, ich war ja auch verheult.

Was ist denn da dran schlimm?, frage ich meine Mutter.

Das nicht, aber dass du andere Eltern …, in ein Internat willst, um von zu Hause wegzukommen. Schuftet denn Vati nicht, damit wir ein warmes Zuhause haben?

Schufte ich nicht auch, schreie ich zurück, ich mache eine Lehre nach eurem Willen, wo ich in Köln so einen lieben Chef hätte, der mir Bücher schenkt und mich mag. Ja, die Bücher verdrehen dir den Kopf. Da hat der Vati Recht, dass er das Regal weggenommen hat, damit du nicht weiter Bücher kaufst von dem bisschen Taschengeld. Spar lieber auf die Aussteuer, damit du jemanden findest, wenn du ausgelernt hast! Dann kannste von zu Hause weg.

Zum Neujahr fahr ich mal wieder nach Bonn zu den Großeltern.

Ich komme am Theater vorbei und sehe das Plakat vom weißen Rößl.

Im weißen Rößl am Wolfgangsee, da steht das Glück vor der Tür, hat Vati immer gesungen, wenn er gut gelaunt war, wenn die Bonner da waren und sie Schnäpschen getrunken haben. Dann hat er auch Auf in den Kampf, Torero gesungen, die Schwiegermutter kommt, und dann hat die Bonner Oma gesagt: Aber ich bin doch deine Schwiegermutter, Fritzerl, und dann hat er ihr ein Bützchen gegeben auf die Wange und die Oma hat gekichert, weil sie dann auch gut gelaunt war.

Ich erzähl das dem Opa vom weißen Rößl, oh, das kenn ich, sagt er, das ist in Österreich, vor dem Krieg waren wir auch in Österreich, und er gibt mir Geld. Dann gehok ins Theater, Madla.

Alleine?

Vielleicht kommt der Franzl mit.

Ach, der ist doch jetzt Vater geworden, Opa, der kommt bestimmt nicht mit.

Dann geh mit Deiner Freundin. Und tatsächlich, ich treffe Breuers Bärbel in der Uhlstraße und sage ihr, dass ich demnächst in Bonn ins Theater gehe.

Und ein paar Tage später sagt mein Vater, ich soll zum Breuers Pitter kommen, der will dich wat sagen.

Ich wundere mich, von der Wirtschaft der Pitter will mir was sagen. Und tatsächlich, er sagt, ich hab vom Bärbel gehört, dat du in Bonn ins Theater gehst bei dinge Großeltern. Ich will, dat dat Bärbel auch ins Theater geht, ich han angerufen und han für euch ein Abonnement bestellt, ist dir dat Recht?

Ich strahle, ja, sicher. Und eine Woche später sitze ich mit der Bärbel in Bonn im Theater, Breuers Pitter hat uns hingebracht, und er holt uns auch wieder ab. Bärbel und ich singen im Auto: Es muss was Wunderbares sein, von Dir ge– liiiebt zu werden. Es ist elf Uhr abends und Herr Breuer gibt uns in der Wirtschaft noch einen Piccolo zu trinken, weil wir so lustig sind.

Und meine Mutter steht wie immer, wenn ich später nach Hause komme, im Treppenhaus und sagt: So spät kommst du?

Ja, Breuers Pitter hat dem Bärbel und mir noch ein Piccolo spendiert, als wir aus dem Theater kamen.

Und am nächsten Tag ist mein Vater ganz stolz, dass ich mit dem Bärbel von der Wäätschaft ins Theater gehe, da hat er endlich was zu erzählen an der Theke beim Kölsch: Ming Doochter!

Der Duft der Bücher

Подняться наверх