Читать книгу Gespräche mit dem Henker. Ein Buch nach Tatsachen über den SS-General Jürgen Stroop, den Henker des Warschauer Ghettos - Kazimierz Moczarski - Страница 15

XII.

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Mein deutscher Freund aus Sachsenhausen, der bereits erwähnte Osske, wiederholte häufig während unserer heimlichen Gespräche auf der Lagerlatrine, dass er mich um meine moralische Sicherheit und Unbefangenheit beneide. Denn ich sei ein Pole, der unter den Deutschen zu leiden habe, während seine eigenen Qualen um vieles größer seien – einmal als KZ-Häftling, zum anderen wegen der erniedrigenden Erfahrung, dass die Deutschen so tief gefallen waren. Er litt, weil seine Landsleute auf so furchtbare Weise die Ideale des Humanismus verraten hatten. Das Gebrüll und jeder Faustschlag eines SS-Mannes demütigten Osske als Deutschen und beleidigten sein Nationalbewusstsein. Damals, im Jahre 1945, war ich überzeugt, dass er Recht hatte, und Osske tat mir leid. Heute entdecke ich in seiner Haltung etwas Zweideutiges, das zwar durch die ehrliche Absicht moralisch gerechtfertigt, aber schwer zu akzeptieren war. Dieser kluge Mann dachte in Schablonen, die mir inzwischen fremd geworden sind. In Osske steckte trotz allem das Gefühl einer gewissen Gemeinsamkeit mit diesen Männern in SS-Uniform, die ihn jahrelang in den Gefängnissen und KZ-Lagern des Dritten Reiches misshandelt hatten. Osske fühlte sich als Deutscher, und dieses Deutschtum verband ihn auf eine verhängnisvolle Weise mit den Nazis.

Ich empfinde keinerlei Solidarität mit einem Schweinehund, nur weil er polnisch spricht, einen polnischen Namen trägt und sich für einen Polen hält. Ein anständiger Deutscher, Russe oder Engländer steht mir näher als ein Lump, der nur deshalb mein Bruder sein soll, weil er in meinem Land geboren wurde und meine Sprache spricht.

Diese Einsicht verdanke ich vor allem meiner Freundschaft mit Moczarski. Probleme, die Osske beschäftigt haben, kannte er nicht. Niemals litt er einzig aus dem Grund, weil es Polen waren, die ihm die größten Leiden zufügten. Er behandelte sie so, wie sie es verdienten, und er hielt sie für Kreaturen, die aus den finstersten Schlupfwinkeln dieser Erde hervorgekrochen waren.

Ein Pole zu sein war für ihn nicht gleichbedeutend mit Muttersprache, und schon gar nicht mit nationalistischem Phrasendreschen. Unter Polentum verstand er die Kulturtradition seines Volkes, das so viel gelitten hatte, um seine Eigenständigkeit zu bewahren.

Gespräche mit dem Henker. Ein Buch nach Tatsachen über den SS-General Jürgen Stroop, den Henker des Warschauer Ghettos

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