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Kegelabend

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Wie Mitternacht herankam, ließ sich ein Lärm und Gepolter hören; erst sachte dann immer stärker, dann war’s ein bißchen still, endlich kam mit lautem Geschrei ein halber Mensch den Schornstein herab und fiel vor ihn hin. “Heda!” rief er, “noch ein halber gehört dazu, das ist zu wenig.” Da ging der Lärm von frischem an, es tobte und heulte und fiel die andere Hälfte auch herab. “Wart,” sprach er, “ich will dir erst das Feuer ein wenig anblasen.” Wie er das getan hatte und sich wieder umsah, da waren die beiden Stücke zusammengefahren und saß da ein greulicher Mann auf seinem Platz. “So haben wir nicht gewettet,” sprach der Junge, “ die Bank ist mein.” Der Mann wollte ihn wegdrängen, aber der Junge ließ sich’s nicht gefallen, schob ihn mit Gewalt weg und setzte sich wieder auf seinen Platz. Da fielen noch mehr Männer herab, einer nach dem andern, die holten neun Totenbeine und zwei Totenköpfe, setzten auf und spielten Kegel. Der Junge bekam auch Lust und fragte: “Hört ihr, kann ich mit sein?” - “Ja, wenn du Geld hast.” - “Geld genug,” antwortete er, “aber eure Kugeln sind nicht recht rund.” Da nahm er die Totenköpfe, setzte sie in die Drehbank und drehte sie rund. “So, jetzt werden sie besser schüppeln,” sprach er, “heida! nun geht’s lustig!” Er spielte mit und verlor etwas von seinem Geld, als es aber zwölf schlug, war alles vor seinen Augen verschwunden. (24)

„Wo soll das sein Opa“ fragte Olaf Furcht seinen Großvater.

„Vielleicht drei Kilometer weg von hier“ antwortete Paul Furcht „aber überleg’ es dir, man erzählt sich ziemlich schlimme Dinge von diesen Typen.“

„Wir werden sehen“ sagte Olaf, zog sich an und ging durch den Wald zum angegebenen Ort. Laute Musik wies ihn den Weg, als er sich der Stelle näherte zeigten ihm die Motorräder, dass er richtig war.

Das Gebäude sah aus wie ein langgestreckter Schuppen und aus seinem Inneren drang ein fortlaufendes Poltern. Olaf schaute durch eines der kleinen Fenster und erblickte bärtige und in Leder gehüllte Männer, die kegelten. Das Besondere an dem Spiel war, dass sie Totenbeine als Kegel aufgestellt hatten und die Kugeln wie Totenköpfe aussahen, die allerdings nicht sonderlich gut rollten. Er suchte den Eingang und trat ein. Die Männer sahen auf und einer sagte herrisch:

„Verpiss’ dich, du Rotzer.“

„Ich habe gehört, dass ihr um Geld spielt, da würde ich gern mitmachen“ war Olafs Antwort.

„Du halbe Portion, du kannst doch nicht mal die Kugel anheben“ höhnte einer „los zeig mal, was du kannst.“

Olaf warf, zehn Kegel fielen um und die Männer sahen ihn erstaunt an. Plötzlich kam einer im Rollstuhl heran (die anderen machten ehrfürchtig Platz und schauten betreten weg), dessen Beine nicht mehr vorhanden waren und der deswegen wie ein halber Mann wirkte. Das war schon kein schöner Anblick aber noch erträglich, sein Gesicht war allerdings das eines Monsters. Dem Mann fehlte ein Auge (aber er trug keine Augenklappe), beide Ohrmuscheln war verschwunden, die Nase zur Hälfte, und die linke Seite seines Schädels großflächig verbrannt, in seinem Mund gab es nur noch wenige und schief sitzende bräunliche Zähne. Olaf schaute ihn unbeeindruckt an und der andere schien aus der Fassung zu geraten.

„Hast du gar keinen Schiss, mich anzukucken“ nuschelte er.

„Nö, warum“ antwortete der junge Mann „du siehst aus, als wärst du mal mit deiner schweren Mühle zu schnell in die Kurve gegangen oder hast zu waghalsig überholt, Abflug und Rettungsdienst.“

„Stimmt“ erwiderte der andere verblüfft „woher weißt du das?“

„Sieht man doch, aber ich kenne Schlimmeres, es gibt da paar ordentliche Videos aber alles nichts Welt bewegendes, ziemlich langweilig.“

„Los, kegele jetzt mit mir“ legte der Versehrte fest und griff mit der rechten Hand (jetzt sah Olaf, dass er auch noch den anderen Arm eingebüßt hatte) zu einem der Totenköpfe, holte Schwung und ließ die Kugel los, er schaffte sieben Kegel.

Am Ende stand es 67 zu 89 für Olaf, er zahlte seine Wettschulden von den 50 Euro die er in der Gespensterbahn verdient hatte und ging zum Großvater.

„Die sind doch harmlos“ sagte er „morgen geh ich noch mal hin, da ist vielleicht noch Geld zu holen.“

Alte Hausmärchen - Humorvoll, spannend und zeitgemäß für Erwachsene neu erzählt, Band 1

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