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1.3.2.5 Mehrere Redaktionsstufen

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Für die meisten atl. Prophetenbücher konnte die Forschung inzwischen nachweisen, dass der Abfassung ihrer Endversion mehrere aufeinander folgende buchübergreifende redaktionelle Bearbeitungen vorausgingen, die Endfassung also gleichsam auf älteren „Auflagen“ fußt. Um dem Leser wenigstens ein ungefähres Bild vom derzeitigen Stand redaktionsgeschichtlicher Forschung vermitteln zu können, sind hier etwas ausführlichere Informationen erforderlich.

Im Fall des Ezechiel-Buches z.B. sind deutlich mehrere aufeinander folgende Redaktionsstufen erkennbar133: Die jüngsten, eindeutig bereits der apokalyptischen Literatur nahestehenden Textanteile134 sind frühestens seit Beginn des 3. Jh.s v.Chr. eingetragen worden. Älteren Datums sind eine Reihe von Textfolgen135, in denen Israels Zerstreuung unter die Völker und in die Länder, deren Hintergründe und künftige Entwicklungen (Sammlung und Rückführung aus den Völkern und Ländern), also die Diasporasituation Israels, in den Mittelpunkt gerückt sind. Die für diese Texte zuständigen Verfasser stoßen sich offensichtlich an Auffassungen in älteren Textanteilen136, die ein spezielles Interesse am Geschick der ersten Gola137 widerspiegeln und auch buchkonzeptionell die ausschließliche Wertschätzung der ersten Gola hervorheben. Die diasporaorientierten Bearbeiter erreichen mit ihren Textbeiträgen zu Sammlung und Rückführung des zerstreuten Israel „aus den Völkern und Ländern“, dass der von einer golaorientierten Redaktion in deren Buchversion festgeschriebene Exklusivanspruch der ersten Gola nivelliert wird.

Die ihnen vorgegebene golaorientierte Buchversion hatte mit ihrer buchkonzeptionell durchdachten Arrangierung der entsprechenden Texte die exklusive Sonderstellung der ersten Gola betont, nämlich, dass allein diese Exilsgemeinde in Babylon bzw. deren Abkömmlinge nach dem Untergang Jerusalems 587 v.Chr. das Jahwevolk Israel repräsentierten und nicht die nach der Katastrophe von 587 v.Chr. im Land verbliebene Restbevölkerung. Diese Sichtweise, dass allein die erste Gola nach 587 v.Chr. als Israelpotential noch übrig geblieben sei, wandte sich massiv gegen Auffassungen und entsprechende Textfolgen, nach denen Jahwes nach der Katastrophe erhofftes Heilswirken wieder auf die im Lande Übriggebliebenen ziele. Zahlreiche Indizien sprechen nun nicht nur dafür, dass in den der golaorientierten Redaktion vorgegebenen älteren Texten solche auf die Bewohner im Lande bezogenen Heilshoffnungen festgehalten waren, sondern auch, dass dieses ältere Textgut bereits als „Prophetenbuch“ konzipiert vorlag. Die darin enthaltenen Texteinheiten waren so arrangiert, dass die Entwicklungen im Zeitraum vor und um 587 v.Chr. nach dem Schema „Ansage – Erfüllung“ abgelaufen erschienen. Das zumindest in den Grundkonturen „Unheilsworte“ (Kap. 4–7∗; 11, 1–13∗; 12, 21ff.∗; 14, 1–20∗; 17, 1–18∗; Kap. 18∗; Kap. 19/31∗; 15, 1–6∗; 21, 1–5∗; Kap. 24∗) – „Heilsworte“ (36, 1–15∗; 37, 11–14∗) rekonstruierbare ursprüngliche Prophetenbuch dürfte seinen Ursprungsort im Lande gehabt haben.

Dieser geraffte Überblick über im Ezechiel-Buch eindeutig nachweisbare unterschiedliche, einander überlagernde Redaktionsstufen138 mag ausreichen, um zu belegen, inwiefern und inwieweit sich unterschiedliche Trägerkreise der prophetischen Literatur jeweils in Anknüpfung und auch Widerspruch mit dem ihnen jeweils vorgegebenen Buch literarisch auseinandersetzen und ihre eigenen theologischen Aussageanliegen buchprägend bzw. sogar umprägend hineinschreiben139. Diese Bearbeiter sind folglich nicht lediglich Kompilatoren, die anderweitig greifbares Textgut für geeignet hielten, im Prophetenbuch unterzubringen.

Die Entstehung des Korans

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