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12. Autobahn

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Auf der BAB ist das Halten, Wenden und Rückwärtsfahren verboten, ebenso das Parken außerhalb der hierfür bestimmten Plätze, § 18 Abs. 7 und 8 StVO.

Wird ein Fahrer, der sich nach einem Auffahrunfall für kurze Zeit auf dem Grünstreifen aufhält, durch einen weiteren Unfall verletzt, braucht er sich insoweit ein Mitverschulden nicht anrechnen zu lassen.[208]

Halten und Aussteigen auf der Standspur ist nur in Notfällen, z.B. bei Pannenhilfe, gestattet.[209]

Beim Anhalten auf der BAB sind Folgeunfälle keine untypischen Folgen der Betriebsgefahr des anhaltenden Kfz.[210]

Mit Geisterfahrern und Anhaltern braucht der Fahrer nicht zu rechnen.[211]

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Der in die BAB Einfahrende oder aus einem Parkplatz Ausfahrende hat die Vorfahrt des fließenden Verkehrs unbedingt zu beachten, § 18 Abs. 3 StVO. Er muss warten, bis das Einfädeln gefahrlos möglich ist. Er kann sich nicht darauf verlassen, dass der auf der BAB Fahrende auf die freie Überholspur ausweicht. Ereignet sich dann im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang ein Unfall, spricht der Anschein für ein Verschulden des auf die BAB Einfahrenden[212]. Das Reißverschlussverfahren gilt auch nicht bei zähfließendem Verkehr.[213]

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Die Beschleunigungsspur dient ausschließlich dem zügigen Einfädeln in den fließenden Verkehr. Wer auf der Beschleunigungsspur fährt, darf nicht in „einem Zug“ auf die Überholspur wechseln, sondern muss sich erst dem Verkehrsfluss auf der Normalspur einfügen.[214] Herabsetzung der Geschwindigkeit, um den Auffahrenden dies zu erleichtern, ist nicht zu beanstanden. Ein plötzliches Bremsen bis zum Stillstand ist verboten, es sei denn, die Verkehrssituation (z.B. Stau) gebietet dies.[215]

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Wechselt der Fahrer auf einer Autobahnabzweigung von der rechten auf die linke Fahrspur und fährt dann auf dieser mit geringer Geschwindigkeit, so verstößt er gegen das Rechtsfahrgebot.[216]

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Auch bei Dunkelheit, Nebel, Schnee- und Eisglätte (s. Rn. 192 ff.) darf der Fahrer nur so schnell fahren, dass er innerhalb der überschaubaren Strecke anhalten kann. Auf Hindernisse, die, gemessen an den jeweiligen herrschenden Sichtbedingungen, erst außergewöhnlich spät erkennbar werden, braucht der Fahrer seine Geschwindigkeit nicht einzurichten.[217] Fährt er auf ein unbeleuchtetes, langsam fahrendes Kfz auf, trifft ihn eine Mithaftung. Ebenso, wenn er auf ein querstehendes Kfz auffährt.[218] Fährt auf einer Steigungsstrecke ein Lkw mit 25 km/h, so muss der Fahrer den nachfolgenden Verkehr warnen oder in sonstiger Weise unfallverhütend reagieren.[219]

Wer auf der BAB einem Vorausfahrenden nachfährt, dessen Schlusslichter erkennbar sind, braucht nicht mit plötzlichem Auftreten von Hindernissen zwischen eigenem und vorausfahrendem Kfz (z.B. Reifen, Splitthaufen) zu rechnen. Der Nachfolgende ist nicht verpflichtet, den Abstand zu dem vorausfahrenden Kfz so zu wählen, dass er rechtzeitig vor einem durch den Vorausfahrenden zunächst verdeckten Hindernis anhalten kann, wenn dieser unmittelbar vor dem Hindernis die Fahrspur wechselt.[220]

Gerät ein Fahrer bei leichter Unebenheit der BAB ins Schleudern, spricht dies für sein Verschulden.[221]

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Bei Überschreitung der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h kann sich ein Fahrer nur dann auf Unabwendbarkeit berufen, wenn er nachweist, dass es auch bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h zu dem Unfall mit vergleichbar schweren Folgen gekommen wäre.[222] Dies ist z.B. der Fall, wenn ein Pkw auf der Autobahnzufahrt ins Schleudern gerät, nach links über die schraffierte Sperrfläche und sämtliche Fahrbahnen rutscht und auf der dritten Fahrbahn mit dem schnellfahrenden Kfz kollidiert.[223] Bei Unfällen im Hochgeschwindigkeitsbereich wird sich der Halter nach Ersetzung des Unabwendbarkeitsbeweises durch höhere Gewalt zwar nicht von der Haftung aus § 7 StVG entlasten können – er kann sich beim Innenausgleich jedoch in Ausnahmefällen – Nachweis der Unabwendbarkeit im oben beschriebenen Sinne – von der Ersatzpflicht befreien.

Eine erhebliche und unfallursächliche Überschreitung der Richtgeschwindigkeit führt zu einer erhöhten StVG-Haftung.[224] Wer durch eine an sich erlaubte Geschwindigkeit von 200 km/h einen Verkehrsunfall mitverursacht, hat allein wegen seiner Betriebsgefahr einen hohen Mithaftungsanteil zu tragen. Dies können 50 %[225] oder mehr[226] sein, wenn dem Unfallgegner ein Verschulden ebenfalls nicht nachzuweisen ist. Bei einer Geschwindigkeit von 160 km/h kann trotz erheblichen Verschuldens des Unfallgegners – unachtsamer Spurwechsel wenige Sekunden nach Einfahren auf die Autobahn – eine Mithaftung aus Betriebsgefahr angemessen sein.[227]

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Überholen ist mit großer Sorgfalt durchzuführen.[228] Wer ohne sorgfältige Rückschau auf die Überholspur fährt und dadurch ein von hinten nahendes Kfz gefährdet, handelt grob fahrlässig.[229] Den Auffahrenden kann, insbesondere bei Überschreitung der Richtgeschwindigkeit eine Mithaftung treffen.[230] Ein Fahrer, der einen Vorausfahren- den durch zu schnelles und dichtes Auffahren bedrängt und mit dem Überholen beginnt, während der Vorausfahrende die linke Fahrspur noch nicht vollständig geräumt hat, haftet u.U. zu 100 %.[231] Ebenso kann die Betriebsgefahr eines Pkw, der einen Lastzug vorschriftsmäßig überholt, völlig zurücktreten, wenn ein Motorradfahrer nicht rechtzeitig in zumutbarer Weise reagiert und auffährt.[232] Andererseits kommt eine erhebliche Mithaftung in Betracht, wenn ein Lastzug, der 70 km/h fährt, mit 80 km/h überholt wird.[233]

Schert ein Lkw mit 80 km/h zum Überholen aus, so ist einem sich mit 140 km/h nähernden Pkw/Fahrer zuzumuten, sein Kfz leicht abzubremsen.[234] Nach § 4 Abs. 3 StVO müssen Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 t und Kraftomnibusse, wenn ihre Geschwindigkeit mehr als 50 km/h beträgt, stets von den Vorausfahrenden einen Mindestabstand von 50 m einhalten.

1. Kapitel Die Haftung des Kraftfahrzeughalters und -führersV. Verhalten im Straßenverkehr › 13. Abbiegen (§ 9 StVO)

Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden

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