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1.3.2.3 Von der Prophetenrede zur Gottesrede – Textvorschaltungen und Theologisierungen älteren Textguts

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Unter den diversen redaktionellen Verfahrensweisen, die die entsprechenden Bearbeiter in der Auseinandersetzung mit dem ihnen vorgegebenen Textgut anwenden, seien besonders die Textvorschaltungen erwähnt, die offensichtlich dem Leser für den weiteren Leseverlauf – oft buchumfassend – vorgeben sollen, wie alle weiteren Aussagen und Aussagerichtungen zu verstehen sind.

Dabei kann es sich um schlichte „Klarstellungen“ handeln wie z.B. in der Buchüberschrift des Jeremia-Buches. In 1, 1–3 ist in V. 2 eine Ergänzung erkennbar, die gegenüber der älteren vorgegebenen Überschrift in V. 1 „Worte des Jeremia ben-Hilkia …“ dem Leser mit „an den das Wort Jahwes erging …“ signalisieren soll, dass er alles Folgende nicht lediglich als Worte des Propheten, sondern als von Jahwe offenbarte Worte lesen soll.

Das gleiche Verfahren dient dazu, z.B. im Jeremia-Buch Texteinheiten zum Thema „Unheil aus dem Norden“ theologisch neu auszurichten: In Jer 4, 6 und 6, 1 ist in besonders auffallend übereinstimmender Formulierung von „Unheil aus dem Norden und großem Zusammenbruch“ die Rede. In Jer 6, 1b liest man als Begründung für die an die Benjaminiten gerichtete Aufforderung zur Flucht aus Jerusalem (6, 1a): „Denn Unheil aus dem Norden droht und großer Zusammenbruch“. Zuvor heißt es aber schon in Jer 4, 6b (Jahwerede), nachdem in Juda und Jerusalem zuvor zur Flucht in die befestigten Städte aufgefordert worden ist (4, 5.6a): „Denn Unheil bringe ich von Norden und großen Zusammenbruch“. Die Aussagen in 4, 5f. beziehen sich offensichtlich auf den Text in 6, 1 und fungieren jetzt als nachträglich konzipierte Einleitung des sich bis 6, 30 erstreckenden Aussagegeflechts. Die vergleichende Gegenüberstellung beider Texte129 macht deutlich, dass der hier zuständige Verfasser gleich eingangs klarstellen will, wie alles Folgende zu verstehen ist:

a) Die Ansage von „Unheil und großem Zusammenbruch“ stammt aus Jahwes Mund selbst (Jahwerede). Entsprechend ist dann auch die spätere nicht als Jahwerede gekennzeichnete Aussage in 6, 1 aufzufassen.

b) Jahwe selbst ist für das Unheilsgeschehen verantwortlich; er ist der Initiator, während in 6, 1 lediglich auf ein im Ablauf begriffenes Unheilsgeschehen verwiesen werden kann.

c) Gegenüber 6, 1, wo allein die Benjaminiten genannt sind, sollen Juda und Jerusalem insgesamt vor Augen stehen. Das Wirken Jahwes betrifft das gesamte Jahwevolk.

Ein weiteres Beispiel für eine Textvorschaltung, die alles Folgende in eine bestimmte Blickrichtung rücken soll, ist Jer 1, 14ff. Hier wird das Thema „Unheil aus dem Norden“ buchkonzeptionell prägend gleich zu Anfang des Prophetenbuches und entsprechend zu Beginn des prophetischen Wirkens eingeführt und erläutert, auf welche Weise und aus welchen Gründen Jahwe „gegen Jerusalem und alle Städte Judas“ vorgehen will. Der als visionäres Geschehen (V. 13) dargestellte Vorgang der Jahwewortübermittlung (Einweihung in Jahwes Plan) an „Jeremia“ hebt damit hervor, dass der Prophet von vornherein und längst vor den in den folgenden Texten angesprochenen Ereignissen und Abläufen in den Gerichtsplan Jahwes (vgl. 1, 16) eingewiesen worden ist.

Die Entstehung des Korans

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