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a) Grundsätze

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An Kreuzungen und Einmündungen gilt der Grundsatz „rechts vor links“. Dieser wird durch Verkehrszeichen (z.B. Zeichen 205 und 206 zu § 41 StVO, bzw. 301 oder 306 zu § 42 StVO), Verkehrsampeln (§ 37 StVO) und Weisungen eines Polizeibeamten (§ 36 StVO) durchbrochen. Er gilt nicht nur auf öffentlichen Straßen, sondern auch im Bereich der der Öffentlichkeit zugänglichen Verkehrsflächen.[295]

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Die Vorfahrt erstreckt sich auf die gesamte Breite der bevorrechtigten Straße.[296] Das Vorrecht gilt auch für die linke Fahrbahnseite des Bevorrechtigten, gleichwie, aus welchem Grund er sie befährt.[297] Das Rechtsfahrgebot des § 2 StVO dient in erster Linie dem Schutz des Gegenverkehrs und der Erleichterung des Überholens. Ein Verstoß gegen dieses Gebot lässt das Vorfahrtsrecht nicht entfallen, führt jedoch zu einer Erhöhung der Betriebsgefahr.[298]

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Zwar bildet grundsätzlich das sog. „Einmündungsviereck“ den Vorfahrtsbereich. Eine Vorfahrtsverletzung kann aber auch gegeben sein, wenn Kfz sich nicht im eigentlichen Kreuzungs- und Einmündungsbereich begegnen und dort kollidieren, sondern auch, wenn ihre Fahrlinien infolge der Vorfahrtsverletzung außerhalb des Kreuzungs- und Einmündungsbereichs einander tangieren oder bedrohlich nähern und dadurch der Vorfahrtsberechtigte in seiner Weiterfahrt behindert wird.[299] Bei einer trichterförmig erweiterten, vorfahrtberechtigten Einmündung hat der Linksabbiegende berechtigte Vorfahrt auf der gesamten, bis zu den Endpunkten des Trichters erweiterten Fahrbahn der Vorrechtsstraße.[300] Die Wartepflicht gilt bis zur vollständigen Eingliederung des Wartepflichtigen auf der Vorfahrtstraße.[301] Die Vorfahrtsregel greift auch ein, wenn ein Verkehrsteilnehmer in eine nach rechts abzweigende Straße einbiegt, von der ein anderer Verkehrsteilnehmer kommt, um nach links einzubiegen (§ 8 Abs. 2 S. 4 StVO).[302]

Kommt es nach dem Einbiegen in die bevorrechtigte Straße dort zu einer Kollision mit dem bevorrechtigten Verkehr, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Vorfahrtsverletzung des Einbiegenden.[303]

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Das Vorfahrtsrecht ist bereits dann verletzt, wenn der Wartepflichtige den Vorfahrtsberechtigten an der zügigen Weiterfahrt hindert und zu gefährdenden Maßnahmen veranlasst.[304] Wird z.B. der Vorfahrtsberechtigte zum starken Bremsen gezwungen, so liegt eine Vorfahrtsverletzung auch dann vor, wenn er gar nicht mehr bis an die Kreuzung gelangt, sondern infolge Schleuderns vorher verunglückt.[305]

Das Vorfahrtsrecht wird nicht verletzt, wenn der Wartepflichtige mit dem Einfahren in die Vorfahrtstraße beginnt und der Vorfahrtberechtigte – z.B. wegen einer Kuppe – noch nicht sichtbar war. Hier gilt die Grundregel des § 1 StVO.[306]

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Wer auf seine Vorfahrt verzichtet, schafft eine atypische Verkehrslage, die ihn zu erhöhter Vorsicht gegenüber Nachfolgenden zwingt.[307] Der Wartepflichtige darf von einem Vorfahrtsverzicht des Berechtigten nur ausgehen, wenn dieser in unmissverständlicher Weise den Verzicht zum Ausdruck bringt; auf ein betätigtes Blinklicht und deutlich verminderte Geschwindigkeit darf er vertrauen.[308] Jedoch kann aus dem Betätigen der Lichthupe oder Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers ohne weitere Anhaltspunkte nicht auf einen Vorfahrtsverzicht geschlossen werden.[309]

Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden

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