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1. Begriff des Instruments
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Die neutrale Bezeichnung „Instrument“ als Oberbegriff wurde gezielt weit gewählt, um Umgehungen zu verhindern und keine Transparenzlücken entstehen zu lassen.[204] Zu berücksichtigen sind Instrumente, die dem Inhaber bei Fälligkeit ein unbedingtes Recht auf den Erwerb von Aktien einräumen oder dem Inhaber ein Ermessen in Bezug auf den Aktienerwerb verleihen. § 38 Abs. 2 WpHG enthält eine nicht abschließende Liste möglicher Instrumente und nennt:
– | übertragbare Wertpapiere, |
– | Optionen, |
– | Terminkontrakte, |
– | Swaps, |
– | Zinsausgleichsvereinbarungen und |
– | Differenzgeschäfte. |
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Die Liste ist nicht abschließend, sondern der Begriff „Instrument“ erfasst auch alle anderen Kontrakte oder Vereinbarungen mit vergleichbarer wirtschaftlicher Wirkung, die physisch oder bar abgewickelt werden. Ergänzt wird die Aufzählung durch eine indikative Liste der ESMA,[205] die regelmäßig aktualisiert wird.[206] Die Liste der ESMA ist für Marktteilnehmer rechtlich zwar nicht bindend, dürfte gleichwohl eine faktische Bindungswirkung entfalten, weil sich die Verwaltungspraxis der BaFin im Regelfall an den Vorgaben der ESMA orientiert.[207]
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Erfasst werden über die indikative Aufzählung in § 38 Abs. 2 WpHG hinaus alle Finanzinstrumente i.S.v. § 2 Abs. 4 WpHG. Der Begriff des Finanzinstruments nach § 2 Abs. 4 WpHG beinhaltet Wertpapiere i.S.v. § 2 Abs. 1 WpHG, Anteile an Investmentvermögen i.S.v. § 1 Abs. 1 KAGB, Geldmarktinstrumente i.S.v. § 2 Abs. 2 WpHG, derivative Geschäfte i.S.v. § 2 Abs. 3 WpHG, Emissionszertifikate, Rechte auf Zeichnung von Wertpapieren und (mit Ausnahmen) Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 VermAnlG. Instrumente können darüber hinaus alle Ansprüche aus bestehenden schuldrechtlichen Verträgen sein.
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Es genügt nicht, dass ein Geschäft unter einen dieser genannten Tatbestände fällt; zusätzlich müssen vielmehr auch die materiellen Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 WpHG erfüllt sein. Das Instrument muss also zum Erwerb von bereits ausgegebenen Aktien berechtigen. Keine Meldepflicht besteht damit für Rechte aus erst noch auszugebenden Aktien, so insbesondere für Bezugsrechte, beispielsweise aus Wandelschuldverschreibungen und Beteiligungsprogrammen.[208] Dies gilt im Fall der Wandelschuldverschreibungen auch dann, wenn der Emittent ein Wahlrecht besitzt, ob er bei Ausübung des Wandlungsrechts neue oder eigene (und damit bereits ausgegebene) Aktien ausgibt; insofern ist aber § 39 WpHG gesondert zu prüfen.[209] Sog. Put-Optionen, die dem Stillhalter nur eine Erwerbspflicht auferlegen, aber kein damit korrespondierendes Recht einräumen, bleiben ebenso außen vor. Gleiches gilt für unechte Pensionsgeschäfte und erst recht für Instrumente, die keinen Anspruch auf physische Abwicklung, sondern auf Barausgleich gewähren. Entscheidend ist nur die Rechtsposition des Berechtigten.
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In den folgenden Fällen besteht keine Mitteilungspflicht nach § 38 Abs. 1 WpHG:[210]
– | bei gewerblichen Aktienpfandrechten (§ 1259 BGB), |
– | bei Vereinbarungen, die ausschließlich einem Dritten (der ggf. selbst einer Mitteilungspflicht nach § 38 WpHG unterliegt) eine Erwerbsmöglichkeit verschaffen, |
– | soweit die Zahl der Stimmrechte aus Aktien, für die ein Angebot zum Erwerb auf Grund eines Angebots nach dem WpÜG angenommen wurde und gem. § 23 Abs. 1 WpÜG offenzulegen ist (vgl. die bisherigen Ausnahmen von der Mitteilungspflicht nach § 25 Abs. 2a WpHG a.F. und § 25a Abs. 1 S. 5 WpHG a.F. bei den sog. Wasserstandsmeldungen), |
– | soweit gem. § 305 AktG aufgrund eines Gewinnabführungs- oder Beherrschungsvertrags mit einer börsennotierten Aktiengesellschaft eine Verpflichtung zum Erwerb von mit Stimmrechten verbundenen Aktien gegen eine angemessene Abfindung auf Verlangen der außenstehenden Aktionäre besteht, |
– | soweit im Rahmen von Verschmelzungen und anderen Umwandlungsmaßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz mit Stimmrechten verbundene Aktien an einem börsennotierten Unternehmen erworben werden können (vergleichbar einem Vertrag über den Erwerb einer Mehrheit an einem Unternehmen, das Aktien an einer börsennotierten Gesellschaft hält). |
Gleichwohl hat auch in diesen Fällen eine Einzelfallbetrachtung zu erfolgen. Im Zweifelsfall empfiehlt sich eine frühzeitige Abstimmung mit der BaFin.