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1.3.2 Redaktionsgeschichtliche Beobachtungen – Beispiele für redaktionelle Intentionen und Verfahrensweisen 1.3.2.1 Die Problematik chronologischer Vorgaben

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Am folgenden Beispiel soll kurz demonstriert werden, inwiefern damit zu rechnen ist, dass die in den atl. Prophetenbüchern überlieferten Hinweise auf den Zeitrahmen und die Verkündigungsphasen des Propheten keineswegs historisch zuverlässige Informationen darstellen. Nach den Angaben z.B. des Jeremia-Buches in Jer 1, 2 wäre Jeremia als Prophet seit dem 13. Jahr des Königs Josia (d.i. das Jahr 626 v.Chr.) aufgetreten. Berücksichtigt man nun, dass diese lange Zeit für unerfindlich gehaltene Datierung in Jer 1, 2 dem Propheten die Wirkungsdauer von vierzig Jahren unterstellt, weil er nach der Darstellung des Buches nach dem Untergang Jerusalems 586 v.Chr. in Ägypten verschwindet, so kann es sich hier nur um eine im Nachherein errechnete und redaktionell eingeschaltete Zeitangabe handeln125. Aus späterer Sicht stellte man sich für Jeremia wie bei Mose126 die ideale vierzigjährige Wirkungszeit vor. Da auch sonst im Jeremia-Buch Textanteile Jeremia mit Mose ähnlichen Zügen ausstatten (vgl. z.B. Jer 1, 6), dürfte diese Zeitangabe mit redaktionellen Texteingriffen zusammenhängen, Jeremia als zweiten Mose vor Augen zu führen.

Das Bild, wie es das jetzt vorliegende Jeremia-Buch von den verschiedenen Perioden der Wirksamkeit des Propheten über einen Zeitraum von vierzig Jahren vor Augen stellt, spiegelt also nicht das tatsächliche Auftreten Jeremias, sondern die auf theologisch reflektierte Aussageanliegen abgestimmten Vorstellungen Späterer. Bei dem Versuch, die Genese des Jeremia-Buches aufzuhellen und Wirken samt Botschaften des historischen Jeremia nachzuzeichnen, wäre es daher methodisch ein Irrweg, sich dieses Bild und das entsprechende chronologische Raster vorgeben zu lassen, sich von vornherein darauf festzulegen und entsprechend Textuntersuchungen und -sortierungen auszurichten.

Bei auffälligen Divergenzen zwischen Texteinheiten eines Prophetenbuches ist zwar nicht von vornherein auszuschließen, dass das auch mit sukzessiv weiterentwickelten Auffassungen des Propheten zusammenhängen könnte; es ist aber in jedem Fall auch die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass solche Divergenzen im Buch im Verlauf seiner literarischen Konzipierung und sukzessiven Bearbeitung entstanden sind, also die Folge redaktioneller Eingriffe und Ergänzungen späterer Hand darstellen.

Die Entstehung des Korans

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