Читать книгу Gespräche mit dem Henker. Ein Buch nach Tatsachen über den SS-General Jürgen Stroop, den Henker des Warschauer Ghettos - Kazimierz Moczarski - Страница 17

XIV.

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Dieses Zitat aus dem im Namen der Volksrepublik Polen ergangenen Urteils wurde im Jahre 1972 von der staatlichen polnischen Zensur gestrichen. Ich hatte es in mein Vorwort zu Moczarskis Buch aufgenommen, das damals in der Zeitschrift »Odra« abgedruckt wurde.

So war im Jahre 1972 der politische Zensor in Polen wieder mächtiger als der unabhängige Richter, der im Namen des Volkes sein Urteil gesprochen hatte.

Jemand, der den Mechanismus des Systems nicht kennt, könnte fragen: Was bedeutet schon das Streichen einiger gedruckter Sätze im Vergleich zu den während der stalinistischen Zeit üblich gewesenen Todeszellen und Misshandlungen, dem Brechen von Knochen und Charakteren? Wir leben doch jetzt in einer ganz anderen Zeit, der Fortschritt ist so gewaltig, dass es kaum noch lohnt, sich mit Lappalien aufzuhalten ...

Kein vernünftiger Mensch bestreitet, dass die Veränderungen wirklich tiefgreifend sind. Schließlich lebte Moczarski nach 1956 viele Jahre ruhig und ohne materielle Sorgen, er konnte seine »Gespräche mit dem Henker« niederschreiben und drucken lassen, bis das Werk – leider erst nach seinem Tod – in Buchform erschien und den Lesern zugänglich gemacht wurde.

Wir leben also in Frieden und Sicherheit, in einer blühenden, heilen Welt, in der alle zufrieden sein sollen.

Wehe dem, der auch nur einen Hauch von Unzufriedenheit zu äußern wagt! Es stimmt, politische Urteile zählen heute zu Ausnahmen, die breit diskutiert werden und lebhafte Proteste hervorrufen. Etwas anderes gilt für eine auch nur vorübergehende Verhaftung, für Hausdurchsuchungen, die Beschlagnahme von Büchern, Manuskripten und von privater Korrespondenz. Oder auch für eine Entlassung oder ein Berufsverbot und behördliche Schikanen. Auch verleumderische Presseangriffe, auf die man nicht antworten kann, weil außer der staatlich kontrollierten keine andere Presse existiert. Es stimmt, im Vergleich zu den alten Methoden gibt es einen gewaltigen Fortschritt. In der Zeit des Stalinismus – hätte er länger gedauert – wäre Moczarski hingerichtet und seine Asche, wie die irgendeines Stroop, in alle Winde verstreut worden. Auch ich wäre wohl kaum noch am Leben, bestenfalls würde ich irgendwo dahinvegetieren.

Wir müssen Gott demütig danken, dass er seine Geschöpfe in die Ewigkeit abruft, auch wenn Er es manchmal sehr spät tut! Ich nehme an, Gott verspürte im Fall Stalins und Hitlers einen solchen Abscheu, dass er die Entscheidung so lange hinausschob, um beide nicht aus der Nähe betrachten zu müssen. Wir haben dafür einen gesalzenen Preis bezahlt ...

Doch zurück zum Thema. Zweifellos hat sich vieles verändert. Das verdanken wir vor allem der Zivilcourage von Hunderttausenden, denen ihre eigene Würde und ihre Freiheitsliebe mehr bedeuteten als Opportunismus oder unterwürfige Nachgiebigkeit. Wir verdanken es auch den Veränderungen in unserer Zivilisation, die in einem bestimmten Entwicklungsstadium der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens, der Selbstherrlichkeit staatlicher Behörden Einhalt gebieten.

Und doch ist bei weitem nicht alles ideal in dieser besten aller Welten! Schon hundert Jahre vor Hitler schrieb Heinrich Heine ahnungsvoll, dass »dort, wo Bücher verbrannt werden, man bald auch Menschen verbrennen wird«. Man kann nur eines hinzufügen: Dort, wo die Mächtigen das Recht mit Füßen treten, wo sie sich für das Maß aller Dinge halten und Urteile der eigenen Gerichte missachten, wo Scheinheiligkeit gleich Verlogenheit ist und Falschheit für Ehrlichkeit steht, wo der Staat den Bürger demütigen darf und dieser Bürger keinen Schutz vor der Selbstherrlichkeit des Apparats findet, wo selbstständiges Denken oft als Ausdruck der Feindseligkeit gegenüber dem System gilt und der Einzelne je nach dem Grad seiner Unterwürfigkeit gegenüber der gerade regierenden Gruppe eingestuft wird – dort kann es jederzeit zu Rechtlosigkeit und zu anderen Ausschreitungen eines totalitären Machtapparats kommen.

Bitte lesen sie aufmerksam die Worte Jürgen Stroops, dieses typischen Falls eines vom totalitären Denken beherrschten Geistes. Lesen Sie die »Gespräche mit dem Henker« und vergegenwärtigen Sie sich das Schicksal Kazimierz Moczarskis, eines Mannes, der sich nie aufgab, der bereit war zu sterben, um andere vor einem schmachvollen Dasein unter einem totalitären Regime zu bewahren.

Gespräche mit dem Henker. Ein Buch nach Tatsachen über den SS-General Jürgen Stroop, den Henker des Warschauer Ghettos

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