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Die Abkommandierung

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Der Oberstleutnant hatte ihn hochgehen lassen, Roger Brockmann stand stramm (auf einem Bein) vor dem Standortkommandanten und musste sich wüste Beschimpfungen anhören. Er hatte geahnt, dass es zu dieser Begegnung kommen würde und war vorbereitet, er wies alle Vorwürfe (dass er Dr. Monika Brendel sexuell belästigt haben sollte) zurück. Als der wütende Offizier ihm eine Skizze des Sichtbereichs (aus seinem Büro im Lager) vorlegte aus der hervorging, dass das Arbeitszimmer der Frau direkt im Zentrum lag, gab er sich lässig und sagte:

„Herr Oberst, da zeigt mal einer Ihrer Untergebenen Initiative und dann wird das so gedankt. Ich habe lediglich dafür gesorgt, dass die Waffen stets einsatzbereit sind, aber möglicherweise legen Sie keinen Wert auf selbstständiges Denken Ihrer Soldaten, oder?“

Dem Offizier blieb zunächst die Spucke weg, dann brüllte er hemmungslos:

„Was erlauben Sie sich überhaupt, Sie Lagerhengst? Seien Sie froh, dass ich Sie nicht sofort einsperren lasse. Sie melden sich bei Major Schlüter, der hat eine besondere Aufgabe für Sie, treten Sie weg, aber dalli! Mann, Sie können ja nicht einmal zackig die Hacken zusammen schlagen, Sie Pfeife“ (was Roger Brockmann wegen des amputierten Beines wirklich nicht möglich war) „so was dient in der Bundeswehr, eine Schande eigentlich! Nicht zu fassen was für Material heutzutage eingestellt wird.“

„Jetzt hören Sie mir noch einmal genau zu Unteroffizier Brockmann“ fuhr der gereizte Offizier lautstark fort „ich stehe kurz vor der Beförderung zum Generalmajor und lasse mir meine Karriere von Ihnen nicht kaputt machen. Ich will Ihnen nur eins sagen, waschen Sie die Schande, die Sie über unseren Standort gebracht haben notfalls mit Blut ab, ja glotzen Sie doch nicht so dämlich, sind Sie Soldat oder eine Schwuchtel? Treten Sie jetzt endlich weg, ich kann Ihren Anblick nicht länger ertragen! So was Schwaches, wer hat Ihnen denn früher so ins Gehirn geschissen, dass da kein Platz mehr für die graue Masse blieb, raus jetzt!“

Roger Brockmann eilte zu Major Schlüter, der ihm fein lächelnd den Auftrag erklärte.

„Herhören Brockmann, die Sache ist ausgesprochen vertraulich und die Standortverwaltung wird unauffällig das Gerücht streuen, dass Sie wegen Ihrer Erfahrungen in Afghanistan von der Marine angefordert wurden, um auf einer der modernsten Fregatten der Marine anzumustern, denn die Crew wird vor Somalia auf Piratenjagd gehen. Da die Sache brenzlig werden kann hat der Standortkommandant Ihre Verwendung an der Rohrartillerie erbeten. Ein Bein haben Sie ja schon eingebüßt, da kommt es auf einen Arm ja auch nicht mehr drauf an, meint er jedenfalls. Morgen melden Sie sich Punkt 15 Uhr bei Korvettenkapitän Freitag in Bremerhaven, wegtreten.“

Roger Brockmann war bei dem Gedanken an einen Kampfeinsatz nicht wohl.

Alte Hausmärchen - Humorvoll, spannend und zeitgemäß für Erwachsene neu erzählt, Band 1

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