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bb) Fiktive Geschäftsleitungsbetriebsstätte (Abs. 1 S. 2)
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Der Gesetzgeber hat auf vorgenannte Entsch des BFH reagiert und mit dem JStG 2009 in § 2 Abs 1 einen neuen S 2 eingefügt, nach dem für Einkünfte einer natürlichen Person, die weder durch deren ausl Betriebsstätte noch durch deren in einem ausl Staat tätigen ständigen Vertreter erzielt werden, für die Anwendung von § 2 das Bestehen einer inländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte der Person anzunehmen sei, der solche Einkünfte zuzuordnen sind.[189] Laut Gesetzesbegründung[190] kommt dem neu eingefügten S 2 lediglich klarstellende Funktion zu, da der Intention des Gesetzgebers bei Schaffung des § 2 AStG zur Geltung verholfen werden soll. § 2 sollte die Einkünfte der Besteuerungspflicht unterwerfen, die dem erweitert beschränkt Steuerpflichtigen persönlich zuzurechnen sind unabhängig von der örtlichen Zuordnung, es sei denn eine solche ist ausdrücklich gesetzlich vorgesehen wie in § 34d Nr 2 lit a EStG oder § 49 Abs 1 Nr 2 lit a EStG. Dies sollte bereits durch die in § 2 Abs 1 S 1 verwendete Formulierung „die bei unbeschränkter Steuerpflicht nicht ausländische Einkünfte sind“ zum Ausdruck kommen.
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Der Auffassung des BFH, wonach es keine betriebsstättenlosen Einkünfte gebe und die Zuordnung zu einer ausländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte am Wohnort des Steuerpflichtigen letztlich mangels Vorliegens einer anderweitigen Betriebsstätte erfolge, sei nicht zuzustimmen. Einkünfte aus Gewerbebetrieb könnten – lt Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages[191] – nicht nur entweder in einer inländischen gem § 49 Abs 1 Nr 2 lit a) EStG oder einer ausl Betriebsstätte gem § 34d Nr 2 lit a) EStG erwirtschaftet werden. Es sei vielmehr sachgerecht, dem erweitert beschränkt StPfl sowohl inländisch als auch ausl erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb persönlich zuzuordnen, für die weder im Inland noch im Ausland eine Betriebsstätte besteht und dort auch kein ständiger Vertreter bestellt ist.[192] Dies betrifft va deutsche Künstler oder Berufssportler, die in Niedrigsteuerländern ansässig sind.[193]
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Entgegen der Intention des Gesetzgebers schafft die Einfügung des S 2 nach überwiegender Meinung in der Literatur gerade keine Rechtsklarheit, sondern läuft vielmehr leer, da die Anwendung der Vorschrift die Bejahung der Existenz betriebsstättenloser Einkünfte voraussetzt.[194] Dies wird vom BFH gerade abgelehnt. Der Ansicht des BFH folgend wäre der Anwendungsbereich des § 2 Abs 1 S 2 damit nicht eröffnet. Dies würde aber dem gesetzgeberischen Willen, wie er eindeutig in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommt und als Auslegungsmaßstab heranzuziehen ist, widersprechen. Es ist daher fraglich, ob der BFH an seiner Auffassung festhalten wird.
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Weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung lässt sich eindeutig entnehmen, wann eine vom Anwendungsbereich des S 2 auszunehmende „ausl Betriebsstätte“ vorliegt. Eine ausl Geschäftsleitungsbetriebsstätte, die allein aufgrund des ausl Wohnsitzes ohne weitere – wenn auch bescheidene – sachliche Substanz besteht, soll wohl nicht ausreichen und damit die Fiktion des Vorliegens einer inländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte gem S 2 auslösen.[195]
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Aufgrund der bestehenden Unsicherheiten ergibt sich in der Praxis erhöhter Beratungsbedarf hinsichtlich der Ausgestaltung einer ausl Betriebsstätte zur Vermeidung von S 2. Gegenwärtig ist noch nicht abzuschätzen, ob der BFH auch nach Einfügung des S 2 an seiner Rechtsprechung festhalten wird, wonach im Zweifel eine ausl Geschäftsleitungsbetriebsstätte in der Wohnung des StPfl im Niedrigsteuerland vorliegt. Es ist davon abzuraten, sich auf diese Rechtsprechung zu verlassen und lediglich das Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte zu vermeiden. Vielmehr sollte aktiv auf die Möglichkeit hingewirkt werden, im Zweifel das Vorliegen einer ausl Betriebsstätte nachweisen zu können.
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Der Gewinn aus der Veräußerung wesentlicher Kapitalgesellschaftsbeteiligungen führt nach § 17 EStG ebenfalls zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, die von der erweiterten beschränkten Steuerpflicht erfasst werden, wenn sich der Sitz oder der Ort der Geschäftsleitung der Ges im Inland befindet.[196] Es kann gleichzeitig zu Inlands- (§ 49 Abs 1 Nr 2 lit e EStG) und zu Auslandseinkünften (§ 34d Nr 4 lit b EStG) kommen, wenn zB die KapGes ihren Sitz im Inland und den Ort ihrer Geschäftsleitung im Ausland hat (s Rn 185).