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Fünf Gründe, warum eine handlungsfeldübergreifende Konzeption der Kinder- und Jugendhilfe wichtig ist
Оглавление• Sie verbindet die unterschiedlichen Arbeitsfelder miteinander, erleichtert Zusammenarbeit und macht die Kinder- und Jugendhilfe nach außen als Einheit und Ganzes sichtbar.
• Sie erleichtert die Vertretung der Interessen von Kindern, Jugendlichen, Sorgeberechtigten und Einrichtungen.
• Sie fördert das berufliche Selbstverständnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihr methodisches Handeln und die Entwicklung von Maßstäben für eine ›gute‹ Kinder- und Jugendhilfe.
• Die normativen Grundlagen (»Grundwerte«) werden sicht- und reflektierbar, nach innen und nach außen.
• Methodisches Handeln verselbständigt sich nicht, sondern wird eingebunden in eine normative Werte- und Zielbestimmung.
Individuelle Haltungen von Fachkräften, die in jedem professionellen Handeln wirksam werden, werden von konzeptionellen Leitorientierungen der Profession mitgeprägt; die konzeptionellen Leitorientierungen bilden einen Spiegel, vor dem sich professionelle Akteure methodisch und in ihrer normativen Haltung legitimieren sollen. Eine ständige fachliche und fachpolitische Selbstvergewisserung und die damit oft verbundenen kontroversen Fachdebatten über konzeptionelle Eckpunkte sind – nicht zuletzt angesichts kontinuierlicher gesellschaftlicher Veränderungen – ein ständiger Begleiter der Jugendhilfe in allen historischen Phasen. Professionelles Handeln bedarf der Fundierung und Rahmung durch eine explizite Debatte zu Auftrag, Zielen, Methoden der Profession, was Debatten zur normativen Grundlage des Handelns (Menschenbild, werteorientierte Zulässigkeit von Handlungsweisen, Umgang mit Werteambivalenzen und Wertkonflikten etc.) einschließt – als Bestandteil einer für die Kinder- und Jugendhilfe maßgeblichen Form der »reflexiven Professionalität« (Dewe/Otto 2010).
Konzeptionelle Leitorientierungen in der Kinder- und Jugendhilfe werden in unterschiedlichen Modalitäten und Kontexten präsentiert: in eher umfassenderen theoretischen Konzepten oder in Form von konzeptionellen Leitbegriffen, die nicht spezifisch an theoretische Konzepte gebunden sind, sondern eher unabhängig von solchen theoretischen Konzepten erscheinen bzw. an verschiedene theoretische Konzepte ankoppelbar sind. In der nachfolgenden Darstellung sind einige ›theoretische‹ Konzepte und einige konzeptionelle Leitbegriffe ausgewählt, die aus Sicht der Autoren eine Bedeutung für aktuelle Konzeptdiskussionen in der Kinder- und Jugendhilfe haben und mit denen sich daher Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe auseinandersetzen sollten. Die Beschränkung auf drei umfassendere Konzepte ist Ausdruck der Wahrnehmung, dass in der Praxis der Kinder- und Jugendhilfe die »umfassenderen konzeptionellen Erzählungen« (von Sandermann/Neumann [2018, 212 ff.] als »Grand Theories« charakterisiert) relativ selten argumentativ genutzt und verarbeitet werden. Stattdessen erhalten Leitbegriffe wie »Prävention«, »Ressourcenorientierung«, »Sozialraumorientierung« etc. eine größere Bedeutung, wenn es darum geht, Praxiskonzepte zu entwerfen und zu begründen und für Praxiskonzepte eine Akzeptanz in der Fachöffentlichkeit und in den sozialpolitischen Kontexten zu finden. Doch auch bei den konzeptionellen Leitbegriffen beschränken wir uns auf einige Begriffe, die sich nach unserer Wahrnehmung seit einiger Zeit in den Konzeptdiskussionen als prägend herausgestellt haben und die voraussichtlich auch in künftigen Diskussionen als legitimatorische Leitformeln Bedeutung behalten werden.