Читать книгу Alte Hausmärchen - Humorvoll, spannend und zeitgemäß für Erwachsene neu erzählt, Band 1 - Jörn Kolder - Страница 19
Kleine Schuhgrößen schonen die Haushaltkasse
ОглавлениеWenn eine neue Frau noch Stieftöchter mitbringt gibt es Stress
Töchter erliegen den Verlockungen der Konsumgesellschaft
Castings sind in
Schuhe sollten nicht drücken
Der Traumprinz entpuppt sich als Blender
Die Tyranninnen
Einem reichen Manne, dem wurde seine Frau krank, und als sie fühlte, daß ihr Ende herankam, rief sie ihr einziges Töchterlein zu sich ans Bett und sprach: “Liebes Kind, bleibe fromm und gut, so wird dir der liebe Gott immer beistehen, und ich will vom Himmel auf dich herabblicken, und will um dich sein.” Darauf tat sie die Augen zu und verschied. Das Mädchen ging jeden Tag hinaus zu dem Grabe der Mutter und weinte, und blieb fromm und gut. Als der Winter kam, deckte der Schnee ein weißes Tüchlein auf das Grab, und als die Sonne im Frühjahr es wieder herabgezogen hatte, nahm sich der Mann eine andere Frau.
Die Frau hatte zwei Töchter mit ins Haus gebracht, die schön und weiß von Angesicht waren, aber garstig und schwarz von Herzen. Da ging eine schlimme Zeit für das arme Stiefkind an. “Soll die dumme Gans bei uns in der Stube sitzen!” sprachen sie, “wer Brot essen will, muß verdienen: hinaus mit der Küchenmagd!” (23)
Erwin Hauser hatte es zu Geld gebracht, seine Baufirma lief hervorragend und da er nicht schlecht zahlte lieferten seine Leute auch gute Qualität ab, so dass er nahezu immer ins Geschäft kam wenn die Kommune wieder ein Projekt ausschrieb. Er war schlau genug gewesen eine ganze technologische Kette in seinem Firmenimperium aufzubauen und so verfügte er noch über ein Gerüstbauunternehmen und einen Malerbetrieb, so dass sich seine Leute im wörtlichen Sinne in den Objekten die Klinke in die Hand gaben. Geschäftlich lief somit alles Bestens nur privat hatte er Probleme, da seine Frau schwer erkrankt war und die Ärzte ihr gerade noch einmal zwei Wochen Lebenszeit gaben. Karla Hauser war sehr fromm und als sie spürte, dass der Schöpfer sie zu ihm rief, bat sie Susanne Hauser, ihre achtzehnjährige Tochter, an ihr Bett und sagte:
„Mein Kind, bleibe immer gut, so wird der liebe Gott dir auf deinen Wegen beistehen und ich werde dich vom Himmel aus mit meinen guten Wünschen begleiten.“
Dann schloss sie die Augen und atmete nicht mehr.
Susanne Hauser hatte unter diesem Verlust sehr zu leiden und trauerte lange um ihre Mutter, jeden Tag fuhr sie auf den Friedhof, betete und pflegte das Grab, selbst im strengen Winter war sie täglich dort.
Ihr Vater, Erwin Hauser, hingegen hatte sich entschlossen, nach einem Trauerjahr nach einer neuen Frau zu sehen, denn er war mit Mitte vierzig nicht bereit, die kommenden Jahre allein zu leben. Als moderner und zupackender Mensch beteiligte er sich an einer Partnervermittlungsbörse und landete nach einiger Zeit einen Treffer, eine gut aussehende Frau mit zwei Töchtern (siebzehn und zwanzig Jahre alt) zog ihn in ihren Bann und er arrangierte eine Begegnung in einem Kaffee. Eigentlich war er nicht sonderlich glücklich darüber, dass die beiden Mädchen in sein Haus kommen sollten aber Rita Brosius, die Frau, verfügte über so ausgefeilte sexuelle Verführungskünste, dass er ihr unheimlich schnell verfiel und seine Bedenken in den Hintergrund traten. Da Rita ihm lautstark einen Höhepunkt nach dem anderen vorgaukelte fühlte er sich so als ganzer Kerl, was seine Befürchtungen über mögliche Differenzen zwischen den Frauen endgültig zerstauben ließen.
Leider stellte sich schnell heraus, dass Ulrike und Tanja, die Töchter der Frau, zwar ausgesprochen nett anzusehen waren aber über Charaktereigenschaften verfügten, die den häuslichen Frieden bald in Frage stellen sollten. Beide waren durch ihre Mutter (da ihr Vater bald nach der Geburt der Mädchen das Weite gesucht hatte) sehr verzogen worden und damit auch allen Tätigkeiten im Haushalt entwöhnt. Diese schoben sie nun alle auf Susanne mit dem Argument ab, dass sie durch ihre Jobs als Kosmetikerin und Bekleidungsverkäuferin nicht in der Lage wären sich mit Kochen, Abwaschen, Wäsche waschen und anderen Dingen zu beschäftigen ohne ihre Hände (als wichtiges Arbeitsmittel) zu schädigen. Susanne Hauser sah in den Augen ihres Vaters die stumme Bitte sich zu fügen (weil er von den sexuellen Verführungskünsten von Rita Brosius einfach nicht genug bekommen konnte), so dass die junge Frau die von den anderen verschmähten Arbeiten übernehmen musste. Da sie dies neben ihrer Arbeit als kaufmännische Angestellte tat kam sie locker auf eine 60-Stunden-Woche. Ihre Stiefschwestern beließen es allerdings nicht dabei sich überall zu drücken, sondern verhöhnten sie auch noch bei allen Gelegenheiten und gingen soweit, ihr eines Tages, als sie Linsen (süß sauer) kochen wollte, diese in eine Schüssel mit Mehl schütteten (die sie zum Andicken des Eintopfs benötigte) so dass sie diese mühsam wieder herauslesen musste, was sie enorm viel Zeit kostete. Nun war durch den Einzug der anderen drei Frauen der Platz in den Schlafräumen knapp geworden und Susanne musste abends, wenn sie müde von der vielen Hausarbeit war (für fünf Personen fällt ja einiges an), mit einem Campingbett vorlieb nehmen, das in der geräumigen Küche aufgeschlagen wurde. Da die anderen Frauen die Angewohnheit hatten, bis in die Puppen fern zu sehen, und sich das eine und andere Weinchen zu genehmigen und sich nach Mitternacht lautstark durch das Haus bewegten, kam hinzu, dass Susanne auch nicht ausreichend Schlaf bekam. Ihr Vater nahm alles schweigend zur Kenntnis, seine erste Frau war eher spröde (und fromm, vielleicht deswegen) gewesen und Rita Brosius war eine Meisterin darin, ihn regelmäßig zu verführen, so dass er jedes Mal den Verstand verlor und die Dinge so laufen ließ. Dass die beiden bösartigen Mädchen seine leibliche Tochter auch noch „Puttelchen“ nannten spielte da schon keine Rolle mehr.