Читать книгу Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer - Страница 233
4. Der bösgläubige Besitzer
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Die Ansprüche aus § 987 I, II auf Herausgabe oder Ersatz von Nutzungen hat der Eigentümer nach § 990 I auch gegen den bösgläubigen Besitzer. Das Gesetz unterscheidet zwei Fälle: War der Besitzer schon beim Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben, haftet er von Anfang an (S. 1); erfährt er hingegen erst später, dass er zum Besitz nicht berechtigt sei, haftet er erst ab dieser Kenntnis (S. 2). Die Beweislast für den bösen Glauben des Besitzers trägt der Eigentümer[35].
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Der gute oder böse Glaube des unberechtigten Besitzers bezieht sich hier nicht auf fremdes Eigentum, sondern auf das eigene – fehlende – Besitzrecht[36]. Den bösen Glauben definiert § 932 II als Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis. Also ist der unberechtigte Besitzer schon dann bösgläubig, wenn er beim Erwerb des Besitzes grobfahrlässig nicht weiß, dass er zum Besitz nicht berechtigt sei. Grobfahrlässig handelt, wer die im Verkehr gebotene Sorgfalt ungewöhnlich schwer verletzt und sich über Bedenken hinwegsetzt, die jedem einleuchten müssen[37].
Ist der Besitz aber gutgläubig erworben, schadet dem Besitzer nach § 990 I 2 nur noch die spätere positive Kenntnis von seinem fehlenden Besitzrecht. Diese Kenntnis aber hat er schon dann, wenn er sich ihr bewusst verschließt, indem er partout nichts hören und sehen will[38], oder wenn er sich auf einen unsinnigen Rechtsirrtum beruft[39].
Die Kenntnis ist eine innere Tatsache, die im Streitfall nur mit logisch brauchbaren Indizien bewiesen werden kann (RN 1006).
Beim Besitzerwerb durch Besitzdiener (§ 855) schadet der böse Glaube des Besitzherrn stets und der böse Glaube des Besitzdieners jedenfalls dann, wenn der Besitzherr ihm freie Hand lässt[40].
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Schärfer als nach § 990 I haftet der Besitzer nach § 990 II mit §§ 280 I, II, 286, wenn er nicht nur verklagt oder bösgläubig ist, sondern mit der Herausgabe der Sache auch noch in Verzug gerät[41].
§ 991 I dagegen beschränkt die Haftung des unmittelbaren Besitzers (Mieters), der sein Besitzrecht von einem mittelbaren Besitzer (Vermieter) herleitet, denn er haftet nur, wenn die Voraussetzungen des § 990 (böser Glaube) oder des § 987 (Rechtshängigkeit der Herausgabeklage) auch in der Person des mittelbaren Besitzers erfüllt sind; andernfalls könnte der bösgläubige unmittelbare Besitzer den gutgläubigen mittelbaren Besitzer in Regress nehmen.