Читать книгу Außensteuergesetz Doppelbesteuerungsabkommen - Katharina Becker - Страница 304
I. Vorbemerkungen
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Die besonderen Regelungen in § 6 Abs 5–7 für Staatsangehörige des EU-/EWR-Raumes sind die Reaktionen des Gesetzgebers auf die Entsch des EuGH in der Rechtssache Hughes de Lasteyrie du Saillant und das Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission (ausf zur Entstehungsgeschichte Rn 14). Hiermit sollten Zweifel an der Europarechtskonformität des § 6 aF beseitigt werden. Ziel ist es zum einen, bei einem Wegzug innerhalb des EU-/EWR-Raumes die Steuer zwar festsetzen zu können, sie jedoch ohne zeitliche Beschränkung zinslos und ohne Sicherheitsleistung sowie Festsetzung von Teilzahlungen stunden zu können (§ 6 Abs 5). Zudem werden zwischenzeitliche Wertminderungen berücksichtigt (§ 6 Abs 6). Für den Anwendungsbereich des § 6 Abs 5 obliegen dem StPfl bestimmte Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten (§ 6 Abs 7).
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Nicht abschließend geklärt ist, ob es in bestimmten Fällen über den Wortlaut hinaus einer analogen Anwendung des § 6 Abs 5–7 bedarf. Angesprochen sind insoweit die Wirkungen der Kapitalverkehrsfreiheit (Art 63 AEUV) in Drittstaatenfällen und die Folgen einer dem Art 24 MA vergleichbaren Regelung im DBA-Fall. Im Verhältnis zur Schweiz kommt uU auch eine Anwendung des § 6 Abs 5 aufgrund des FZA grds in Betracht (so Rn 20 f), eine Stundung gem § 6 Abs 5 S 1 dürfte aber regelmäßig scheitern. Die Amtshilfe ist zwar seit dem 1.1.2011 im DBA-Schweiz verankert, jedoch gewährt die Schweiz bislang keine Beitreibungshilfe (vgl § 6 Abs 5 S 2).
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Eine Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit in Drittstaatenfällen dürfte im Hinblick auf die Entsch des EuGH in der Rechtssache van Hilten-van der Heijden[299] jedenfalls für den physischen Wegzug ins außereuropäische Ausland nach Ansicht des EuGH zu verneinen sein.[300] Nach zutr Ansicht ist jedoch – entgegen der Auffassung des EuGH – auch die Wohnsitzverlagerung von der Kapitalverkehrsfreiheit erfasst.[301] Ob die fehlende Anwendung der Beitreibungsrichtlinie im Verhältnis zu Drittstaaten als Rechtfertigung für eine Nichtanwendung des § 6 Abs 5 ausreicht,[302] wäre noch zu klären. Zumindest nimmt der EuGH wohl bei einem Vermögenserwerb von Todes wegen mit grenzüberschreitendem Bezug eine Berührung der Kapitalsverkehrsfreiheit an. Insoweit ist auch nach Ansicht des EuGH der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit in den Fällen des § 6 Abs 1 S 2 Nr 1 berührt.[303]
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Die Anknüpfung bes steuerlicher Folgen an die Staatsangehörigkeit iSv § 6 Abs 5 S 1 dürfte einen Fremdkörper im System der unbeschränkten StPfl bilden. Sie berücksichtigt zudem nicht, dass Deutschland in zahlreichen DBA eine dem Art 24 MA (dazu Art 24 MA Rn 1 ff) entspr Regelung vereinbart hat, nach der die Staatsangehörigen des anderen Vertragsstaates steuerlich nicht schlechter behandelt werden dürfen als die eigenen Staatsangehörigen.[304] Entspr ist Deutschland verpflichtet, in diesen Fällen auch außereuropäischen Staatsangehörigen, die im Inland ansässig sind und einen Tatbestand iSv § 6 Abs 1 S 1 und S 2 Nr 1–3 auslösen, die vorteilhaften Rechtsfolgen des § 6 Abs 5 S 1 zu gewähren, soweit die übrigen Voraussetzungen gegeben sind.[305] Insoweit ist § 6 Abs 5–7 im Einzelfall analog anzuwenden.