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Selbstbefähigung/Empowerment/Ressourcenorientierung

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Mit Empowerment sind sowohl eine Haltung als auch Handlungsstrategien gemeint, die die Autonomie der Menschen fördern und deren Maß an Selbstbestimmung erhöhen sollen. Mit dem Begriff des Empowerments wird zum einen der Prozess beschrieben, in dem Menschen die (Deutungs-)Hoheit über ihr Leben erhalten oder (rück-)gewinnen; zum anderen charakterisiert der Begriff das auf die Selbstbemächtigung der Menschen ausgerichtete professionelle Handeln der in der Kinder- und Jugendhilfe tätigen Fachkräfte. Das Konzept des Empowerment geht davon aus, dass es den Menschen obliegt und zusteht, ihr Leben entsprechend ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten. Es wendet sich ab von defizitorientierten Sichtweisen auf junge Menschen und Familien und konzentriert sich darauf, diese bei der Entwicklung und Realisierung positiver Lebensentwürfe zu unterstützen. In diesem Sinne ist Empowerment der Versuch, Menschen dazu zu ermutigen und sie in die Lage zu versetzen, ihre eigenen Lösungswege zu erschließen und für sich umzusetzen.

Damit löst sich die Kinder- und Jugendhilfe von der Gefahr der »fürsorglichen Belagerung«, die bei Adressaten und Adressatinnen eine »gelernte Hilflosigkeit« auslösen kann. Gleichzeitig braucht sie aber – um nicht in ein neoliberales »jeder ist seines eigenen Glückes Schmied« zu verfallen – einen klaren Blick auf objektive Restriktionen (Mangel an persönlichen, sozialen und materiellen Ressourcen), die sich dem Ziel der Selbstbestimmung in den Weg stellen (Herriger 2014). Empowerment ist insofern untrennbar mit dem Begriff der Ressourcenorientierung verbunden. Um Selbstbemächtigung zu ermöglichen, muss ein erster Blick der Fachkräfte auf die individuell, materiell, sozial verfügbaren Ressourcen gerichtet sein. Auch der Begriff des Empowerments bewegt sich in einem spezifischen Spannungsfeld. Es geht um die Frage nach der jeweils richtigen Balance zwischen der Gestaltung professioneller Angebote und Hilfen und der Aktivierung von Menschen, ihre Anliegen in solidarischer Selbsthilfe zu thematisieren und zu bearbeiten. Hier stellt sich die Kernfrage, inwieweit Strategien des Empowerment geeignet sind, einerseits Hilfe zur Selbsthilfe zu initiieren und andererseits zu erkennen, wo professionelle Unterstützung Selbsthilfepotenziale untergräbt.

Auch in der Leitvokabel »Ressourcenorientierung« ist eine elementare Ambivalenz enthalten: zwischen notwendiger methodischer Ausrichtung an den Potenzialen und Stärken der Adressaten und Adressatinnen einerseits sowie der mangelnden Beachtung und Würdigung der vorhandenen Defizite, die erst »Hilfebedürftigkeit« konstituieren. Die Konstituierung von Hilfebedürftigkeit, die das Tätigwerden von Sozialer Arbeit erst legitimiert, geschieht immer über die Feststellung eines Mangelzustandes, eines Defizits. Mit welchen Begriffen man den Zustand auch immer beschreibt, der zum Einsatz von Hilfeaktivitäten führt, letztlich bleibt ein Defizit festzustellen. Die Defizitperspektive ist der Sozialen Arbeit inhärent; sie ist für Soziale Arbeit konstitutiv, weil Hilfebedürftigkeit an die Feststellung gebunden ist, dass ›etwas fehlt‹ (Brumlik/Keckeisen 1976/2000). Nur dann, wenn Mangelsituationen definiert werden, besteht eine Legitimation für den Einsatz von Hilfen. In der Erziehungshilfe bildet eine Mangelsituation die rechtliche Voraussetzung für Hilfe-Aktivitäten. Auch Menschen, die Hilfe benötigen, können nur dann Bereitschaft zu einer für einen Erfolg konstitutiven Mitwirkung entwickeln, wenn sie in ihrer Selbst- und Situationsdefinition davon ausgehen, dass ihnen ›etwas fehlt‹, was zur ›Normalität‹ gehört. Ohne dass die Menschen, einen Mangelzustand (Not, Problem, Leiden o. Ä.) empfinden und/oder eine – wenn auch diffuse – Vorstellung darüber haben, wie es besser sein sollte oder könnte, wird sozialpädagogische Hilfe kaum zustande kommen. Ressourcenorientierung kann dann zu einem methodischen Problem für sozialpädagogisches Handeln werden, wenn – bei aller notwendigen Ausrichtung an den Potenzialen und Stärken der Adressaten und Adressatinnen – die Wahrnehmung von Mangelzuständen verdrängt wird oder viele Defizite und Probleme durch sprachliche Veränderungen verharmlost werden (z. B. in der Umformung von »abweichendem Verhalten« in »Verhaltensoriginalität« oder von »mangelnder Konzentrationsfähigkeit« in »große Spontanität«).

Als Fragen an konzeptionelles und praktisches Handeln in der Jugendhilfe ergeben sich aus der Sicht des Empowerment:

• Welche Impulse brauchen Kinder, Jugendliche und Familien durch die Jugendhilfe, um ihr Leben (wieder) selbstbestimmt steuern zu können?

• Welche Aktivitäten der Jugendhilfe befördern und welche behindern ein selbstbestimmtes Leben?

• Wie kann sich Jugendhilfe bei einem Hilfebedarf von Familien-(Mitgliedern) schnell wieder überflüssig machen (Hilfe zur Selbsthilfe)?

• Wo gerät Empowerment durch objektive Restriktionen in der Lebenslage von jungen Menschen und ihren Familien an seine Grenzen? Wie ist dann mit solchen Grenzen umzugehen?

• Wie kann der Blick auf Potenziale und Ressourcen der Adressaten und Adressatinnen und ihres sozialen Umfelds so geschärft und aufrechterhalten werden, dass dabei die realen Probleme, Mangel- und Notsituationen, Defizite nicht an den Rand gedrängt werden?

Kinder- und Jugendhilfe

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