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3. Zuwiderhandlung nach Nr 1 lit a

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Ein Verstoß gegen das Ausfuhrverbot liegt vor, wenn die in der Sanktionsmaßnahme erfassten Güter an einen in der Sanktionsmaßnahme genannten Empfänger oder in ein dort genanntes Land geliefert werden. Welches Verhalten genau untersagt ist, kann nur der jeweiligen Sanktionsmaßnahme selbst entnommen werden. Insbesondere können in Sanktionsmaßnahmen gegen einzelne Staaten Begriffe mit (leicht) unterschiedlicher Bedeutung verwendet werden. Für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale sind daher die in den unmittelbar geltenden Rechtsakten genannten Begriffsdefinitionen maßgeblich,[14] nicht hingegen die Definitionen in § 2 AWG,[15] denn aus dem Wortlaut des Abs 1 ergibt sich, dass als verbotene Handlungen jeweils die Zuwiderhandlungen gegen die unmittelbar geltenden Rechtsakte anzusehen sind.

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Sofern in der Sanktionsmaßnahme nicht der Begriff der Ausfuhr näher definiert ist, wird darunter entsprechend Art 2 der Dual-Use-VO[16] jede Verbringung eines Guts aus dem Gebiet der Europäischen Union in das Embargoland zu verstehen sein. Vollendet ist die Ausfuhr dann, wenn die Güter die Außengrenzen der EU überschritten haben.[17] Bis dahin liegt lediglich Versuch vor.[18] Die Tat setzt nicht voraus, dass die Ausfuhr aus Deutschland erfolgt, vielmehr ist es unerheblich, in welchem EU-Mitgliedstaat sich die Ware zum Zeitpunkt der Versendung befindet. Somit kann ein Embargoverstoß auch dann vorliegen, wenn der Täter in Deutschland die Lieferung einer sich in Portugal befindlichen Ware in das Embargogebiet veranlasst, ohne dass die Ware sich jemals auf deutschem Boden befunden hat.[19]

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Ein Verstoß gegen ein Einfuhrverbot liegt vor, wenn entsprechend § 2 Abs 11 AWG[20] aus dem Embargogebiet Waren ins Inland verbracht werden, sofern nicht der Rechtsakt selbst die Verbringung in das Gemeinschaftsgebiet als Einfuhr ansieht.[21] Auch Zahlungsmittel können Erzeugnisse oder Waren darstellen, sofern ihnen nicht eine bloße Zahlungsfunktion als Entgelt für die Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen zukommt, sondern sie ihrerseits wie zB beim Devisenkauf als Wirtschaftsgut anzusehen sind.[22]

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Beim Verbot der Durchfuhr wird, sofern die Sanktionsmaßnahme keinen eigenständigen Durchfuhrbegriff enthält, die Durchfuhr nach Art 2 Nr 7 Dual-Use-VO zu bestimmen sein,[23] nicht nach § 2 Abs 21. Danach ist die Durchfuhr die Beförderung nichtgemeinschaftlicher Güter in und durch das Zollgebiet der EU zu einem Bestimmungsziel außerhalb der EU.

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Der Begriff der Verbringung wird dem des § 2 Abs 21 AWG entsprechen und die Lieferung von Waren oder die Übertragung von Software und Technologie aus dem Inland in das übrige Zollgebiet der Europäischen Union oder umgekehrt umfassen.[24] Erfasst werden damit die Fälle, in denen Waren zwar innerhalb der EU verbracht werden, dem Verbringer aber der Endverbleib im Embargogebiet bekannt ist.[25]

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Verkaufsgeschäfte betreffen den Abschluss schuldrechtlicher Verträge, die die Verschaffung von Besitz und Eigentum an Waren und Gütern zum Gegenstand haben. Sofern in der Embargoverordnung der Begriff Verkaufen auch im Zusammenhang mit Dienstleistungen gebraucht wird, fallen auch solche Verträge hierunter.[26] Einseitige Verträge wie zB die Schenkung[27] werden ebenso wenig erfasst wie Verträge über die nur vorübergehende Überlassung von Gegenständen, wie Miet-, Pacht- oder Leasingverträge. Nicht erforderlich ist, dass sich die Waren zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verkaufsgeschäfts schon im Einflussbereich des Veräußerers befinden.[28] Sie müssen noch nicht einmal im EU-Raum belegen sein, sondern können auch in einem Land lagern, das selbst nicht an die Embargo-Vorschriften gebunden ist.[29] Das Verkaufsverbot hat eine Vorverlagerung der Strafbarkeit vor den eigentlichen Verbringungsakt zur Folge. Ein Verstoß gegen das Verkaufsverbot liegt, sofern in dem Rechtsakt nichts anderes bestimmt ist, erst dann vor, wenn der Verkaufsvertrag zustande gekommen ist. Bloße Verkaufsverhandlungen, selbst wenn die wesentlichen Vertragsbestandteile bereits feststehen, reichen hierfür noch nicht,[30] ebenso wenig die Abgabe eines verbindlichen Angebots,[31] wobei dann allerdings der Versuch des Verkaufs anzunehmen sein kann.[32] Etwas anderes muss aber gelten, wenn der Verkaufsvertrag unter der Bedingung der Aufhebung eines Embargos oder der Erlangung einer Genehmigung geschlossen wird; insoweit ist der Tatbestand teleologisch zu reduzieren.[33]

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Der Erwerb liegt im Sichverschaffen der Verfügungsmacht über einen Gegenstand. Dabei kommt es nicht auf den Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages,[34] sondern ausschließlich auf die faktische Gewahrsamserlangung zu eigenen Zwecken an. Aus § 2 Abs 14 AWG ergibt sich nämlich, dass der Erwerb das Gegenstück zum Überlassen von Gütern ist. Zudem spricht § 2 Abs 14 AWG von einem Vertrag über den Erwerb bzw einem Vertrag über das Überlassen von Waren, so dass damit klargestellt ist, dass es nicht auf den Vertragsschluss,[35] sondern den Realakt ankommt.

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Eine Lieferung, in Abgrenzung zur Ausfuhr oder Verbringung, liegt vor, wenn Güter in das Embargogebiet gebracht werden, ohne dass sie sich zuvor im Zollgebiet der EU befunden haben, dh ohne dass eine Ausfuhr stattfindet.[36] Eine Lieferung liegt ua dann vor, wenn der Täter ein außerhalb der EU ansässiges Tochterunternehmen anweist, unter das Embargo fallende Waren in das Embargogebiet zu senden.[37]

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Bereitstellungsverbote finden sich in der Regel in personen- und organisationsbezogenen Embargos (sog Terroristenlisten) und sind regelmäßig auf Gelder oder andere wirtschaftliche Ressourcen bezogen. Der Begriff des Bereitstellens ist identisch mit dem des Zurverfügungstellens oder Zugutekommenlassens.[38] Erforderlich ist dabei, dass die wirtschaftlichen Ressourcen der vom Embargo erfassten Person tatsächlich zufließen und sie darauf Zugriff nehmen kann.[39] Wie dies geschieht, ist hingegen ohne Bedeutung.[40] Dies kann auch mittelbar geschehen, wenn Güter an eine nicht gelistete Person geliefert werden, die sie an eine gelistete Person weitergibt oder die unter deren Kontrolle stehen,[41] auf deren Weisung oder in deren Namen handelt.[42] Die Lieferung an einen Zwischenhändler kann uU dafür bereits genügen,[43] ebenso Lieferungen über Mittelsmänner oder Strohleute.[44] Die Beweisvermutungen und Beweisgrundsätze der vom Rat der EU erstellten Leitlinien zur Auslegung mittelbarer Bereitstellungsverbote[45] sind zwar für das Strafrecht nicht verbindlich, geben aber Auslegungshinweise für den Begriff der mittelbaren Bereitstellung.[46] Maßgebend ist dabei der Realakt; der Vertragsschluss oder bloße Vorbereitungshandlungen sind noch kein Bereitstellen.[47] Ein Zurverfügungstellen liegt ua dann vor, wenn einer gelisteten Person Bankkonten übertragen oder EC-Karten oder PIN-Nummern überlassen werden, die ihr das Abheben von oder die Verfügung über Gelder ermöglichen.[48] Bei Banken, die Geld- oder Finanztransaktionen im Auftrag von Kunden durchführen, wird idR kein eigenes Bereitstellen durch die Bank, sondern allenfalls ein solches durch den Kunden vorliegen.[49] Allerdings kommt bei entsprechendem Vorsatz eine Beihilfe zum Bereitstellen in Betracht. Ein Bereitstellen kann auch durch das Hawala-Banking geschehen, bei dem Gelder eingesammelt und an eine Bank in räumlicher Nähe des Embargogebiets überwiesen werden, wo die Gelder in bar abgehoben und in das Embargogebiet verbracht werden können.[50]

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Hingegen liegt kein Verstoß gegen ein Bereitstellungsverbot vor, wenn die Listungsentscheidung verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist.[51] Solche Verfahrensfehler schließen aus, dass die Listung als Grundlage strafrechtlicher Maßnahmen dient.[52] Etwas anderes gilt nur dann, wenn der EuGH ausdrücklich eine vorübergehende Weitergeltung der Listung anordnet.[53] Eine Heilung eines Verfahrensmangels hat im Übrigen keinerlei strafrechtliche Folgen, sondern eine Verurteilung kann auf eine verfahrensfehlerhafte Listung nicht gestützt werden.[54]

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Wirtschaftliche Ressourcen sind Vermögenswerte jeder Art, unabhängig davon, ob sie materiell oder immateriell, beweglich oder unbeweglich sind, bei denen es sich nicht um Gelder handelt, die aber für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können.[55] Güter des täglichen Lebens oder Leistungen mit Verbrauchscharakter wie Wasser, Gas, Strom, fallen hingegen nicht hierunter, da dies nicht die allgemeine Teilnahme am Wirtschaftsverkehr betrifft.[56] Auch Warenlieferungen zum Endverbrauch an Unternehmen werden hiervon nicht erfasst.[57] Ansprüche aus einem Vertragsschluss führen vor ihrer Erfüllung idR noch nicht zu einer unmittelbaren Besserstellung,[58] anderes kann uU aber gelten, wenn Erfüllungsansprüche abtretbar sind.[59] Ob die Erbringung von Dienstleistungen als wirtschaftliche Ressource anzusehen ist, bestimmt sich zunächst nach der jeweiligen Embargomaßnahme. Dies wird zu verneinen sein, soweit Dienstleistungen nicht unmittelbar in einen Vermögenswert umgewandelt werden können.[60] Etwas anderes kann für Finanz- oder Maklerdienstleistungen oder für die Erbringung technischer Unterstützung gelten, sofern diese unmittelbar für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen nutzbar sind.[61]

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Das Verbot der Weitergabe ist als Auffangtatbestand für solche Handlungen anzusehen, die weder Ausfuhr, Lieferung, Verkauf oder Erwerb darstellen. Weitergabe ist die Übertragung der Verfügungsgewalt innerhalb einer Lieferkette in Kenntnis der Endbestimmung der Güter.[62] Darunter können auch Transithandelsgeschäfte iSv § 2 Abs 17 fallen,[63] jedoch nur dann, wenn es über den Vertragsschluss hinaus auch zu einer Übertragung des Gewahrsams an den Gütern gekommen ist.

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Dienstleistungsverbote untersagen die Erbringung von Leistungen aller Art, insbesondere solche im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags.[64] Der Umfang des Dienstleistungsverbots lässt sich lediglich nach Sinn und Zweck der jeweiligen Embargoregelung bestimmen.[65] Dienstleistungsverbote können insbesondere die Erbringung technischer Unterstützung[66] in Verbindung mit der Reparatur, Entwicklung, Herstellung, Montage, Erprobung, Wartung oder jeder anderen technischen Dienstleistung oder auch Vermittlungsgeschäfte[67] iSv Art 2 Abs 5 EG Dual-Use-VO untersagen.

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Investitionsverbote stellen das Verbot dar, im Embargogebiet oder zugunsten einer im Embargo genannten Person oder Unternehmen Gelder als Kapitalanlage, insbesondere durch Erwerb einer Beteiligung einem Unternehmen anzulegen.[68] Reine Geldzahlungen zur Vergütung von Lieferungen oder Leistungen werden hiervon nicht erfasst,[69] anders aber Geldzahlungen zu Zwecke des Immobilienerwerbs.[70]

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