Читать книгу Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden - Kurt E. Böhme - Страница 104
b) Vertrauensgrundsatz
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Nach dem Vertrauensgrundsatz[310] kann der Vorfahrtsberechtigte sich darauf verlassen, dass sein Vorrecht beachtet wird.[311] Kommt es im Bereich einer Einmündung oder Kreuzung zu einem Verkehrsunfall, spricht der Anscheinsbeweis für eine Sorgfaltspflichtverletzung des Wartepflichtigen.[312] Der Vorfahrtberechtigte darf an Kreuzungen und Einmündungen mit gleich bleibender Geschwindigkeit vorbeifahren.[313] Andererseits darf ein Wartepflichtiger darauf vertrauen, dass ein rechts blinkender Vorfahrtsberechtigter auch nach rechts abbiegt.[314] Einen mit überhöhter Geschwindigkeit (s. Rn. 228) oder bei Dunkelheit oder Nebel fahrenden Vorfahrtsberechtigten kann eine Mithaftung treffen.[315]
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Selbst verkehrswidriges Verhalten eines anderen räumt den Vertrauensgrundsatz nicht ganz allgemein aus, sondern nur insoweit, als entweder aus dem Verhalten des anderen eine generelle Verkehrsuntüchtigkeit erkennbar ist oder gerade in Bezug auf den begangenen Fehler eine damit zusammenhängende weitere Verkehrswidrigkeit erwartet werden muss.[316] Der Vorfahrtsberechtigte hat sich auf solche Verkehrswidrigkeiten anderer einzustellen, die er rechtzeitig wahrnimmt oder bei gebotener Aufmerksamkeit hätte wahrnehmen können bzw. mit denen zu rechnen er bei verständiger Würdigung aller gegebenen Umstände triftige Veranlassung hat. Dies z.B. wenn ihm die Gefährlichkeit der Kreuzung bekannt ist.[317] Ebenso, wenn sich der von rechts aus einer Einmündung kommende Wartepflichtige wegen schlechter Einsichtmöglichkeit in die vorfahrtsberechtigte Straße so verhält, dass für einen aufmerksamen Verkehrsteilnehmer erkennbar mit einer Missachtung der Vorfahrt zu rechnen ist.[318] Wenn der Vorfahrtsberechtigte erkennt oder erkennen kann, dass der Wartepflichtige ihm die Vorfahrt nicht einräumt, darf er nicht auf seine Vorfahrt pochen, sondern muss zur Abwendung eines Zusammenstoßes erforderliche Maßnahmen treffen.[319]